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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0262
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Mülhausen

licher, ungehorsamer wiß mit verhengtem
zaum10, unangesehen Gottes unnd unßer straff,
ubertrettenn unnd verprochen werdenn, unnd be-
dunckett, das die jehenigenn, so die ubertretter an-
gebenn soltenn, sollicher uberfarung11 nit wenig
schuldt habenndt, deßhalben stilschwigenndt, also
furzugonn unnd dißen ungehorsamkeiten statt zuge-
benn unnß further nit gezimenn, sunder fur nutzlich
und guot angesehenn, dsollich ubell mit ernstlicher
dapfferkeitt12 zubegegnend, deßhalbenn so wöllent
wir13, zu uffgang14 unnd erhaltung guotter, erbarer
pollicey und cristlichen lebenns, unser hievor ußgan-
gen mandatt, es sey des gotslesterenns, schwerens,
eebrechenns, uppiger bekleidung, fullerey, zutrin-
ckens, spylenß, muottwilliger unreinigkeitte und
anderer laster mer15, umb welliche Gott, der almech-
tig, zum offternmaln im Alten und Newenn testa-
mennten die boßhafftig weldt mit erschrockenlichen
plogenn16 gestrafft hatt, unnd one allenn zwiffell wir
auch ein schweren stroff unnd zornn Gotteß gewer-
tig unnd deren | nit entgonn mögen dan durch
besserung unßers lebenns, mit rechtem gewissenn
ernewerdt, rattifficiert, bestettigett unnd bekreffti-
gett, also das die inn allen puncten unnd articklenn,
pey vermidung göttlicher unhuldt unnd inn denn
straffenn, darinn begriffenn, stiff17 und stett gehal-
ten werdenn sollenn.
Unnd diewil aber vor allenn dingen einer yedenn
cristlicher oberkeitt geburtt, das sy inn irem wandel
unnd weßenn gegen Gott, irenn unnderthonnen
unnd nechsten unstrefflich unnd on alle ergernuß leb
unnd halte, denn was wurt eß fur frucht bringenn,

d-d Hs.: wöllen wir sollich ubell mit ernsthafter dapfferkeit
zubegegnen sey.
e Hs.: unneinigkeitt (s. dazu Nr. 13, S. 228).

10 Mit verhengtem zaum bedeutet, dem Pferd die Zügel zu
geben und es frei laufen zu lassen, s. Adelung 4,
Sp. 1659; Grimm, DWb 31, Sp. 401.
11 Übertretung, Verfehlung, s. Grimm, DWb 23, Sp. 201f.
12 Beharrlichkeit, FWb 5, Sp. 167.
13 Der Satz läßt sich in der in der Handschrift überlieferten
Form (s. die textkritische Anmerkung d-d) nicht kon-
struieren; daher wurde hier in den Text eingegriffen.

so wir der gemeindt vil gebott und burdenn uff denn
halß legtenn unnd wirs selber mit dem minstenn fin-
ger nit anrurten18, sunder inn allenn lasterenn inn
unßrenn heußernn und anderßwo lebten, deßhalben,
so wil die unvermidenlich notturfft erforderenn, das
wir, als die vorgenger19 der gemeindt, unß selbs zu
forderst erinneren unnd inn rechter gotsforcht zu
seinem heiligen wordt | kerenn, nach wellichem all
unser leben, thun und lassenn soll gericht werden,
besonnder uns in allenn unserenn handlungen, wan-
delenn und bekleidungen uff der gassenn, pey denn
leuten, weyben, kindenn unnd eehalten20 erbarlich
und unergerlich haltenn, aller lichtfertigen gesell-
schafften unnd anderer uppigkeiten mussig gonn
unnd, sovil ymmer muglich, denn uffgerichten crist-
lichenn ordnungen uns glichförmig erzeigenn, damit
wir nit eintzig anwyser21 der gebotenn, sunder auch
fur volpringer und thedter geachtett22, und ein ge-
mein dester williger uns nachzevolgen verursacht.
Dann wo wir unß inn einichen oder mer articklenn
ubersehenn wurdenn, sollenn wir allwegen mit
zwiffacher penn billich gestrafft werdenn.
Wo auch pey denn diennern des wordts, so unser
vorstennder, etwas straffwurdigs, eß were inn der
ler, wandels oder lebenns befundenn, sollenn die
auch billich erinnert, ermanndt unnd gebessert wer-
denn. Diewil aber | uff dißmal nichts sunders straff-
bares, anders unns nit zewissenn23, by innen befun-
den, ist eß diser zitt, sy zubeschicken24 und etwas
handlung deßhalb mit inen furzenemmen, vonn un-
notten. So aber künfftiger zeitt etwas straffwurdiges
unnd so zubesserenn erkundigett, sollenndt die, wie

14 Förderung, s. FWb 2, Sp. 421f.
15 Vgl. Nr. 13 vom 12. Januar 1537.
16 Vgl. 4Mos 11,33; 14,36-37; 17,10-11 etc.
17 Fest, s. FWb 11, Sp. 256f.
18 Vgl. Mt 23,4.
19 Vorsteher.
20 Hausgenossen, Dienstboten, s. Grimm, DWb 3, Sp. 43f.
21 Lehrmeister, s. FWb 1, Sp. 1587.
22 Vgl. Jak 1,22.
23 Außer, daß wir es nicht wissen, s. FWb 1, Sp. 1040 (s.v.
anders 8).
24 Vorzuladen, FWb 3, Sp. 1675f.

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