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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0209
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8. Der erste Straßburger Katechismus

Frag: Mercke auch weyter, die weil du gemeyn-
schafft der heiligen glaubst, das du deine gaben las-
sest den heyligen zu nutz komen.
Ant.: Ich bedenck es auch, dann wie ein glyd gegen
allen glidern des leibs geneigt ist, also sol mein will
unnd gemut auch seyn gegen yederman. Ich sol ab
den bessern glidern ein wolgefallen haben, die ir ga-
ben dem gan- |d 4v| tzen leib zu nutz haben, und ab
den schwachen kein vertruß nemen, sonder vilmer
dem blöden153, der mich beleidiget, übersehen154,
sein last tragen, mit im mitleyden haben als mit eim
krancken, und mich niemant vortragen oder besser
schetzen, sonder bedencken, das wir alle einer sein in
Christo Jesu. Auch gezimpt mir nit, das ich mein
selbs sey, sonder ich bin schuldig für mein mitge-
nossen allein155 zu sorgen und inen und nit mir zu
leben, Rom. 12 [1-21], 1. Cor. 12 [12-26], Eph. 4
[1-16].
Frag: Sihe, mein sun, auß dem volget, das yedem
gleubigen alle gebet und gute werck der gantzen
Christenheyt zu hilff komen. Deßhalb wider ge-
meinsam der heyligen handlen, die ir gute werck
verkauffenn, bruderschafft machen, stifftung für
sich und ir eltern anrichten. Erklere nun den nach-
geenden artickel des glaubens.
Ant.: Ablaß der sünd. Die volg bringt mit ir, das wir,
so von der gemeinsam der heyligen sein, noch sünd
haben und das die selbige durch den glauben ver-
zyhen werde. Darumb glaub ich, das Got durch
Christum mir die übrig sünd nicht auffrechen wölle.
Frag: Was ist dann des Bapsts ablaß?
Ant.: Entledigung von der pen, |d 5r| das ist, von
verdienter straff der sünd, welche Gott nach verzey-
hung der sünd noch haben wil.
Frag: Behalt im Got penen zuvor?
Ant.: Die Bepstler reden es, aber es ist nit war.

i Erg. B: Dann auß gegenwertiger gemeynsam der heyli-
gen, die in eynigkeyt, glaub und lieb und des geysts Gots
stöt, mag der ausserwelt abfallen. Drumb, wer stöt, lug,
das er nit falle [1Kor 10,12],
j-j B: Sunder Gott pflegt.

jAber es pfleget Gotj durch vil mangel und brech-
licheiten156 die seinen zu gelassenheit zu zyhen und
zu üben, welche nach zulassen in keins menschen
macht steen. Darumb, so thut der Bepstlich ablaß
nichts, dann das er falsch vertrauwen bringt und
dem armen seynen sauren schweyß abschwetzt, be-
schwert die gewissen und leret die seckel.
Frag: Was ist der pfaffen verzeyhung oder absolu-
tion?
Ant.: Fast ein böser trug157, dann die Bepstler, die
weil sy auff ir menschen sündlin tringen, haben selbs
kein teyl am reych Gottes. Wie möchten dann sy es
ander leuten auffschliessen? Dann wo sy Christen
weren, wurden sy das wort vom creütz verkündigen,
und so dann Gott inwendig ein glauben gebe, volgte
gewisse verzeyhung der sünd, sunst blyben die sünd
unverzygen, so lang Gott den glauben nit verleyget.
Darum die predig von verzeihung der sünd von we-
gen der wort nit nütz ist, sonder auß krafft des
geists nütz würt, der |d 5v| uns ins hertz den glauben
gibt.
Frag: Also verwirffestu gar die oren beycht?
Ant.: Der gestalt, als sy im brauch ist, dann der
einfaltig meinet, das die wort, von solicher personen
gesprochen, haben krafft, die sünd hin zunemen, Zu
dem, das unser eygen werck, das ist das beichten,
dienstlich sey, zu erlangen die gnad, wölche an keim
zeytlichen thun, sonder an der güte Gottes alleyn
hanget.
Frag: Nun redt doch die gschrifft vom beichten.
Ant.: Sy redt nit vom oren beichten, aber sunst uff
vilerley weiß, so nutz und dienstlichen seyn.
Frag: Erzele die selben.
Ant.: Zum ersten, Gott dem Herren uß warhaffti-
gem hertzen, der uns die sünd nit mer auff rechnet,

153 Schwachen.
154 Vergeben, s. Grimm, DWb 23, Sp. 540f.
155 Ausschließlich, s. FWb 1, Sp. 782f.
156 Gebrechlichkeiten, s. FWb 4, Sp. 1029.
157 Eine sehr böse Täuschung.

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