Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0455
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

sen und in die ehe geben werden, bei dem catechis-
mo bleiben unnd sich nit schemmen oder wegern, in
der kirchen, wan man sie gefraget, zu antwurten.
Das zu den dreyen hochen festen, Weinachten,
Ostern und Pfingsten, ihnen fürgeben und under sie
außgeteilet wurde, was in der h. schrifft des Newen
unnd Alten Testaments für weissagungen, historien
unnd schönen sprüchen befünden, so uff solche fest
in der kirchen gepredigt werden, die hetten sie dan
uff dieselbige tag an stat des catechismi unnd der
haußtaffel offentlich vor der gantzen kirchen erzelt
unnd uffgesagt. Dieweil aber zwischen Pfingsten
und Weinachten ein groß unnd lang intervallum ist,
möchte man ihnen uff Bartholomei471 oder Micha-
elis472 die fürnempsten bettpsalmen uß dem Newen
Testament fürgeben, sich darinn zu üben.
Wan nu die kind dermaßen geordnet sindt, knaben
und döchterlein besonders, jede part nach |260| ge-
meldter abteilung in ihre classes, wan jetz zusamen
verleuth ist, singt man zu erst einen psalmen, die
Zehen Gebott473, das Vatter unser474, den Glau-
ben475, je nach dem es die erklärung der stuck des
catechismi mit bringen. Daruff thut der pfarher
vom altar das gebett, so vornen im catechismo ge-
setzt ist: Almechtiger, barmhertziger Gott und vat-
ter, der du hast deine h. engel etc. Unser vatter, der
du bist476 etc.
Dornoch gehet er vom altar unnd mit ihm die
diaconi und andere, so dorzu bestelt, als die lehr-
meister unnd die, so zu dem kirchendienst uffgezo-
gen werden, fahen das examen an mit der jugendt.
Und nimpt jeder einen, zwen oder auch drey benck
für sich, je so viel er vermeint in einer 4-teil einer
stundt zu verhören, den ungefärlich so lang soll das

g Gestr.: in.
471 24. August.
472 29. September.
473 Straßburger Gesangbuch (1541), S. VIII-XI (Die langen
Zehen Gebot) = AWA 4, Nr. 1, S. 149-153, oder S. Xllf.
(Die Zehen Gebot kurtz) = AWA 4, Nr. 20, S. 226-228
(Mensch willst du leben seliglich).
474 Straßburger Gesangbuch (1541), Bl. Kv - Lr.
475 Straßburger Gesangbuch (1541), Bl. Hv - Kr.

examen weren unnd also angericht werdenn, das alle
kinder in solcher zeit verhört werden mügen.
Nach gehaltenem examine geht der pfarher wi-
der ubern altar unnd focht an477, den kindern uffs
einfaltigst ein stücklin uß dem catechismo zu erkle-
ren, und weret solche predig nit gar ein halb stundt.
Uff die vermanung singen die kinder wider einen
psalmen, als das Magnificat, Mein seel erhebt denn
herren mein478 etc., oder: Erhalt uns, herr, bei dei-
nem wort479, oder das dritt gesetz des gesangs, so in
der kinderlehr gebracht würde: Jetzund so bitten
wir dich, herr, besteht480 etc. oder einen andern. |261|
Darnach beschleußt der pfarher mit dem kinderge-
bett:
Herr Gott, himlischer vatter, wir dancken dir,
das du uns das selige liecht dines worts etc.
Oder mit disem:
Almechtiger, barmhertziger Gott, himlischer vatter,
der du allein alles guts in uns anfahest, bestätigest
unnd außmachest, wir bitten dich für dise kinder,
die dug deiner kirchen geschenckt unnd durch den
h. tauff widergeboren unndt nun so weit erleuchtet
hast, das sie diese deine gnad unnd gütte und ir er-
lößung in Christo, deinem lieben son, unserm herrn,
auch selber erkennen unnd vor deiner gemein beken-
nen. Sterck diß dein werck, das du in inen angefan-
gen hast, mere inen deinen h. geist, auff [daß] sie in
deiner kirchen unnd gemein unnd in warem glauben
unnd gehorsam deines hailigen evangelii stätigs blei-
ben und biß ans end bestendig verharren und sich
kein falsche lehr noch fleischliche lüst von bekanter
warheit abfüren laßen. Gibe inen, das sie zu allem
deinem gefallen an Christum, deinen son, unser ge-
meines haupt, imer wachsen und sein volkommen-

476 Mt 6,9-13.
477 Fängt an.
478 Wackernagel 3, Nr. 561, S. 509f.; Straßburger Ge-
sangbuch (1541), S. LXIII-LXV.
479 Wackernagel 3, Nr. 44, S. 26; AWA 4, Nr. 38,
S. 304f. (von Martin Luther aus dem Jahr 1543).
480 Wackernagel 3, Nr. 675, S. 604f. Das Lied von Jo-
hannes Zwick (zm beschlusß der kinder predig) findet sich
erst im Straßburger Gesangbuch von 1568.

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