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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0391
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Klosterordnung von 1569.

375

sed charitatis affectu zugehen möge. Aber solche
notoria und offenbare sünden, dadurch viel leute,
oder eine ganze gemeine, kirche und versamlung
geergert und geunehret wirt, als geschehen durch
den blutschender zu Corintho, haeretici, gottes-
lestere, verfolger des göttlichen worts, und
frommer, gottseliger, treuer prediger, öffentliche
totschläger, meineidige, überzeugte und be-
kante ehebrecher. Solche sünde, die mit keinem
schein können geleugnet werden, die mag man
auch öffentlich strafen nach der lehr Pauli ad
Timoth.: die da sündigen die strafe vor allen,
auf dass sich die anderen davor scheuen.
Es werden aber auch offt und vielmals von
der cantzel sünde gestraft, und personen an-
getastet, do keine sünde ist, vieleicht auf loser
leute heimblich angeben, zutragen und verleumbden,
die auch keiner sünde überzeuget sein, noch dass
durch die predicanten mit denselbigen angegebenen
personen auf vorgeblichen vordacht, heimblichen und
besonders geredet worden, sondern wieder sie als-
bald auf der cautzel verfahren wird, unangesehn,
dass sie unschuldig sein. Dass heisset nicht bauen
noch bessern, vielweniger das strafambt recht
füren, sondern aus ungrund oder falschen wahn
sine causae cognitione schmehen, lästern und
schänden , welches unrecht und wieder die liebe
des nechsten ist, dann sol man strafen, so muss
sünde vorhergehen, et coarguere praesupponi
peccatum.
Ist aber kein peccatum , so kan auch kein
straf der sünden sein. Solches machet wiederwille,
unruhe und unfrieden in der kirchen, ist dem
ministerio selbst nicht rühmlich, weder alhier
noch in andern benachbarten kirchen, machet
e. erbarn rat viel mühe und unlust, dessen
sie sonsten wohl überhaben sein könten.
Wan nun dergleichen fälle vorfallen, sollen
sie nicht alsbalt auf die cantzel odiose gebracht,
sondern den herren burgermeistern angemeldet, und
der leute anbringen oder ursach des verdachts
angezeiget werden, damit die causae cognitio da-
rüber ergehe, oder da es von nöten die purgatio
canonica angestellet werde, welche fälle dann die
herren des ministerii in ihren distinctionen aus-
gelassen, aber alhier gereget werden müssen, weil
dieselbigen viel unruhe angestiftet, darauf auch das
iüngste decretum gerichtet worden.

Hieraus hat nun allenthalben ein ehrwürdig
ministerium zuverstehen, was e. erbarn rats
meinung sei, wie das strafambt sicher und behut-
sam zuführen, in notoriis und heimblichen sünden,
auch do noch keine sünden sein noch erkant, und
doch gestraft werden wollen, welches alles ihres
erachtens wieder gott und sein heiliges wort
nicht ist, noch mit warheit gedeutet werden kan.
Daraus auch ein ehrw. ministerium die declara-
tion leichtlichen zunehmen, wie, welcher gestalt, und
mit was massen die personal notation zugebrauchen,
in was fällen das sünde strafen vor schmehen und
lästern zuhalten, und dann auch in was fällen die
herren burgermeister propter causae cognitionem,
und sonsten umb hülf bei den halsstarrigen anzu-
langen sein sollen. Nicht aber, das man begehre
criminal oder andere poenal händel anzumelden,
oder die beichte zueröffnen, und wird ein ehrw.
ministerium ihme solche erklerung nicht zuwieder
sein lassen, dann solches nicht gemeinet dem straf-
ampt einigen eintrag zu tun, sondern das es
alles in der kirchen ordine et legitime cum causae
cognitione, und nicht nach eines ieden gutdünken
und gefallen zugehen möge, und wie solches christ-
liche obrigkeit in ihren kirchen mit, und nicht
wieder gott und sein wort löblichen anzuordnen,
und von vielen angeordnet ist, also wil es e.
e. rat, friede, ruhe und einigkeit zwischen
dem ministerio und zuhörern zu stiften und zu-
erhalten gleicher gestalt und nicht anders ge-
bühren, so fern sie ihrem aufliegenden ampt gnug
tun sollen, darüber sie aller christlichen kirchen
erkentnüs dulten und leiden können. So
werden sich auch demnach ein ehrw. mini-
sterium ohne fernere disputation darnach gehor-
samlichen zu richten und zuverhalten, und die
pastores und ältesten die iüngsten darzu zuver-
mahnen haben, auch sonsten e. e. rat zu anderem
einsehen nicht ursache geben, noch geben lassen.
Dess zu urkund haben wir unser stadt signet
hierunter aufgedrücket.
Signatum, Lübeck, den 13. decembris, anno
1588.

Sigil.
Rats decret dem ministerio gegeben.

1588.

71. Ordnung des Klosters St. Johannis Evangelistae in Lübeck. 1569.

[Auszug nach dem Drucke von 1667.
Einleitung.

Vgl. oben S. 333. ]
I.

Der Rath will das Kloster als „Christliche
Zucht und Lehrverhaltung“ für junge Mädchen
reformiren.

Erstlich von predigen und christlichen
kirchenübung in der versamblung.“
Alle Sonntage und Feste früh von 7 — 8, und
 
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