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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0509
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50. Große Zuchtordnung

ten, Herrenschencken und Hochzeitten bey dem ge-
wohnlichen und ordenlichen Schanck verbleiben und
ausserhalb des Ehrweins31, den man bey den Hoch-
zeitten und Herrenschencken auffzuostellen und in
die gemeine Irten zuorechnen pflegt, sonst gar kein
Wein mehr daneben gestellt oder nachgegeben wer-
den, sonder dasselbig aller dings32 aberkandt und
verbotten sein. Darzuo fürtherhin biß auff unser
Enderung auff den offnen Stuben in gemeinen
Gastereyen und andern Gesellschafften (die Hoch-
zeitten, darvon hernacher sondere Verordnung be-
schicht33, außgenommen), es werden gleich uber den
gemeinen Brauch mehr essen gegeben oder nicht,
durchauß von einer jeden Person zuo der Irten mehr
nicht dann zehen Kreützer (die wir in ansehung, das
Brot und der Wein jetziger zeit in höchstem Werth,
dißmals zuogelassen haben wöllen34) genommen noch
auch gegeben und hierunder gantz keine Ge-
fahr35 geübt oder gebraucht werden solle, alles bey
der Straff und Peen XXX schilling, die alle die, so
hiewider in dem einen oder andern handlen,
zuoerstatten verfallen und verbunden sein sollen. Je-
doch lassen wir es, sovil die Herrenschencken be-
langt, bey dem alten Gebrauch, das von einer Per-
son ein Kreützer mehr, dann die gemeine Irten ist,
empfangen werden mag, verbleiben.
Damit auch die Würt, Gasthalter, Hauptkannen
und Kuchenmeister, wann ihnen zuo Hochzeitten
oder andern Gesellschafften ein gewisse anzal Per-
sonen verdingt werden36, von wegen ettlicher auß-
bleibens oder zuo spaht erscheinens sich nicht zuobe-
schweren oder zuobeklagen haben, So solle einem
jeden Würt, Gasthalter, Hauptkannen oder Ku-
chenmeister von einer jeden Person, die ihme ver-

31 Weingabe zur Bezeugung der Achtung und Ehrerbie-
tung, die einer Person entgegengebracht wird, s.
DRW 2, Sp. 1289.
32 Ganz und gar, s. FWb 1, Sp. 790f.
33 Siehe unten S. 496.
34 Vgl. dazu Saladin, Chronik, S. 402.
35 Betrug, Hinterlist, s. FWb 6, Sp. 428.
36 Verdingen meint eine vertragliche Festsetzung (hier über
die Zahl der zu bewirtenden Gäste), s. Lexer 3, Sp. 96;
Grimm, DWb 25, Sp. 234.

dingt worden und gar außbleiben würde, durch den,
so es bey ihme bestellt, die gewohnlich und erlaupt
Irten gegeben und entricht werden, Deßgleichen die
jenen, so vermög diser unser Ordnung nach gesetz-
ter Stund |A 4v| zuo spaht kommen, sich mit dem, so
nach ihrem erscheinen gemeinem Brauch nach in
Speiß und Tranck auffgestellet und gegeben würdt,
benügen und settigen zuolassen und desto weniger
nicht die Irte volkommenlich37 ohn alle Inred zuo ge-
ben schuldig sein.
[5.] Zum fünfften, das Abendtzeeren belangend,
Weil wir des verschinnen 1560 Jars, wie es mit dem-
selben durchauß gehalten werden solle, ein Mandat
außgehn lassen, So wöllen wie hiemit dasselbig, so
anfahet: Wir, Steffan Sturm, der Meister, unnd der
Raht zuo Strasburg etc., und sich endet: Actum et
Decretum den zwölfften Augusti im Jar Tausent
Fünffhundert und Sechtzig38, Hiemit in allen seinen
innhaltenden Puncten und Articuln renoviert, er-
newert, bekrefftigt und bestätigt und dabey ferner
Statuiert, Geordnet und gesetzt haben, Das alle und
jede Abendtzeeren lenger nit dann ein Stund und nit
darüber wehren und allenthalben in der Statt also
angefengt werden sollen, Das, wann man die Glock
in dem Münster zuo der Abendtpredig anzeücht39,
menigklich vom Abentzeeren auffstande, keiner len-
ger sitzen bleiben, auch kein weitter Speiß noch
Tranck mehr gegeben noch einiche Spiel oder der-
gleichen kurtzweil geübt oder getriben werde, Wel-
ches alles hiemit verbotten sein solle bey deren im
Mandat auffgesetzten Straff der XXX schilling, die
einem jeden uberfahrenden40 unnachlässig abgenom-
men werden sollen.

37 Und nichtsdestoweniger den vollen Betrag der Zeche.
38 AMS 1 AST 84, Nr. 72. Vgl. auch Saladin, Chronik,
S. 381: das man in keinem wirtshaus einem mehr dan eine
halbe maß wein geben soll, wie auch weder gesottens noch
gebratens zum abendzehren; sondern alle wirt solten, sobald
man in die abendpredigt leutet, alle tisch aufheben [...];
wehrete aber nicht lang.
39 Läutet, s. FWb 1, Sp. 1614.
40 Übertreter.

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