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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0114
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Wolfenbüttel

getauft, im namen des Vaters, des Sohns und des
heiligen Geistes. Und sollen die gebreuchlichen
reden, so der schrift gemeß und die lehre fein
underscheidentlich erkleren, behalten werden,
nemlich 34 das ein einiges ungetrennetes göt-
liches wesen sey und in demselbigen einigem
wesen drey unterschiedene personen: Gott Va-
ter, Sohn und heiliger Geist, eines wesens, glei-
cher macht und herligkeit, und das gleichwoll
der Vater nicht sey der Sohn, item der Sohn
sey eine andere person dann der heilige Geist.
Und sollen die leute fein deutlich und beschei-
dentlich underrichtet werden, wie sie eine jede
person der heiligen dreyfaltigkeit erkennen, an-
ruffen, loben, danken sollen, also, das wenn sie
gefragt werden, ihren glauben fein einfaltig
von einer jeden person der heiligen dreyfaltig-
keit bekennen und erkleren können, wie solche
lehre in den symbolis und in andern schriften
gründlich tradiert wird. Es sollen aber die pre-
diger sich fleissig fürsehen, das sie nicht aller-
ley spitzige disputationes von diesem grossen
geheimnuß der heiligen dreyfaltigkeit 35,vor dem
gemeinem volk ihre kunst dardurch zu beweisen,
regen, sondern bey der einfaltbleiben und das
volk vermanen, das sie fürnemlich in diesem
artickel des glaubens ihre vernunft gefangen
müssen nemen unter den gehorsam des glaubens,
2. Corint. 10 [5], und also von Gott gleuben
und reden, wie er in seinem wort sich geoffen-
baret hat, 1. Corinth. 2 [10]. Und soll diese
ganze lehre dahin gerichtet werden, das die
Christen dieselbige teglich, wenn sie ihr gebett
thun, uben mügen, also anruffen, die güter und
wolthaten bitten, dafür danken dem Vater, dem
Son und dem heiligem Geist, wie die lehre vom
artickel der heiligen dreifaltigkeit solchs auß-
weiset.

Und hie muß die antithesis auch getrieben wer-
den wieder alle alte und neue ketzer, auch was

34 Vgl. Conf. Aug. I, 1 f. Bek. Schr. S. 50.; Apol.,
I, 1 f. Bek. Schr. S. 145.

35 Vgl. FC,EpXII,29. Bek. Schr. S. 826; SD XII,
37 _ 40. Bek. Schr. S. 1099 f. Zur Literatur vgl.
Bek. Schr. S. 1098, Anm. 4.

vielerley grosse abgötterey im bapsthumb ge-
trieben sey worden mit den lieben heiligen, mit
bildern, mit walfarten etc., darauß man gemacht
hat mittler für Gott, versöner, nothelfer etc.,
welch ehre alleine dem Herrn Christo und Gott
gebüret, item, das in den iuramentis die eide ge-
leistet werden nicht allein bey Gott, sondern
auch bey den heiligen, ist ein stück der anti-
christischen abgötterey, denn die ehre will Gott
allein haben, das man bey seinem namen schwe-
re, wo es die noth erfordert, Exo. 23 [24 f.];
Deuteronom. 6 [13] und 10 [20]; Hierem. 4 [2] und
5 [2]; Jsa. 65 [16]. Und sollen die leute zugleich
gewarnet werden, das sie nicht neue abgötter
machen, denn alles, darauf der mensch sein
vertrauen setzet, das er mehr fürchtet und
liebet denn Gott, das ist sein abgott 36, und ist
eine greuliche sünd wieder das erste gebott.

Von der busse.

Das wörtlein (busse) wird in der schrift an
etlichen örtern gebraucht für das erste theil
der bekerung, welches man sonst nennet contri-
tionem, reu und leid, als wenn underscheidlich
genennet werden busse, glauben und früchte der
busse, Mar. 1 [15]; Actorum 20 [21] und 26 [18—
20], an welchen örtern wirds gebraucht für die
ganze bekerung, Hierem. 18 [8]; Ezech. 18 [21]
und 33 [11]; Matt. 4 [17]; Lu. 13 [5] und 15
[10]. Und also wirds auch in gemeiner rede
in der kirchen auf beiderley weise nach gele-
genheit der materien gebraucht, und sollen die
prediger darüber kein wortgezenk anrichten,
sondern den verstand und die meinung ein-
feltig und deutlich erkleren.

Also auch, wenn man busse nennet und ver-
stehet die ganze bekerung des menschen 37 ists
gebreuchlich, das man sagt, die busse habe drey
theil oder stück 38, erstlich reu und leid oder
schrecken des gewissens von wegen der sünde,

36 Vgl. Gr. Kat. 1. Geb., 2 f. Bek. Schr. S. 560.

37 Vgl. hierzu FC,SD V,7. Bek. Schr. S. 954.

38 Vgl. Conf. Aug. XII, 3 — 5. Bek. Schr. S. 64.

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