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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0059
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Stift Hildesheim

Catechismo wendet, den das fasset die jugent mit
der zeit, bringet es zuhaus, leret es nachmals immer-
fort, auch die nachkomling.
Wollen sich derhalben die pastores nicht tauren27
lassen ainige mue oder arbeit, auch daran nicht
keren, das es in der erst schwerlich und saur wil
angehen, es ist umb aine gewonhait zu tun, so ists
darnach halb arbeit, aber der nutz und die frucht
2.Co. 3 [2] darvan, das Paulus sagt: Ihr seit unser lobebrieff,
dan da siehet man des pfarhern arbait und treuwen
dinst, wan seine pfarkinder etwas lernen, haben
rechten vorstant aus Gottes wort, ihrer furnemeng
artickel der christlichen lehr, so ihnen zu wissen
und zu gelauben vonnöten seint und ahne die sie
nicht kunden selig werden, welchs gemainen, ain-
feltigen leuten aus der gemainen predig allein zu
fassen fast unmüglich ist.
Es sol aber der opferman auch alhie fein zuseen,
und wan der pastor die auslegung der zehen gebot
heraus gemachet und an die artickel des gelaubens
komt, sol er fur der predig anstet der zehen gebott
den gelauben28, also, wan der pfarher an das gebet
komet, das Vater unser29 singen, item fur der tauf:
Christ unser Her zum Jordan kam30, damit sich
gesang und predig oder lection fein zusamen schik-
ken und ains dem andern helfe.
Nach der lection des Catechismi, die nicht viel
uber ein halbe stunde ungefehr weren sol, singet der
opferman mit allem volk: Mensch, wiltu leben selig-
lich31 oder zu zeiten: Erhalt uns, Her, bei deinem
wort32, darauf volget collecten mit dem segen wie
droben.
Alle Freitage frue sol der pfarher auch aine predig
tuen, ausgenommen in der ernde, er sol aber auch
den Catechismum handelen, doch nicht wie am
Sondage, sondern van der kanzel sol er ein stücke
nach dem andern predigen und auslegen, wie
Lutherus das im Grossen Catechismo33 getan hat.

Das ander stücke dieser kirchenordenung,
was den zuhörern geburen will
und wie sich die halten sollen.
Ain jeder hausvater ist schuldig fur Gott, das er
sein weib, kinder und hausgesinde fleissig zu der
kirchen halte, domit sie lernen Got furchten, was
sie gelauben und wie sie entlich sollen selig werden,
und wehe dem hausvater, welcher darin seumig ist,
ohne zweifel wirt es Gott an ihm grausam, greulich
straffen, zeitlich und ewiglich, wie er spricht: Wer
mich ehret, den wil ich wiederumb ehren, wer mich
aber vorachtet, der sol vorachtet sein. Sol derhalben
ein jeder hausvater die seinen darzu halten, das sie
mit ihme zur predig kohmen, sonderlichen den hai-
ligen Catechismum fleissig studieren und lernen1
Und wirt unser gnediger furst und herr derhalben
jerliche visitation vorordenen, do man wirt von
einem dorf zu dem andern die kirchen besuchen,
das volk, jung und alt, fragen und examiniren, was
sie aus der predige des Catechismi studieren und
lernen, dan der obrigkait solliche vetterliche sorge
von Gott befohlen ist und auferlegt.
Wer alsdan grob und ungeschickt erfunden wirt
und sich gar zu Gottes wort nicht schicken wil, dem
wirt der pfarher vormüge seines von Gott auferleg-
ten ambts kain sacrament reichen, als ainen un-
gleubigen haiden, bey kainer tauf lassen under der
christlichen gemain zu gevattern stehen, nicht ge-
statten, das er aine braut zu kirchen lait oder füre,
und entlich, wo er daruber also stirbet, nicht lassen
auf den kirchoff under die Christen begraben wer-
den, dan das haist einen fur ainen haiden halten;
also sol es auch mit den sacramentvorechtern, und
denen, so in offentlichen lastern unbussfertich leben
und also die christliche gemaine aufs greulichste
vorergeren, gehalten werden.
Und weil sollich binden zu götlichen ambt des
pfarhern gehört und ain tail der schlüssel und regi-

Deu. 4
[1-10] 6
Joan.4

1.Samu. 2
[30]

Joan.20
[21-23]
Math. 18a
[15-18]

g furnemen) furnemsten 1562
a Math. 18) Matth. 8 1562
27 = dauern, verdrießen; vgl. Grimm, Deutsches
Wörterbuch II (1860), 842f.
28 Vgl. oben S. 782 mit Anm. 13; unten S. 854, Anm.25.
29 Vgl. oben S. 781, Anm. 10.
30 Vgl. oben S. 782, Anm. 12.
31 Vgl. oben Anm. 26; Wackernagel III, Nr. 26;

G. Hahn, aaO. 22f. Im Babstschen Gesangbuch I,
Nr. XV: ,,Die zehen Gebot kürtzer gefasst. D. Mart.
Luther."
32 Vgl. oben S. 782, Anm. 18.
33 Bek. Schr., 543ff.
1 Zum besonderen Amt des christlichen Hausvaters
vgl. unten S. 879f. mit Anm. 18.

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