Straßburg
Ant.: Nein, ich bin auß solichem in grossem unfri-
den und trachte und dencke emsig, wo ich finden
möge, das ichs auch thu, welches mir der glaub an-
zeygt, da von bißher geredt ist, Nemlich, das bei
Got, dem allmechtigen, durch Christum Jesum ich
solichs suchen solle.
Frag: Wie suchestu solichs?
Ant.: Durch ein emsig, hitzig177 gebet.
Frag: Wie bettestu aber, damit |d 8v| es andere auch
wissen?
Ant.: Allein in dencken und begirden178, als einer,
der in angsten ist und sein zuversicht allein auff Got
setzt.
Frag: Lieber, sag, mit was begirden?
Ant.: Ich ruffe Gott an als mein lieben vatter. Den
bitte ich, das er an mir sein ehr fürdere, mich mach,
wie ich sein solte, das er mir die vergangen sünd
verzeyhe und vor der zukünfftigen behüte. Wyder
ander zeytlich übel bitte ich nit, dann ich hab des
keyn befelchr.
Frag: Nun hat doch der Herr gesagt, Also sollen ir
betten: Unser vatter, der du bist etc.179
Ant.: Der Herr hat unns nit wöllen auff dise wort
zwingen, sonder da mit fürgeben und erinnern, was
begird und hertzen wir im gebet sein sollen. Dan
eben das ist in disen worten ingeschlossen, das ich in
betrachtungen handlen sol. Darum ich etwan die
wort auch sprich, mich zu erinnern; aber wan ich
nun bewegt und auffs hertz komen bin, lasse ich alle
wort faren. Das beschicht mir etwan anfangs im
ersten wort. Dan wo eins ins hertz kompt, so volgt
das ander alles.
Frag: Zeyg an kürtzlych, was begirden du habest in
yeglichem wort.
Ant.: sSo ich sags. |e 1r|
r Erg. B: Ich vertrew Gott, meim vatter, das mir alles
nütz sein werde, das mir schon zu wider schynet sien.
s-s B: So sag ich.
177 Eifriges, s. Grimm, DWb 10, Sp. 1584f.
178 Mit begi[e]rd wird in theologischen Texten des 15. und
Unser vatter. Bildet es mir in ain tröstlich ver-
trawen, das er unser gnediger Gott und vatter sei
und uns zu kinden und erben haben wil.
Im hymel. Das wir zu hymelischen dingen be-
rüfft seyn unnd ein hymelischen vatter haben, der in
gut unnd gewalt alle leypliche vetter on maßen
übertrifft.
Dein name sey heylig. Das er für eyn gutten, gne-
digen vatter allenthalb erkant, angebettet unnd ge-
benedeyet werde.
Zu komm dein reych. Das er durch sein Geyst
unnd den verdienst Christi die tyranney des teuffels
mindere unnd durch seyn Evangelion in uns teglich
ye mer unnd mer regiere.
Dein will der werd. Das sein will unverhindert in
uns fürgee, wie in den waren hymelischen creaturen
beschicht, das ist, das unser fleisch gedempffet wer-
de, das seim willen stetigs widerstrebt.
Frag: Das ist alles bey nach180 ein |e 1v| ding gebe-
ten?
Ant.: Ja, mit disen dreyen reden wirt nichts begert,
wann das das reich und die eere Gottes in uns auff-
gang und er in uns geprisen und erhöhet werde.
Unser teglich brot gib uns hüt. Umb alle leiblich
notturfft bitte ich, nach dem ich umb sein reich und
gerechtigkeit gebetten hab, Und bekenne darinn,
das zeytliche güter auch seine gaben unnd uns von
nöten sein.
Vergib unns unser schuld, als wir unsern schuldi-
gern vergeben. Wir sünden teglich und mögen da für
kein bezalung thun; darum bitten wir, die uns nach
zulassen. Solichs mag niemant bitten, er sey dan
von hertzen gedemütigt. Deßhalb, auß warer gelas-
senheyt vergeben wir yederman und bitten drauff
Gott, den vatter, uns auch der gestalt zu verzeyhen.
Unnd füre uns nit in versuchung, sonder erlöß uns
von den bösen. Wir werden leyder stetigs versucht.
16. Jh. (vor allem der Mystik) ein religiöses Sehnen bzw.
Trachten umschrieben, s. FWb 3, Sp. 600f.
179 Im folgenden schließt sich die Erklärung des Vater unser
(Mt 6,9-13) an.
180 Beinahe, s. FWb 3, Sp. 946f.
196
Ant.: Nein, ich bin auß solichem in grossem unfri-
den und trachte und dencke emsig, wo ich finden
möge, das ichs auch thu, welches mir der glaub an-
zeygt, da von bißher geredt ist, Nemlich, das bei
Got, dem allmechtigen, durch Christum Jesum ich
solichs suchen solle.
Frag: Wie suchestu solichs?
Ant.: Durch ein emsig, hitzig177 gebet.
Frag: Wie bettestu aber, damit |d 8v| es andere auch
wissen?
Ant.: Allein in dencken und begirden178, als einer,
der in angsten ist und sein zuversicht allein auff Got
setzt.
Frag: Lieber, sag, mit was begirden?
Ant.: Ich ruffe Gott an als mein lieben vatter. Den
bitte ich, das er an mir sein ehr fürdere, mich mach,
wie ich sein solte, das er mir die vergangen sünd
verzeyhe und vor der zukünfftigen behüte. Wyder
ander zeytlich übel bitte ich nit, dann ich hab des
keyn befelchr.
Frag: Nun hat doch der Herr gesagt, Also sollen ir
betten: Unser vatter, der du bist etc.179
Ant.: Der Herr hat unns nit wöllen auff dise wort
zwingen, sonder da mit fürgeben und erinnern, was
begird und hertzen wir im gebet sein sollen. Dan
eben das ist in disen worten ingeschlossen, das ich in
betrachtungen handlen sol. Darum ich etwan die
wort auch sprich, mich zu erinnern; aber wan ich
nun bewegt und auffs hertz komen bin, lasse ich alle
wort faren. Das beschicht mir etwan anfangs im
ersten wort. Dan wo eins ins hertz kompt, so volgt
das ander alles.
Frag: Zeyg an kürtzlych, was begirden du habest in
yeglichem wort.
Ant.: sSo ich sags. |e 1r|
r Erg. B: Ich vertrew Gott, meim vatter, das mir alles
nütz sein werde, das mir schon zu wider schynet sien.
s-s B: So sag ich.
177 Eifriges, s. Grimm, DWb 10, Sp. 1584f.
178 Mit begi[e]rd wird in theologischen Texten des 15. und
Unser vatter. Bildet es mir in ain tröstlich ver-
trawen, das er unser gnediger Gott und vatter sei
und uns zu kinden und erben haben wil.
Im hymel. Das wir zu hymelischen dingen be-
rüfft seyn unnd ein hymelischen vatter haben, der in
gut unnd gewalt alle leypliche vetter on maßen
übertrifft.
Dein name sey heylig. Das er für eyn gutten, gne-
digen vatter allenthalb erkant, angebettet unnd ge-
benedeyet werde.
Zu komm dein reych. Das er durch sein Geyst
unnd den verdienst Christi die tyranney des teuffels
mindere unnd durch seyn Evangelion in uns teglich
ye mer unnd mer regiere.
Dein will der werd. Das sein will unverhindert in
uns fürgee, wie in den waren hymelischen creaturen
beschicht, das ist, das unser fleisch gedempffet wer-
de, das seim willen stetigs widerstrebt.
Frag: Das ist alles bey nach180 ein |e 1v| ding gebe-
ten?
Ant.: Ja, mit disen dreyen reden wirt nichts begert,
wann das das reich und die eere Gottes in uns auff-
gang und er in uns geprisen und erhöhet werde.
Unser teglich brot gib uns hüt. Umb alle leiblich
notturfft bitte ich, nach dem ich umb sein reich und
gerechtigkeit gebetten hab, Und bekenne darinn,
das zeytliche güter auch seine gaben unnd uns von
nöten sein.
Vergib unns unser schuld, als wir unsern schuldi-
gern vergeben. Wir sünden teglich und mögen da für
kein bezalung thun; darum bitten wir, die uns nach
zulassen. Solichs mag niemant bitten, er sey dan
von hertzen gedemütigt. Deßhalb, auß warer gelas-
senheyt vergeben wir yederman und bitten drauff
Gott, den vatter, uns auch der gestalt zu verzeyhen.
Unnd füre uns nit in versuchung, sonder erlöß uns
von den bösen. Wir werden leyder stetigs versucht.
16. Jh. (vor allem der Mystik) ein religiöses Sehnen bzw.
Trachten umschrieben, s. FWb 3, Sp. 600f.
179 Im folgenden schließt sich die Erklärung des Vater unser
(Mt 6,9-13) an.
180 Beinahe, s. FWb 3, Sp. 946f.
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