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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0518
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Ravensburg

9. Lutherisches Abendmahlsbekenntnisa
19. Januar 1557
Vom nachtmal Jesu Christi aus dem catechismob, so in der kierchen zu Ravenspurg wierd gebraucht

Frage: Was ist das nachtmall des herren?
Antwurt: Es ist der war leib und bluot unsers
herren Jesu Christi, under dem brot und wein uns
christen zu essen und zu trinckhen von Christo
selbst eingesetzt.
Frage: Nun, mein lieber christ, dise wort deines ca-
techismi verstehestu freilich einfeltig und also, das
du glaubest und vor gewis haltest, das du den waren
leib und bluot Christi nach seiner einsatzung und
wort: Das ist mein leib, der fur euch gegeben, und:
Das ist mein bluot, das fur euch vergossen1, war-
hafftig und wesenlich gegenwiertig mit deinem
mund entpfachest, essest und trinckest?
Antwurt: Ja, das glaub ich. Aber dyses leiblich
essen und drincken, ob es gleich warhafftig be-
schicht und ichs bekenn, jedoch so ist dasselbig noch

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Ravensburg
Bü 485a/1. Abdruck: Eben, Ravensburg 2, S. 205-207.
b Der Ravensburger Katechismus von 1546 in der Fassung
von 1733 (siehe oben, S. 463), Abdruck bei Kohls, Ka-
techismen, S. 31-91. Der Wortlaut zum Abendmahl ebd.,
S. 46: Was ist das Sacrament des H. Abendmals? Es ist
der wahre Leib und das wahre Blut unsers Herrn Jesu
Christi unter dem Brod und Wein uns Christen zu Essen
und zu Trinken von Christo selbs eingesezt. Wo stehet
das geschrieben? Also schreiben die heiligen Evangeli-
sten Matthaeus 26 [26-28], Marcus 14 [22-24], Lucas 22
[19-20] und der Apostel Paulus 1. Cor. 11 [23-25]: Der
Herr Jesus in der Nacht, da Er verrathen ward, nahm Er
das Brod, danket und brachs und gabs seinen Juengern
und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der
fuer euch gegeben wird, solches thut zu meiner Ge-
daechtnus. Desselbigen gleichen nahm Er auch den
Kelch, nach dem Abendmal und danket und gab ihnen
den und sprach: Trinket alle daraus, das ist mein Blut
des Neuen Testaments, welches fuer euch und fuer vil
vergossen wird zur Vergebung der Suenden, solches thut,
so oft ihrs trinket, zu meiner Gedaechtnus. Was nuzt
solches Essen und Trinken? Das zeigen uns dise Wort
Fuer euch gegeben und vergossen zur Vergebung der

nit gnugsam zur seligkaitt, sonder ich glaube auch,
das der leib und das bluot, so mir in meinen mund
gelegt, sey fur meine sund gegeben und vergossen,
wie ichs fur meine person esse und drincke, und sol-
liches leren mich dyse wort, so da stond: Fur euch
gegeben und vergossen zur vergebung der sun-
den2, welliche wort sind neben dem leiblichen essen
und drinckhen als das hauptstuck im sacrament,
und wer den selbigen wort[en] glaubt, der hat, was
sy sagen und wie lauttend, nemlich vergebung der
sunden. Darumb allermaist unser her Christus das
nachtmal hat eingesetzt als ein sygil3 und krefftige
versycherung, das er seinen |2| leib fur meine sund
gegeben und sein bluot zu meiner erlosung vergossen
hab.

Suenden: Nemlich, daß uns im Sacrament Vergebung der
Suenden, Leben und Seligkeit durch solche Wort gegeben
wird. Dann wo Vergebung der Suenden ist, da ist auch
Leben und Seligkeit. Wie kan leiblich Essen und Trinken
solche grosse Ding thun? Essen und Trinken thuts frey-
lich nicht, sondern die Wort, so da stehen: Fuer euch
gegeben und vergossen zur Vergebung der Suenden. Wel-
che Wort sind neben dem leiblichen Essen und Trinken
als das Hauptstuk im Sacrament; und wer denselbigen
Worten glaubt, der hat, was sie sagen und wie sie lauten,
nemlich Vergebung der Sünden. Wer empfahet dann
solch Sacrament wuerdiglich? Fasten und leiblich sich
bereiten ist wol eine feine aeusserliche Zucht; aber, der
ist recht wuerdig und wol geschikt, der den Glauben hat
an dise Wort: Fuer euch gegeben und vergossen zur Ver-
gebung der Suenden. Wer aber disen Worten nicht glau-
bet oder zweifelt, der ist unwuerdig und ungeschikt.
Dann das Wort fuer euch gegeben fordert eitel glaubige
Herzen.

1 Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20.
2 Mt 26,28.
3 Vgl. 1Kor 11,25 und die Parallele zum alten Bund bei
Röm 4,11.

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