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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0265
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17. Zuchtordnung 1545

17. Zuchtordnunga
12. November 1545

Wir, der Burgermeister unnd Rhadt der Statt Mül-
hußen, Embieten Allen unnd jetglichen unsern Bur-
gern, Hindersessen, verwandten und inwonern diser
Statt, in was stands, würden und wesens die seind,
Unsern günstlichen gruß, geneigten willen und alles
guts zuvor, Und fügen eüch daby zuwissen:
Als wir uß verkündung des woren, unnbetrüglichen
Gottes wort, Das vorab dem Allmächtigen zu eeh-
ren und unser selbs besserung noch heyliger Bybli-
scher geschrifft, unangesehen einicherley ungunsts,
so uns dorab zugestanden1, In unser Statt bys här
geprediget worden, Unser und der unsern ergerlichs,
vihisch leben wargenommen und under augen gezo-
gen, Doruß wir billich bewegt, solchs (so vil uns) uß
Oberkeits- und Christlichen ampts pflichten zuver-
bessern Und eins frums, Erbares wesen by denn
unsern zupflanzen, Deßhalben dan verwylter ja-
ren2, zu Abstellung der selbigen ergerlichen un-
tugenden und offendtlichen lasteren, uß Christli-
chem yffer Eben manig Mandat und Gebot, Be-
sonder das grusam, unmenschlich Gotzlästern,
zutrincken und spylen, Auch andere mer belangen,
uß gon lassen, der endtlichen zuversicht, sy würden
mehr frücht gebrocht haben, so befünden wir leyder,
das solche unser Christliche ansehen3 von ettlichen
halßstarrigen, muthwilligen, verstockten und vihi-
schen menschen nit allein ring geachtet, Sonder mit
verhengtem zoum4, unangesehen Gottes und unserer
stroff, überfaren5 und frävelichen verbrochen wor-
den, Derwegen unß also styl schwygen fürzugon und

a Textvorlage (Einblattdruck): AM Mulhouse Nr. 4360.
Ein weiteres Exemplar des Einblattdrucks findet sich
ebenda unter Nr. 4361.
1 Zuteil geworden, zugestoßen, s. Grimm, DWb 32,
Sp. 422.

disen ungehorsamkeiten witters Statt zugeben nit
gezimmen, Sonder für nutz und gut ansehen wellen,
damit solchem übel begegnet, Unsere hievor uß-
gangne Mandaten zu erneüwern unnd wider in ge-
dächtnuß zubringen, Wie wir sy dann hiemit uff
nachvolgende meinung im nammen Gottes erneu-
wert haben wellen.
Gotzlesterung belangen
Des ersten, welcher hinfür, er sy hoch oder nider
statz, frömbder oder heimscher, man oder frauw,
jung oder alt, by Gottes krafft, macht, allmächtig-
keit oder by unsers lieben herren und erlösers Jesu
Christi sacrament, marter, wunden, lyden, fleisch,
blut, element oder der glichen schweren wirt, Der
nächst, so solche Gotzlesterung höret, soll den, so
also geschworen hat, trüwlichen warnen. Wo und
aber der über beschehen warnung witthers lesterte,
sollend die das gehört by geschwornem eydt ruegen
und anbringen6. Als dann wellend wir den gotz-
lesterer jeder geschicht noch so an seinem leben, lyb,
eer oder gut stroffen, Oder [er] mus sein gotzleste-
rung und sündt offendtlichen in der kirchen vor
meniglichem7 bekennen und Gott umb verzichung
bitten.
Wo auch die jhenigen, so solche gotzlesterung
hörtenn, in warnen und angeben varlessig sein wur-
den, die sollend von unß hertigklichen gestrofft und
niemandts verschondt werden.

2 In den vergangenen Jahren, s. Grimm, DWb 25,
Sp.2175.
3 Verordnungen, Beschlüsse, s. FWb 1, Sp. 1436f.
4 Vgl. die Erläuterungen unter Nr. 16, Anm. 10.
5 Mißachtet, übertreten, s. Grimm, DWb 23, Sp. 196.
6 Melden, anzeigen, s. FWb 1, Sp. 1012.
7 Jedermann.

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