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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0420
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Sayn

erben deß Reichs Christi seind und die Noth der
gemeinen Regel und Ordnung nicht unterwerfflich
ist, zur Zeit der Noth in Abwesen der Männer die
Kindtlein getaufft haben, welches man Jachtauff
genennet hat, So wöllen wir auch dieselbige nit auff-
heben, sondern in ihrer Krafft bleiben lassen.
Es sollen aber die Kirchendiener die Hebammen
auff das fleissigst unterrichten, Erstlich, daß sie
kein Kindt, so noch im Mutterleib und nicht gantz
an die Welt geboren ist, Jachtäuffen sollen, Dann
nach dem die Heylige Tauff ein Sakrament der Wi-
dergeburt, erfordert die Natur dieses Sacraments,
daß das Kindt, so das Sacrament der Widergeburt
empfahen soll, vorhin an die Welt geboren sey. Je-
doch sollen die, so in solchen Nöthen darbey seyn,
beyde, Mutter und das Kindt, dem Allmächtigen
Gott durch ihr trewlich Vorbitt befehlen, daß Gott
der Mutter helffen und ihme das Kindt gnädiglich
wölle lassen befohlen seyn.
Darnach, daß sie auch, nach dem das Kindt ge-
boren, ausserhalb der Noth des Kindes Schwachheit
nit nothtauffen sollen, Sondern, da sie einen Kir-
chendiener oder sonst einen Christlichen Mann |73|
in der Eyl zu handen haben mögen, denselben be-
ruffen und das Kindt täuffen lassen.
Aber so dasselbige jhe von Schwachheit wegen
deß Kindtes nicht gesein möchte, als dan sollen die
Hebammen oder welches gegenwertiges Christliches
Weib sich deß Täuffens underfangen wil, zwo oder
drey Personen, so vorhanden, zum Zeugniß erfor-
dern und beruffen, damit auff zweyer oder dreyer
Kundtschäfft88 die Tauff bestendig sey und zuvor
das gebett Christi, Vatter unser etc., betten, dem
Kind einen Namen geben, es darauff mit Wasser
täuffen und sprechen:
Ich täuffe dich im namen Gottes, deß Vatters,
deß Sohns und deß Heyligen Geistes.89 Amen.
Es sollen auch die Hebammen mit anders nichts als
mit Wasser täuffen und nicht, wie etwa in solcher
Noht geschicht, was sie ergreiffen, als Wein, Essig
und Milch darzu gebrauchen, Weil Christus mit
außtrücklichen Worten allein Wasser darzu verord-
88 Dtn 19,15; 2Kor 13,1.

net hat, welches man auch jederzeit in solchen
Nohtfellen haben kan.
Wer nuhn also, wie itzgemelt, die Nohtauff ent-
pfangen hatt, der soll nicht anderwerts widerge-
täufft werden, sondern soll bey der empfangenen
Tauff pleiben. Jedoch, so das Kind Lebendig pleibt,
soll man es in die Kirch tragen, als dann soll der |74|
Kirchendiener ungefährlich nachfolgender Weiß mit
ihm handeln:
Erstlich frage er die Hebamme, wie und mit was
Worten das Kindt getaufft und wer dabey gewesen.
Darnach verhör er auch die andern, so dabey
gewesen, welcher Gestalt das Kindt getaufft sey.
So er dann befindet, daß es recht in dem Namen
Gottes, deß Vatters, deß Sons und heyligen Geistes
getaufft worden sey, soll er gegen die Versammlung
der Kirchen sprechen:
Lieben Freunde, das Kindtlein, welches uns hie
vorgebracht, ist seiner sorgfältigen Schwachheit hal-
ber daheim im Hause in dem Namen Gottes, deß
Vatters, Sohns und heyligen Geistes nach der Ord-
nung Christi im Namen und auff den Befelch unsers
lieben Herrn Gottes getaufft worden.
Auff daß nun das H. Hochwirdige Sacrament
der Tauff nit geschändet noch Gottes Wort, so da-
bey geführet, nit für ein Spott gehalten werde, soll
es bey der empfangenen Tauff bleiben. Und nach
dem es noch keinen Namen hat, so soll es N. genen-
net werden. Darumb sollen und wöllen wir uns die-
|75| ses N. als eines rechten Gliedts unsers Herrn Jesu
Christi und seiner heyligen Kirchen annemmen.
Wir wöllen auch hören das Evangelium, darin
sich unser Herr Christus der Kindtlein auffs
freundtlichst annimpt, damit wir erinnert werden,
was wir von den Kindtlein halten sollen.
Also schreibet Marcus am 10. Cap.:
Sie brachten Kindtlein zu Jesu, daß er sie anrüh-
rete. Die Jünger aber fuhren die an, die sie trugen.
Da es aber Jesus sahe, wurde er unwillig und sprach
zu ihnen: Lasset die Kindtlein zu mir kommen und
wehret ihnen nicht, dann solcher ist das Reich Got-
89 Mt 28,19.

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