Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0252
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tigt17. Er starb 155718 . Vor 1546/47 kann die fragmentarisch überlieferte KO also nicht verfaßt sein.
Weiter läßt sich zusammenfassend feststellen: es bleibt möglich, daß sie ein Stück der KO von 1548 ist.
Unwahrscheinlich erscheint es dann aber, daß sie bereits vor dem Interim ausgegangen ist. Dagegen
sprechen vor allem die Bekenntnisse und Bedenken der Prediger, aber auch die Berichte Rodtbarts und
Hamelmanns 18a.

Am Rande zu erwähnen ist hier, daß sich im Staats-A. Oldenburg die zeitgenössische Abschrift
einer KO befindet, die der Zeit des Interims angehört. Sie ist erst in neuester Zeit aus Jeverschem Fa-
milienbesitz in das Staatsarchiv gekommen19. Es handelt sich dabei aber um nichts anderes als um die
ostfriesische Interimsordnung, die die ostfriesische Gräfin Anna unter dem 16.Juli 1549 nach dem
Rat ihres Kanzlers Friedrich ter Westen aufstellen ließ20, und die von den Reformierten der Grafschaft
Ostfriesland energisch abgelehnt wurde, bei den Lutheranern, wie es Scheint, auf weniger Ablehnung
Stieß21. In der Jeverschen Abschrift fehlt das Datum, ebenso ein Vermerk über die ostfriesische Herkunft.
Es fehlt aber auch jeder Hinweis darauf, daß diese KO für Jever irgendeine Bedeutung gehabt haben
sollte.

Gleichfalls undatiert überliefert ist uns eine Kirchenzucht- und Polizeiordnung Fräulein Marias.
L.Schauenburg hat sie nach einem inzwischen nicht mehr auffindbaren Aktenstück mitgeteilt22. Im
Hinblick auf reformatorische Ansätze und den Stand der kirchlichen Lehre ist als bemerkenswert her-
vorzuheben : Jeder Soll am Feiertag zur Kirche gehen, Gottes Wort und die Predigt hören. Das Sakra-
ment der Taufe und das Sakrament des Altars - nur diese beiden werden genannt - Sollen geachtet und
in Gottesfurcht gebraucht werden. Jeder Hausvater und jede Hausmutter soll alle halbe Jahr vom zu-
ständigen Pfarrer im Katechismus verhört werden. Genannt werden hier nur die älteren drei Haupt-
stücke, wie dies beispielsweise auch in der ostfriesischen Polizeiordnung von 1545 geschieht23 und ent-
sprechend dem jedenfalls auch für Ostfriesland bezeugten Brauch, diese drei Stücke im Zusammenhang
mit der Predigt von der Kanzel vorzutragen24, Erstaunlich ist, daß die Ordnung bereits eine allgemeine
Schulpflicht vorsieht. Auch hierin ging man konform mit der Grafschaft Ostfriesland, wo bereits die
KO von 1529 eine allgemeine Schulpflicht in Aussicht nahm25, während die Polizeiordnung ein ent-
wickeltes Schulwesen offenbar voraussetzte26, Der Schulunterricht soll der Kirche und dem Vaterland
wie auch den Kindern selbst zustatten kommen. An erster Stelle steht die Kirche. Dies entspricht der
herrschenden Gesinnung bei der humanistisch-reformatorischen Ausgestaltung des Schulwesens. —
Ohne Wissen und Willen Fräulein Marias darf niemand das Predigtamt wahrnehmen noch die Sakra-
mente reichen. In der oben beschriebenen fragmentarisch überlieferten KO war dargelegt worden, Fräu-
lein Maria sei darauf bedacht gewesen, in allen Kirchspielen gottfürchtige und gelehrte Pastoren und
Prädikanten zu verordnen. Mit der Wahrnehmung des Pfarrbesetzungsrechtes schuf sie sich eine ge-
wisse Garantie dafür, daß das lautere Wort Gottes gepredigt und die Sakramente recht ausgeteilt würden.
Mochte auf diese Art einerseits ein Wall geschaffen sein gegenüber eventuellen Ansprüchen der bremi-
schen Archidiakonen, so scheint die Kirchenzucht- und Polizeiordnung auch noch eine Absicherung
gegenüber Sektenpredigern zu beinhalten, d.h. gegen die verschiedenen Täufergruppen, wie unten noch

17 Ebd. Nr. 1101.

18 Vgl. G. Sello, Studien zur Geschichte von Oestringen und Rügtringen, 84, Anm. 5; H. Rogowski, 31, Anm. 25.

18a Schauenburg, Beiträge, 22, meint, die KO von 1548 sei erst nach dem Augsburger Religionsfrieden vom
25.Sept. 1555 publiziert.

19 Staats-A. Oldenburg, Best. 97 Nr. 232a.

20 Sehling VII, 1, 328ff.

21 Ebd,

22 L. Schauenburg, Täuferbewegung, 58-60. Danach unser Text Nr. 10. Vgl. dazu G. Rüthning I, 346; JM.
Bew 1,.3,1, 2,.774*,

28 Sehling V11, 1, 400. 24 Ebd. 362f. 431 ff.

25 Ebd. 368. 26 Wbd. 400,

977
15 Sehling, Niedersachsen 11/2
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften