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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0250
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Northeim

dieweils kein geringe kunst ist, wissen, das der
tag des tods, wie die schrift bezeugt, besser
denn der tag der geburt ist, Eccl. 7 [1].
Was man bisher von solchem begraben dem
kapellan, schulmeister und opferman gegeben,
sol hinfurt auch gegeben werden, doch mit dem
gedinge, das die armen, so selbs notürftig sein
und ihren kindern das brod aus dem munde
nicht abzihen und andern geben können, in
diesem fall unbeschweret und unbetrübt bleiben.
Es sollen auch vigili, seelmess, begengnus, wie
alle andere winkelmess und unchristliche ge-
senge, einmal fur alle mal abgethan und ab-
geschafft sein, dieweil am tage und bisher
gnugsam erstritten ist, das solche falsche gotts-
dienste dem hochwirdigen und seligmachenden
worte Gottes zuwider und derhalben in der
kirchen, so allein das wort ihres rechten und
erzhirten Christi haben, hören und annemen sol,
nicht zu dulden sein. Es heisset in diesem fall:
Meine schaff hören meine stimme, Jo. 10 [27].
So haben wir hie bevor, wie die mess oder
nachtmal gehalten werden solle und müsse, der-
massen angezeigt, das wir verhoffen, es sollen
sich frome herzen in diesem fall nu weiter
wol unbekümmert lassen.
Von gemeinen oder armenkasten.
Es hat unser Herr Christus und volgendes
die lieben apostelen allezeit grosse sorge fur
arme leut getragen. Und hat auch zwar ein
christgleubiger, wenn man die sache recht be-
sihet, nicht geringe ursach, seine gottseligkeit
zu beweisen an armen leuten, wenn er ihm in
solchem fall die lere Christi und der apostelen
allezeit fur die augen stellet und auch nach-
volget. Denn Christus sagt nicht vergeblich [Mt
25, 40]: Was ihr einem von den geringesten thut,
so an mich gleuben, das habt ihr mir selbs ge-
than. Wird auch an jenem tage, wie du Matt. 25
[35 f.] sihest, also zu uns sagen: Ich bin hun-
gerig gewesen, und ihr habt mich gespeiset. Ich
bin dürstig gewesen, und ihr habt mich ge-
trenkt. Ich bin nacket gewesen, und ihr habt
mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr
habt mich heimgesucht. Ich bin gefangen ge-

legen, und ihr seid zu mir gangen etc. Ja, solche
wolthat, umb Christus willen armen leuten er-
zeigt, sind die rechtschaffene, gute werke, so
dem Christen zu thun und zu uben geboten und
befolhen sein, Matt. am 5. [42],
Solchs haben sere wol gewust die lieben
aposteln; denn aus der epistelen zun Gala. am
2. [2-10] sihet man, das die grösseste sorge, die
sie nehest dem predigampt gehabt, fur die ar-
men gewesen ist. Erstlich handlen sie daselbs
in sachen, das wort belangen, also, das Jacobus,
Kephas und Johannes unter die beschneidung,
Paulus aber und Barnabas unter die heiden
predigen solten. Zum andern handlen sie von
armen leuten, wie man denselbigen in ihrer
not zu hülfe komen und steur thun möchte. Es
rhümet sich auch am selbigen ort Paulus, das
er, solchs zu thun, sere vleissig gewesen sey.
Solchen vleis des apostels sehen wir auch in
der ersten zu den Corinthern am 16. [1 ff.], da
er also sagt: Von der steure aber, die den hei-
ligen geschicht, wie ich den gemeinen in Galatia
befolhen habe, also thut auch ihr. Auf ja der
Sabbather einen lege bey sich selbs ein iglicher
unter euch und samle, was ihm wol zu thun
ist, auf das nicht, wenn ich kome, denn allererst
die steur zu samlen sey. Wenn ich aber dar
komen bin, welche ihr durch brieve dafur an-
sehet, die wil ich senden, das sie hinbringen
eure wolthat gen Hierusalem etc. Ist nicht aus
diesem capitel offenbar, das in der ersten kir-
chen nehest dem predigampt die lieben aposteln
der lebendigen heiligen noturft am allermeisten
zu herz gangen ist? Desgleichen, das die Chri-
sten ihre wolthat und almosen williglich ge-
samlet und den armen mitgeteilet haben?
Also sehen wir auch gemelter aposteln sorge
in den geschichten am 6. capitel [1-6]. Denn die-
weil das wort dermassen zunam, das die aposteln
auf arme leut nicht so wol warten kunten, als
wol von nöten gewesen were, haben sie erwelet
siben menner, unter welchen der heilige Ste-
phanus auch war, die des heiligen Geistes und
aller weisheit vol waren, und denselbigen, das
sie den armen furstehen solten und sie mit dem
gebete und predigampt deste vleissiger anhalten

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