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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0113
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Kirchenordnung 1569

artickeln anleitung gegeben werden, wie man
die irrige, falsche meinung, abgötterey, aber-
glauben und mißbreuche des bapsthumbs mit
christlicher, gebürlicher bescheidenheit auß gu-
tem grunde der schrift den leuten nehmen, sie
darvon abfüren und an derer statt reine lehre,
rechten brauch der sacrament und wahren got-
tesdienst pflanzen müge, wie dann eben auß
den ursachen D. Urbanus Regius vor der zeit an
die benachbarte kirchen ein gar nützlich büch-
lein geschrieben hat: De formulis caute et citra
scandalum loquendi de praecipuis christianae
doctrinae locis 32. Zum andern, weil leider jetzi-
ger zeit viel certamina de doctrina gereget und
mancherley corruptelae unter dem namen und
schein der augspürgischen confession unter die
leuthe außgesprenget und vertheidiget werden 33,
von welchen die pastores oft ungleich und
widerwertig judicieren und reden, das nun die
kirchen dieses fürstenthumbs in angehender re-
formation nicht geturbieret und etwa corrup-
telae mit eingeschleift möchten werden, soll
darvon kurzer bericht geschehen und den ein-
feltigen pastoribus anleitung gezeiget werden,
wie sie auß dem fürbilde der reinen lehre und
gesunden wort, in corpore doctrinae begriffen,
suchen und nemen sollen refutationes corrupte-
larum und daran probieren und unterscheiden
veram boni pastoris vocem et alienam vocem,
welches da sey die rechtschaffene stimme eines
guten hirten und welche da sey ein frembde
stimme [Joh 10,4 f.], in massen wieviel reiner
wolgeordenter kirchen, heilsame lehre zu be-
wahren und allerley corruptelas außzusetzen
und abzuhalten, gethan haben. Zum dritten wird
solcher bericht auch dazu dienen, das nicht
allerley frembde undienstliche und unnötige dis-
putationes und contentiones in die kirchen dieser
lande eingefüret und dadurch arme gewissen,
so noch mit dem bapsthumb verwirret, möchten
geergert und betrübet werden.

32 U. Rhegius, Form. caut. loqu., Wittenberg 1535,
deutsch: Wie man fürsichtiglich reden soll,
1536. Ausgabe durch seinen Sohn Ernst: Opera
lat. 1562, I, fol. 76 ff. Neuausgabe des dtsch.
Textes v. A. Uckeley, 1908. Die Schrift ist in

Letzlich, wenn die forma doctrinae also allent-
halben geleutert und bewahret wird, so sind
alle sachen und hendel in ministerio ecclesiastico
viel leichter und richtiger. Dann da jemands ,zum
ministerio soll bestellet werden, so wird ihm
das corpus doctrinae mit angehefter declaration
fürgelegt; und nachdem er sich darauf erklert,
wird er entwedder angenomen oder abgeweiset.
Und do darnach jemand sich dem nicht gleich-
förmig und gemeß verhalten würde, dürfte man
nicht lang mit ihm darüber disputiren, sondern
man hette einen geweiseten process de simplici
et plano.

Es sollen aber nicht prolixae, integrae et
iustae explicationes alhie instituiret werden, son-
dern sollen nur sein zur anleitung kurze decla-
rationes von etlichen fürnehmen artickeln.

Von Gott.

Es sollen die leute fleissig vermahnet werden,
das sie ihren Gott, wie er in seinem worte sich
geoffenbaret, erkennen sollen lehrnen, denn in
demselbigen wahren erkentniß stehet das ewig
leben, Joh. 17 [3], Und die Gott nach seinem wort
nicht recht erkennen, die helt er für heiden,
uber welche er seinen zorn außgiessen will,
Psalm. 79 [6]; Jerem. 10 [25], Es soll aber auß
klaren zeugnissen der schrift gelehret werden,
das nur ein einiger Gott sey und das eine greu-
liche abgötterey sey, die ehre, welche Gott
alleine gebüret, einiger creatur geben. Jsai. 42
[8]. Und sollen die leute oft berichtet werden,
das sie sich gewehnen sollen, nicht allein soviel
von Gott zu wissen, zu gleuben und zu sagen:
der ewig, lebendig, allmechtig, gütig Gott, der
alles geschaffen hat etc.; denn soviel können
die heiden auch wissen und sagen, sondern wenn
sie gefraget werden, wie sie ihren Gott er-
kennen oder wer unser Herrgott sey, das sie ein-
feltig antworten, es sey Gott Vater, Sohn und
heiliger Geist, dann auf den glauben seind wir

das corpus doctr. Wilhelm. für Lüneburg und

in das corp. doctr. Jul. für Wolfenbüttel und

Calenberg-Göttingen aufgenommen.

33 Vgl. S. 91 u. Anm. 28.

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