Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0263
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16. Beschluß zur Aufrichtung einer christlichen Ordnung 1541

danf vormals mer beschehenn, beschickt, guettlich
ermanndt unnd, wo die nit befolgenn25, derenn keins
wegs mit nochvolgennder straff unnd besserung ver-
schond werden.
Unnd so dann die welt yetz, mer dann py unnserenn
altvordern zeytten, surhafftig26, unutz und verthue-
wig27, und uns ye bedunckenn will, das inn keiner
zunfft rechte ordnung, wie etwann von alters har
beschehenn, will gehalten werdenn, damit eß dann
mit denn obenyrten28 ordennlich zuganng, solle man
further uff yeder zunfft nit mer dann alwegen drey-
enn personnenn zwo moß wins und nit daruber uff-
tragen, und hiemit alle schwatz messlin29 unnd |
nachyrten30, daruß nit wenigs unnrhadts31 erwachs-
set, hiemit abgestelt sein unnd plibenn.
Derglichenn, wo sich auch ein burger, hindersess
unnd burgers sun mit win uberladen wurdt, uff der
gassenn gieng schwenckenn32 oder sunst hiebie, das
man sein volle unnd trunckheit spurenn möcht, soll
gefencklichen angenomenn und an dem ordt, das wir
harzu verordnenn wellenn, zwenn tag unnd zwo
necht mit wasser unnd prott gefennglichen erhalten
werdenn etc.
Unnd damit dann unnsere hievor uffgerichte ord-
nung unnd furnemenn inn allenn articklenn vestig-
lich irs innhalts möge pey handvestem33 wesenn be-

f Erg. über der Zeile.

25 Gehorchen.
26 Boshaftig.
27 Verschwenderisch, unmäßig, s. Idiotikon 13, Sp. 418.
28 Der abendliche Besuch des Wirtshauses und das Trinken
dort, die Abendzeche, s. FWb 1, Sp. 59f (s.v. abendürte)
und Idiotikon 1, Sp. 494.
29 Mit schwatz-messli wird ein Mass Wein bezeichnet, bei
dem ein Plauderstündchen gehalten wird, s. Idiotikon 4,
Sp. 440.
30 Das nachträgliche Zechen nach der Schließung der ei-
gentlichen Wirtschaft, s. Idiotikon 1, Sp. 494.
31 Schaden.
32 Schwankend gehen.
33 Dauerhaftem, s. FWb 7, Sp. 1037.
34 Förderung, s. FWb 2, Sp. 582f.

stonn unnd destbas gehalten werdenn, wellenndt
wir euch alle, als unser mitrhadtsfreundt unnd mit-
rhadtsgenossenn, umb Gottes seins heiligen wordts
unnd namens willenn, auch der gehorsami, die ir
unns als euweren furgesetzten uß göttlicher ordnung
| unnd umb euwer gewissenn willenn zeleistenn
schuldig, guetlich unnd vetterlich ermanend unnd
vonn oberkeitt wegenn gebottenn habenn, das ir
euch vilgemelter ordnung, so wir zu uffnung34 gott-
licher eerenn und umb pflantzung eins cristlichen le-
benns angesehenn35, guottwillig gehorsamenn unnd,
wo yemandts under euch were, der mit einichem
derselbenn laster beladenn, darvonn abstennt36.
Demnach einer yedem seinem zunfftmeister die
laster, so yeder zeit unnder seinen zunfftbruederenn
furgendt, er selbs sicht, erfardt oder hördt, helffenn
straffenn, unnd besonder die ubertretter ye zu zei-
ten37 einem burgermeister oder seinem zunfftmeister
furbringen unnd angebennt. Dann eß nit gnugsam,
guotte satzungen unnd ordnungenn uffzurichten,
sonder vylmer an volstreckung der selbigen gelegen.
Wie dann der wyß Demostenes38 sagt, das gute sat-
zungen einer statt wolfardt unnd erhaltung sigenndt
unnd, wo die hinlesig abgonndt39, eß umb denn ge-|
meinen nutz unnd wolfardt schonn geschehenn40.
Deßhalbenn wöllenndt solliches zu hertzen fassenn
unnd ein yeder sein vermögen dahin streckenn, da-
mit guotte ordnungen, cristliche satzungen unnd
pollecey mag erhalten werdenn. Daran erzeigen ir

35 Beschlossen, s. FWb 1, Sp. 1442f.
36 Davon Abstand nehmt, s. FWb 1, Sp. 400.
37 Stets, s. FWb 8, Sp. 337f.
38 Von Demosthenes (384/3-322 v. Chr.) ist ein Corpus von
insgesamt 60 Reden überliefert (die berühmtesten sind
die Philippischen und Olynthischen Reden sowie die ge-
gen seinen Rivalen Aischines gerichteten Ansprachen).
Mit dem Siegeszug des Attizismus wurde Demosthenes
zum „Modell des Redners schlechthin“. Durch die by-
zantinischen Flüchtlinge wurde sein Werk im 15. Jh. in
Westeuropa wieder bekannt gemacht. Vgl. DNP 3,
Sp.466-473.
39 Untergehen, verfallen, s. FWb 1, Sp. 131f.
40 Demosth. or. XXV (= c. Aristog. I), 24 (s. Démosthène,
Plaidoyers politiques IV, ed. Georges Mathieu, Paris
1958, S. 148).

243
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften