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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0059

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Kirchenordnung Joachim’s II. von 1540.

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andern seinem nachbar lassen wollte. Ferner soll
im auch der junkher oder sein lehenherr auch
craft oder lauts seiner vorleiung nicht zwingen
noch dringen.
Zum zehenden sollen die testament und ge-
stifte bei dorfkirchen und in capellen in die
gottesheuser verordnet und sonsten keines welt-
lichen zu ihrem nutz zugestellt werden.
Zum eilften sollen sie allen dorfpfarrern, auch
denen in fleken, mit ernst den catechismum auf
alle sonntage durchs jahr auszupredigen befelen,
damit das arme gemeine volk sampt der jugent
also reichlich und stets vorsorget, ein summ christ-
licher lehre begreifen haben und durch solche so
leichte wege zum Vorstand der andern predigten
und erkentnuss Christi zum ewigen leben kommen
mag. Dass sich auch die pfarrherrn hierbei zu
vieler muhe und das volk zu vieler und zu
schwerer predigten nicht zu beclagen, sollen sie
alle sontage nach essens denselben catechismum
durch alle vier stuk nur nach dem text einmal
oder dreie fein langsam recitiren und um ge-
schiklikheit zuvor einen reinen christlichen deutz-
schen psalmen oder zwene singen und nach dem
catechismo zum beschluss einen.
Zum letzten sollen sie den pfarrhern befelen,

das sie es nicht ungeclagt lassen sollen, wan sie
von den halsstarrigen pfarrkindern um ire straf
in predigten oder in der beichte gethan, offentlich
gescholten, gelestert und vorfolget werden, damit
sie gestraft und sovil muglich, solch laster ab-
gethan und gottes zorn in solchem fall nicht
wissentlich vorursacht werde. Dann mit solchem
schelten um des predigens und strafens willen
wirt nicht die person allein, sondern Christus
unser herr selbst gelestert und vorfolget, welchs
christen nicht gezimet zuzusehen. Es sollen sich
auch die visitatores bemuhen, bei den kirchspielen
zuerhalten, das ein inventarium in einer jeden
pfarr aufgerichtet werde und zu einer iden pfarr-
kirchen die ganze biblia, doctor Martini seligen
hauspostill und der grosse catechismus muge er-
zeuget und also wie ein inventarium bei einer
jeden pfarr gelassen werden.
Könten nun unsere vorordenten bei denen
von stedten dergleichen vorgleichung und vor-
ordnung machen, das segen wir auch um sovil
desto lieber.
Datum Custrin , mit unserm marggraf
Johansen zu Brandenburg aufgedruktem secret
besigelt, am sontage nach Simonis und Jude,
anno 51.

3. Kirchen-ordnung im churfurstenthum der marcken zu Brandenburg, wie man sich beide mit der leer
und ceremonien halten sol. 1540.
[Nach dem Originaldrucke von 1540. Vgl. oben S. 8.]

Vorrede.
Von gottes gnaden, wir Joachim, marggraf
zu Brandemburg, des heiligen römischen reichs
erzkammerer und chürfurst zu Stettin, Pomern,
der Cassuben, Wenden, und in Schlesien zu
Crossen herzog, burggraf zu Nurmberg und fürst
zu Rügen, entbieten allen und jeden unterthanen
unsers churfurstenthums, geistlichen und weltlichen
unsern gunstliclien grus zuvorn. Liebe getreuen,
demnach nu mehr ein lange zeit, viel und manch-
feltige irthum, misbreuch und zwispalten, in der
heiligen christlichen kirchen eingedrungen und
ganz erschrecklich fur und fur zugenomen und
gewachsen, die römische keis. maiestat, unser
allergnedigster herr, viel gnedigstes, treulichs,
vaterlichs und embsigs fleisses neben andern
christlichen heuptern und potentaten angewand,
die ding dahin ziehen wollen, wie durch christ-
liche, fügliche und angenehme mittel, ein bequeme
arznei troffen und gefunden, damit solchem ubel
und erschrecklichen misbreuchen, mit zeitigem,
guten rath abgeholfen und richtige gebürliche mas
gegeben, und auch wir fur uns, on ruhm, je und
allweg von anfang und in zeit unserer regirung,
alle unsere sinn, gemüt und herz, dahin ge-

wendet, damit ein mal solchs löblichs und christ-
lichs furhaben, zu vergleichung unserer heiligen
religion in das werck bracht, fortgesetzt und ge-
schlossen würde, solcher zeit anher in hohen be-
girden erwartet, unsere unterthanen, nicht on
geringe beschwerung aufgehalten. So wir aber
itzt vermercken, spüren und befinden, das der
hohe und ernste, keis. maiestat angewandter treuer
fleiss, wider alle hoffnung, on frucht und vergeb-
lich ausgangen, und ferrer, zu einem general oder
gemeinen christlichen concilio, welches doch auf
langwirig erwartung stehet, und von den hohen
personen, die es billich zubefordn schuldig, mehr
geflohen denn fortgesetzt, geschoben, den ange-
fangen, verdruckt denn ausgericht, und der römi-
schen keis. maiest. gnedigster und wolmeinender
wille bei den selben mehr ungeachtet den an-
genomen, so bald kein Vermutung ist, sind wir,
als der christlich churfurst, da wir aus göttlicher
versehung zu der hoheit, eminenz und dignitet,
dem vorseien, und regirung unserer unterthanen
und lande berufen, in betrachtung unsers ampts,
und schuldigen pflichte, damit wir der göttlichen
allmechtigkeit verbunden und zugethan, auch das
die stunde des tods, und wenn der hausvater (das
 
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