Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0146
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
128

Das Herzogthum Preussen.

verordneten nicht allein, wie die sachen ver
glichen, mit wissenschaft, sondern auch ob etwan
dieselben irrungen sich wiederumb regen würden,
desto bessere nachrichtung haben. Wann nun
diese oder andere sachen, wie auch da der in-
spector wider einen pfarrherr oder schuldiener zu
klagen, et contra, vor das konsistorium gelangen,
sollen die assessores vor allen dingen die parthen
mündlich hören und was vorgebracht, durch den
notarium fleissig protocolliren und verzeichnen
lassen, dabei versuchen, ob die parthen gütlich
und freundlich doch durch solche mittel, welche
nach gestalt der sache sich leiden wollen und
keinestheils gewissen beschweren, zu vertragen.
Da aber nach wichtigkeit der sachen in einer
oder der andern audientz vermerket, dass keine
gütliche vergleichung bei den parthen statt haben
will, alsdann soll man auch nicht länger in der
handlung wegen der sühne säumen und vergeb-
liche zeit damit zu bringen, sondern wenn die
assessores aus solchem mündlichen vorbringen
genugsam bericht eingenommen und keines ferneren
einbringens, zeugnissen und anderes von nöthen,
zu kürzung der sachen, alsbald den unschuldigen
theil absolviren und den schuldigen in gebührende
strafe nehmen. Befinden aber die konsistoriales
die sachen der wichtigkeit, dass mehrers beweises
und ausführung von nöthen, und dass sicherer,
den ganzen handel schriftlich zu verfassen, mögen
sie alsdann die klagen in schriften annehmen und
ferner ordentlich und doch summarie ohne zu-
lassung unnöthiger dilatorien, exceptionen und
dergleichen usque ad sententiam procediren und
soll jedes theil zum meisten mit drei sätzen,
darunter aber auch alle probationes und be-
weisungen, wie die nach gestalt der sachen für-
kommen und nöthig seind , sollen begriffen sein,
zum urtheil schliessen. Die termine zur einlegung
der rechtsätze haben die konsistoriales pro qualitate
causarum doch zum längsten von 6 wochen zu 6 wochen
anzusetzen, darauf dann endlich ergehen soll, was
recht ist. Die rechtsätze sollen allzeit gedoppelt
eingelegt oder übergeben werden, damit sonder-
lich die fremden wegen der abschrift nicht lang
aufgehalten, auch mit ihrer antwort soviel ehe
fertig werden mögen, inmassen es dann bei allen
der löblichen chur und fürsten Augsburgischer
confession wohlbestellten konsistoriis christlich
und heilsam gehalten wird. Wir wollen auch
hinfüro niemand gestatten, dass er abwesend allein
durch schriften seine sache beim konsistorio aus-
zutragen sich unterstehn sollte, sondern wer für
das konsistorium geladen, soll selbst persönlich
vor demselben erscheinen, oder da er durch leibes-
schwachheit oder andere rechtmässige ehehaft ver-
hindert, durch einen vollmächtigen der sache
ordentlich abwarten. Die sentenz und urtheil

aber sollen nach der heiligen schrift, auch nach
den gemeinen und in diesen landen gebräuchlichen
und üblichen rechten, wie vorhin, also auch hin-
füro gesprochen werden, in wichtigen händeln
aber sollen die konsistoriales allwege unseres
rathes sich erholen. Dieweil auch in ehesachen
und andern dergleichen fällen etliche vornehme
theologen, Lutherus und Philippus, aus der heiligen
schrift etliche opinionen, so sich mit den gemeinen
rechten nicht durchaus vergleichen, gezogen, so
sollen unsere konsistoriales dieselbe auch in guter
acht haben und nach denselben, soviel sie bis
anhero in diesen landen und konsistoriis gebräuch-
lich gewesen, ihre urtheile und abschiede richten
und fassen. Wenn auch in ehesachen bei dem
konsistorio um dispensation nachgesucht würde,
sollen sich die konsistoriales derselben nicht
mächtigen, sondern solche jederzeit an uns ge-
langen lassen und fernem bescheids darauf er-
warten. So aber in religions und glaubenssachen
(welches gott gnädiglich abwenden wolle) streit
oder irrungen vorfallen sollten, sollen die kon-
sistoriales bald wach sein, verdachte personen
auch unersucht ex officio, zeitig und unsäumiglich,
eher das feuer überhand nimmet, vor sich er-
fordern und da sie nicht richtig befunden und
sich gleichwohl in der güte nicht wollen weisen
lassen, oder aber die konsistoriales sammt den
examinatoribus sich zu wenig zu derselben sache
befinden würden, sollen sie die förderlich mit
allen umständen an uns bringen, da wir ihnen
dann etwa mehre personen zuordnen, oder aber
nach erheischung der nothdurft einen general
synodum von gelehrten, gottseeligen unpartheiischen
leuten convocirem, nach desselbigen einhelligen
christlich erkenntniss und schluss procediren, und
also, soviel uns immer durch gottes gnade möglich,
' grösser unheil zu verhüten und dem uebel vor-
j zukommen und zu wehren, an unser väterlichen
sorg und treuem fleiss nichts erwinden lassen
wollen.
Von c i t a t i o n oder ladungsbriefen.
Alle citationes und ladungsbriefe sollen auf
ansuchen der partheien in gemeinen geringen
sachen von dem präsidenten oder eherichter, in
wichtigen händeln aber mit rath und gutdünken
der andern konsistoriales gefertigt und ausgegeben
werden. Und damit die unterthanen der citation
halben nicht vergeblich reisen oder bis auf ordent-
lichen gerichtstag lang warten dürfen, sollen die
pastores, sonderlich auf dem lande, dem volke
von dieser anordnung bericht thun, dass da etwann
personen vor dem konsistorio etwas zu klagen
oder zu suchen, dass dieselben, damit sie nicht
ungehört und ungeschaft wieder abziehn müssen,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften