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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0491
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Emder Armenordnung 1576

und nacht up den armen in der stadt, up Valdern
und bueten der poerten 41 acht hebben, datt sie nicht
by der straten bedelen gahen.

Tom drudden: So sie jemand funden, he were dan
inheimsch oder frembd, den sollen sie examineren,
sein name und toname befragen, item, so sie frembd,
waer hie herkaeme oder nicht, weß sein doent und
laten sy, und em also to den negesten dyaken voeren.
Und so hie jegen der nacht ergrepen, sollen sie em
tom Gasthuse voeren, darmit hie daer de herberge
hebbe. Und des morgens sollen sie up eine gewiße
stunde, nach gelegenheit der tydt und des Gast-
huses wedderkoemen unde de frembde gesunde ar-
men tor stadt mit eine geboerliche vorehringe henut-
wysen, de kranken im Gasthuse laten, beß sie ster-
ker weerden.

Sint sie averst inheimisch, de by der straten bid-
dende erfunden werden, sollen sie vant bedelen ge-
weret worden und to huis gewesen 42 und darnach
ihr namen den hoevetdiaken oder den, de in der kluft
to der tydt der armen bedeninge heft, angesecht
weerden, darmit sulche der geboer nach vormanet
und nach gelegenheit mit entreckinge 43 der almosen
gestraffet werden.

Tom veerden sollen se des nachtes, wen sie up der
straten gahen, ock guede acht hebben, oft ock de
armen, welcke de almosen gebrueken, in ohrer huiß-

stige acht unde macht dragen unde alles ordentlich
togaen moge, wo sie ock to dohen angenomen.

41 = außerhalb des Tores.

42 = gewiesen; vgl. Doornkaat Koolman III, 563.

43 = Entziehung; vgl. Schiller und Lübben I, 697;
Lasch und Borchling I, 571.

44 = Prassen; vgl. Doornkaat Koolman I, 222f.;
Schiller und Lübben I, 415 f.; Lasch und
Borchling I, 342.

45 = Urteil; vgl. Doornkaat Koolman II, 684f.;
Schiller und Lübben III, 231f.;

46 Der letzte Satz unseres Textes ist in den in Anm. 38
beschriebenen Artikeln folgendermaßen abgewan-
delt: Und so sie nachleßig und untruw in ohren ampte
befunden worden, sollen drost, burgermeister und
raett up der voerstenderen deß Gasthueses und der
anderen gemeinen armen angevent und relation alle
tydt macht hebben, sie afftosetten und nach gelegen-
heit der sachen an ohre besoldunge to straffen; und
bevoraff soll ihnen der mantel genoemen werden,
welchen sie amptzhalven dragen. - Im Anschluß
daran heißt es in den Artikeln noch: Doch wollen
drost, borgermeister und raett alle dußer punkten
na nottrufft jedertydt to voerminneren und to vor-

holdinge sick geboerlicken verholden, item oft se ock
mit brassen 44 und drinken de almosen unnutzlick
verteren und verdohen. Und so jemand befunden
worde, sollen sie macht hebben, to ohnen intogahen
und ohr wesent und handel to verforschen und to
verkundigen, und des anderen dages den hoevet-
diaken in de kluft anseggen, up datt do mit seinen
hulperen de saeke moge beratschlagen und richten.

Tom vifften sollen de obgemelten armenvoegeden
ehr ampt truwlick und vlytich verrichten und keine
macht hebben, einige armen to richten, to schatten
oder einem etwas weder diese ordeninge tolaten oder
dispenseren, sonder datt ordell 45 sall stedes by den
diaken und nicht by den voegeden sin. Und so sie
nachleßig und untruw befunden werden in ihrem
ampte, sollen de vorstenderen deß Gasthueses und
der armen huissittenen alle tydt macht hebben, sie
afftosetten und ock nach der saeken gelegenheit an
ohrer besoldunge to straffen; unde bevorab soll
ihnen der mantel genoemen werden, welchen sie
amptz halven dragen 46.

Synodus Turonensis 2. cano. 8 decrevit, ut civitas
quaelibet pauperes et egenos incolas alimentis con-
gruentibus pascat secundum vires, Hyper. De con-
cil. et synod. fol. 859 47.

Ocko Friese 48 in namen und van wegen deren wol-
gebornen und edlen heren, heren Edtzardt und Jo-

mehren oder sonst up andere wege na gelegenheit
der tyden to veranderen, sich voerbeholden hebben.

47 Andreas Hyperius (1511-1564, 1542 Professor der
Theologie in Marburg, nach Bucer Neuordner der
hessischen Kirche, Begründer der wissenschaftlichen
Homiletik. Näheres bei E. Chr. Achelis, RE 3 8,
501 ff.; H. Weißgerber, RGG 3 III, 502f.), De syn-
odis annuis, in: Varia opuscula theologica. Basel
1570, 859 („Synodi Turonensis II canone 5: Civitas
quaelibet pauperes et egenos incolas alimentis con-
gruentibus pascat secundum vires“). Zweite Synode
zu Tours 567, can. 5; Mansi 9,793; C. J. v. He-
fele, Conciliengeschichte III 2. 1877, 23. Zum In-
halt der angeführten Schrift des Hyperius sowie zu
ihrer Bedeutung für den Beginn und die Entwick-
lung des reformierten Kirchenrechts s. neuerdings
J. Hovius, Hyperius’ Geschrift De synodis annuis
... Rede uitgesproken bij de overdracht van het
Rectoraat aan de Theologische School der Christe-
lijke Gereformeerde Kerken te Apeldoorn, op 23 Sep-
tember 1958. Sneek.

48 Ocko Friese, 1561-1572 Drost zu Leer, 1572-1590
Drost zu Emden, † 1591; vgl. J. König, 543. 536.

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