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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0477
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Das Land Hadeln.

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Versuch, die lauenburgische Kirchenordnung von 1585 auf Hadeln auszudehnen, energisch ver-
theidigte, worüber unten ein Mehreres zu sagen ist.
Bereits am 2. Juli 1526 wurde eine Kirchenvisitation zur Durchführung der neuen
Lehre vorgenommen. Vgl. darüber Müller, a. a. O. S. 28 ff.; Gerss, a. a. O. S. 307.
Im Zusammenhang mit dieser Visitation wurde auch die erste Kirchenordnung für das
Land erlassen. Über die Geschichte der Ordnung weiss man sonst nicht viel. Hadeleriologia
S. 79 schreibt: „Und damit sie (d. h. die 1526 eingesetzten zwei Visitatoren) etwas gewisses
hätten, wornach sie die Ceremonien und andere den Gottesdienst angehende sachen im lande
einrichten könten, so wurden ihnen durch die niedersächsischen räthe und dem herrn Greven
des landes Hadeln, Balthasar Wresteden, eine löbliche kirchenordnuug von vornehmen theologen
gestellet und insinuiert.“ In einer mir in einer Handschrift des St.-A. Hannover (H2) vor-
liegenden „Chronica etc. in dem Lande Hadeln durch Eberhardum Dancklevium Holsatium,
Ao. 1618“ wird als Verfasser Magister Johann Berkhausen genannt. Als Entstehungsjahr wird in
allen älteren Quellen, so z. B. in der offiziellen Bestätigung der Ordnung durch die Constitution
Herzogs Augustus von 1624 das Jahr 1526 genannt. Gerss, a. a. O. S. 310 hält dieses Jahr
für verfrüht, und nimmt 1529 an. Der Hauptgrund, den Gerss gegen 1526 anführt, nämlich
die Aufzählung von Büchern, die erst später entstanden seien, spricht aber auch gegen 1529,
denn die Schrift von Urbanus Rhegius, De modo cante loquendi erschien erstmalig 1535 im
Drucke. Auch was Gerss sonst gegen das Jahr 1526 und für 1529 anführt, ist nicht durch-
schlagend; denn wir haben in der uns erhaltenen Gestalt nicht die erste Fassung, sondern
eine spätere Überarbeitung vor uns. Man hat die Existenz dieser ersten Ordnung von 1526
bezw. wie Gerss will, 1529 überhaupt angezweifelt Aber wie Gerss mit guten Gründen
zeigt, mit Unrecht.
Wie weit die Überarbeitung gegangen ist, ist natürlich mangels Kenntniss der ersten
Fassung schwer festzustellen. Gerss vermuthet, dass die ersten fünf Hauptstücke (welche
Verwandtschaft mit der braunschweigischen Ordnung aufweisen) unverändert blieben bis auf
einige Zusätze und Änderungen im ersten und fünften Hauptstücke, während ein ganzes sechstes
Hauptstück neu hinzukam; auch die höchst ungeschickte, und mit der ursprünglichen Struktur
unvereinbare Kapiteleinteilung sei auf diese Überarbeitung zurückzuführen. Ich lasse das
dahingestellt.
Auch das Jahr der zweiten Redaktion steht nicht fest. Gerss nimmt 1541 oder 1542
an; aber ohne durchschlagende Gründe. Aus dem Inhalte ist nur zu ermitteln, dass sie
nach 1535, dem ersten Druckjahr der Schrift des Urbanus Rhegius liegt. Da sie bestimmt noch
in die Regierungszeit Herzogs Magnus fällt, so liegt sie sicher zwischen 1536 und 1544. Ein
weiterer Umstand verdient aber Beachtung, auf den auch schon Richter, Kirchenordnungen
2, S. 72 hingewiesen hat, dass die Hadelner Ordnung nämlich in der uns erhaltenen Gestalt vielfach
derart wörtlich mit der schleswig-holsteinischen Kirchenordnung von 1542 übereinstimmt, dass
eine Benutzung ohne Zweifel vorliegt. Nach der Lage der Dinge kann nur die schleswig-
holsteinische Kirchenordnung die Vorlage gewesen sein. Zwar weist Gerss, a. a. O. S. 312
darauf hin, dass die Schleswiger lediglich eine Übersetzung der dänischen Kirchenordnung von 1537
gewesen sei, und dass sich für das Jahr 1537 persönliche Beziehungen von Hadeln nach Däne-
mark nachweisen lassen. Es ist aber nicht richtig, dass die Schleswiger Ordnung nur eine Über-
setzung der dänischen gewesen sei (vgl. Sehling, Kirchenordnungen, Bd. VI, unter Schleswig-
Holstein), und ausserdem kann man die wörtliche Übereinstimmung bei dem lateinischen Text
der dänischen Ordnung nicht erklären. Wenn also die Hadelner nicht eine der Vorlagen für die
Umarbeitung der dänischen Ordnung für Schleswig-Holstein, die seit 1540 beginnen, benutzt
haben, so können sie nur die definitive Fassung von 1542 benutzt haben. Wir setzen also
wohl am besten die zweite Fassung der Hadelner Ordnung in das Jahr 1542. (Die Vorlage
 
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