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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0664
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Lüneburg

holden, dat unse vorfaren ydtsunth nenen ghe-
falle edder gude wyllen scholden darvan heb-
ben, wenn men orhe sake nacht Gades worde
rychteth, dat se doch sulvest ghewyslych ghe-
dann, so se gheleveth hadden dusse tydt.

Darneffen schollen alle Sondaghe de predi-
kers up denn predychstolle tho almyssen nach
dem exempel Pauli Gal. 1 [= 2,10], 1. Cor. 16 [1 f.],
Rom. 15 [25—27] ernstlych vormaneth. So de pre-
dyke eyn ende hefft edder dat ampt, schollen
vorordende dener by denn kerckdoren stann, de
mylden handrekynghe tho entfangende. Me vor-
hyndert de lude am predykenhoren und bedende,
dartho konnen de dener der armen nycht thom
idermanne kamen und nycht eyn idermanne
tho one.

Et ys ock vor de armen, dat me de stadt yn
twe edder dre ferendel 47 dele und eyn ider dele
twe redelyker menner tho vororden, welckor
sust de armen yn dennsulfen ferendel kennen,
wath or handel sy, und dat se alle weken am
Freydaghe edder sust an enen geleghen daghen
herummenghann yn denn armen huseren und
darsulvest der armen nodt und wesenth seen;
so konnen se der armen nha gelegenheyth des
veyles deste beth und starklyke vorsorghen.

Et schollen der armen dener edder diaconi
flytlych leren, eyn ythlych yn synen ferendel,
der wandel und wesenth, wo se leven myth oren
kynderen; so kan men de almyssen deste beth
anlegghen.

Men vyndeth ock vormeten lude under denn
armen, de laten sych thodreghen, ghann slom-
iych 48, drunken, vorteren up enen dach, dar se
dre edder ver van schollen leven, und holden
offte lyden yn erhen huseren vordrethlyke lude.
Dat alle moth men weten und ernstlych straffen,
dat men nycht tho der sunde und godtlosen
levende helpen sterken und tho hulpe gheve. Idt

47 = Viertel.

48 == üppig.

49 = gestatten.

50 Im Kampf um die Einführung der Reforma-
tion hatte die lutherisch gesonnene Bevöl-
kerung mehrfach ihre Ueberzeugung dadurch
zum Ausdruck zu bringen gesucht, daß sie

ys christlych, vyende und frunde gudt donn,
dath ys averst nycht christlych, thom bosen
wetende hulpe und orsake gheven.

Derhalven schal men nycht steden 49, dat de
wyfen und armen menner apenbar up der stra-
ten bedelen, dewyle men er nottroft ynth hus
drecht. Men schall ock nenerley wys lyden, dat
der armen kynderen. grote junghen, grote me-
gede, yn der stadt denn gansen dach vor denn
husen sytthen und modtwyllen dryven. Dar wer-
den boven und bowynnen daruth, de nycht leren
alse bedelen, vul und fressych synn. Sodanne
unnutthe volk werth yn de lenghe ener erbaren
stadt schedtlych und schenthlych daranne synn.
Darum schollen vader und moder ghedrunghen
werden, dat se ohr kynder ock darheyme by
ehrlych arbeyde beholden. So mach one er al-
myssen deste beth erwassen; denn wo se [nicht]
wyllen horsam, tuchtych und erbethsam synn,
schal men se de hulpe beroven unde straffen.

Sanctus Paulus 1. Thym. 5 [16] wyll, dat men
modtwyllyghen armen und stark bedeleren schal
uthmusteren van der ghemeynen kysten edder
hulp, und wyll yn nenen weghen lyden, dat de
christlyke ghemeynte myth sterken bedeleren und
fulen, unnutten luden schall averladen werden.

Eth schollen de armen dartho ock gheholden
werden, dath se am ryngesten des vyrdaghes
dat evangelium horen, so leren erhe krutse des
armodes deste duldygher dreghen und werden
ock danchbar Christen, und wo se dat nycht
dorm, dat men de hulpe berove und straffe.

Van kerckenordenynghe.

Erstlych darmede alles yn der kercken ordent-
lych thogha, wo Paulus leret 1. Cor. 14 [40],
schollen de psalmen und geystlych ghesanch
nemand yn der kercken anheven tho synghen,
er dartho vorordenth sy 50, darmede confusionn

in der Kirche nach der im katholischen Geist
gehaltenen Predigt deutsche Gesänge und Psal-
men anstimmte. Besonders beliebt war dabei
„Ach Gott, vom Himmel sieh darein!“ Vgl.
J. G. Bertram, S. 40 ff.; A. Wrede, S. 115,117
ff.; O. Jürgens, S. 87; W. Reinecke II, S. 161 f.

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