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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0310
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Die Grafschaft Lippe

Dieser Band wurde 1564 zusammengestellt. Am Schluss findet sich ein Blatt mit den eigenhändigen Unter-
schriften der im Ausschreiben von 1559 genannten Personen, die mit der Durchsicht der Kompilation
betraut waren.95 Im Gegensatz zur Zeremonien- und Zuchtordnung (Nr. 4a, 4c) ist die Ordinationsordnung
(Nr. 4b) in keinem der beiden Ausschreiben erwähnt. Dennoch muss auch sie als ursprünglicher Teil der
Sammlung angesehen werden, denn sie befindet sich in dem Faszikel erstens zwischen der Zeremonien- und
der Zuchtordnung, sie beginnt zweitens wie die Zeremonienordnung mit „Volget...“ und sie stammt drittens
von der gleichen Hand wie die Zeremonien- und die Zuchtordnung.
In allen drei Regelwerken finden sich Korrekturen und Ergänzungen von einer anderen, aber stets der
gleichen Hand. Hieraus ergibt sich, dass es sich beim Haupttext um den 1559 angelegten handelt und die
Korrekturen und Ergänzungen die Überarbeitung aus dem Jahr 1564 darstellen. Da die nachträglichen
Einzeichnungen vielfach flüchtigen Charakter besitzen oder später wieder gestrichen wurden, sind nicht alle
Zusätze eindeutig zu entziffern. Zweifelhafte Lesarten sind in unserer Edition durch „(?)“, unleserliche
Stellen durch „[...]“ gekennzeichnet. Ergänzungen, die später wieder gestrichen worden sind, wurden nicht
berücksichtigt.
Während die Zeremonien-, Zucht- und Ordinationsordnung also von derselben Hand geschrieben wur-
den, stammen die beiden Ausschreiben sowie die Kirchenordnung von 1538 von einer zweiten Hand. Ein
Druck des gesamten Ordnungswerks, wie er im Ausschreiben von 1564 angekündigt wurde, ist nicht über-
liefert, er wurde vermutlich auch nicht realisiert.96 Da sich Corvinus im Frühjahr 1542 in Lippe aufhielt und
in dieser Zeit die „Ordinanz“ (Nr. 3) verfasste, dürften auch die Zeremonien-, Ordinations- und Zuchtord-
nung bei dieser Gelegenheit entstanden sein.
Die Zeremonienordnung (Nr. 4a) beschreibt den Ablauf der Gottesdienste, des Abendmahls, der Taufen
und Nottaufen sowie der Begräbnisgottesdienste. Ferner nennt sie die gültigen Feiertage und beschreibt die
Seelsorge im Spital, geht auf die Versorgung der Pfarrerwitwen und -waisen ein und regelt die Möglichkei-
ten der Eheschließung unter Verwandten. Die Ordinationsordnung (Nr. 4b) lehnt sich leicht an Luthers
„Formula ordinandorum“97 an. Die Zuchtordnung (Nr. 4c) befasst sich mit Schwören, Fluchen und Got-
teslästerung, Vergehen gegen das vierte Gebot, Ehebruch, Hurerei und Kuppelei, Trunksucht und Völlerei,
Kindtauf- und Hochzeitsmählern, Wucher, Zauberei und Wahrsagerei sowie dem Bettelwesen.98
Neben der Fassung innerhalb des zusammengebundenen Heftes ist die Zuchtordnung auch noch in einer
Abschrift innerhalb der Aufzeichnungen des Horner Pfarrers Johannes Wilhelmi überliefert.99 Dieses
Exemplar weist keine Korrekturen und Ergänzungen von jüngerer Hand - also von 1564 - auf, Johannes
Wilhelmi hatte demnach die Fassung von 1559 in Gebrauch. Dieser Befund unterstreicht, dass der 1564
geplante Druck der Ordnung nicht realisiert wurde, zumal 1564 die völlige Neukonzeption der Kirchenord-
nung ins Auge gefasst wurde (siehe Nr. 6).

95 Die Unterschriftenliste muss zur Fassung von 1559 gehö-
ren, da von den Unterzeichnern Michael Jakobinus seit
1562 nicht mehr als Pfarrer in Korbach tätig war. Auch
Johannes Wilhelmi war nur bis 1560 Hofprediger in
Brake. Die Unterschriftenliste wurde in unserer Edition
dem Ausschreiben von 1559 zugeordnet. Vgl. auch die
Abbildung in Fitzner, Entscheidungsjahr, S. 48.
96 Allerdings finden sich in der Zeremonien- und in der
Zuchtordnung auf einzelnen Blättern Einzeichnungen, die

möglicherweise Druckbögen markieren, so in der Zere-
monienordnung, fol. 59r: a; fol. 63r: B; fol. 70r: D; in der
Zuchtordnung, fol. 78: C.
97 Abdruck in Sehling, EKO I, S. 26f.
98 Prieur, Im Auftrag, S. 44 Anm. 34; Wolf, Einfluß,
S. 95f.; Butterweck, Geschichte, S. 439.
99 LAV NRW OWL, L 65 Nr. 4, fol. 136r-145r. Siehe unten,
S. 361 Anm. a.

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