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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0678
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Lüneburg

stette vorgebunge aller meiner sunde vorkundigen
und mich mit Gottes worte trösten. Ich vor-
hoffe mein sundliches leben mit göttlicher hulfe
zu besseren.

Nach der vormhanunge höret man den leu-
ten, so des folgenden Sontags zur communion
gehen wollen, die beicht, und wird unter deme
von 2 schlegen bis umb 3 zur vesper ge-
sungen ein psalm, zwen oder drey, und die an-
tiphon von der dominica oder fest, darnegst list
ein knabe das evangelium in latinischer spra-
che, darnegst singt man ein responsorium oder
hymnum de tempore, der da rein ist, und darauf
das Magnificat 36, und wird ein vers umb das
ander uff der orgel geschlagen. Zum mehren-
teil wird auch zu S. Johan eine mutet 37 de tem-
pore gesungen und darauf das Benedicamus
Domino 38. In grossen festen als nativitatis,
Pascae, Pfingsten, himmelfart etc. singet man
auch zum complet ein antiphonam, den psalm:
Qui habitat in adiutorio altissimi [Ps 91], item:
Ecce nunc benedicite Domino [Ps 134] etc., ut
latius in Lossii libro 39.

Des Sontage morgens und ahn andern gros-
sen festen leutet man umb vier schlegen in allen
kirchen, ausgenommen zum heiligen Geiste 40,
zur ersten predigt, und weil das volk zusamen-

36 Das allgemein zur Vesper gesungene Canti-
cum Luk 1, 46—55; vgl. z. B. auch S. 401.

37 = Motette.

38 Der übliche Schluß des Stundengebets.

39 Lukas Lossius, Konrektor am Johanneum in
Lüneburg, vgl. W. Reinecke II, S. 177 f., war
der Verfasser einer Psalmodie: „Psalmodia,
hoc est, cantica sacra veteris ecclesiae se-
lecta . . . Jam primum ad Ecclesiarum, et
Scholarum vsum diligenter collecta, et breui-
bus ac pijs Scholijs illustrata, per Lucam
Lossium Luneburgensem. Cum Praefatione
Philipi Melanthonis. Noribergae apud Ga-
brielem Hayn ... M.D.LIII“; vgl. dazu Ph.
Wackernagel, Bibliographie zur Gesch. des
dtsch. Kirchenliedes i. 16. Jhdt. 1855, S. 253 f.,
die Vorrede Melanchthons CR VII, 528 ff. Ps
91 und 134 stehen in der Psalmodie unter der
Ueberschrift „Psalmi quatuor, qui summun-
tur ad Completorium, vt vocant“ an 3. und
4. Stelle, S. 329 ff.

kumpt, hebet der kuster in einer ithlichen kir-
chen eine halbe stunde zuvor ahn mit denen,
so vorhanden seind, etliche teutsche psalmen aus
D. Lutheri buch 41 zu singen.

Zu funf schlegen, so steigt man auf und predigt
auf den grossen festen das evangelion, auf ge-
meinen Sontagen aber recitiret man dem volke
den catechismum von wort zu worten und legt
ihnen darnach eine stucke nach dem andren
aus, und wen man den catechismum ausgepre-
digt hat, so fenget man denselben allzeit von
neuen widerumb ahn, dazu man ohngefehr bey
dreyviertheil von einer stunde nimpt, darnegst
list man das sontagsevangelion und zeiget dem
volke ahn, was sie summarie daraus sollen 1er-
nen und behalten, und nach der predigt singt
man ein teutschen psalmen, so sich auf das
evangelion und die gegenwertige zeit ahm aller-
besten schicket.

Umb 6 schlegen leutet man widderumb
zur metten, da gehen die knaben zu chore, und
uff den grossen festen singet man das Venite
[Ps 95] sampt dem invitatorio nach gelegenheit
der zeit 42 sampt etlichen psalmen und dem Te
Deum laudamus. 43

Umb 7 uhren fenget man das ampt der
messen ahn, da singt man den introitum sampt
dem Kyrie de tempore. Unter deme gehet der

40 Vgl. oben S. 652, Anm. 14.

41 Zu den Gesangbüchern Luthers vgl. WA 35,
315 ff.

42 Der 95. Psalm wurde zur Mette an den ver-
schiedenen Festen auf verschiedene Melodien
gesungen, dazu begleitete ihn ein wechseln-
der Vers mit einer Antiphon, das Invitato-
rium. So wurde zu Weihnachten gesungen:
Christus natus est nobis. Venite, adoremus.
Venite ..., am 1. Ostertag: Halleluja (3mal).
Venite ... Eigentlich ist der ganze Gesang
ein Invitatorium. Vgl. den Psalm bei Lossius,
a. a. O. S. 347 ff., überschrieben: Psalmus
XCV. inuitans nos ad laudandum Deum . . .
Vgl. aie wechselnden Verse ibid. bei den ein-
zelnen Festen, dazu L. Schoeberlein, Schatz
des liturgischen Chor- u. Gemeindegesangs I.
1865, S. 542.

43 Wackernagel I, Nr. 26.

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