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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0254
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Zur Durchführung einer einheitlichen Disziplin im Leben der Prediger sowie der Zuhörer ließ
Fräulein Maria am 28. Februar 1558 ein Mandat ausgehen, das später noch revidiert erschien. Dieses
Mandat, auf das ein späteres vom 18. September 1574 hinweist, konnte nicht ermittelt werden. Erhalten
dagegen ist eine Ordnung vom 2. März 1558, die heimliche Verlöbnisse verbietet und ein neues Ver-
lobungsrecht festsetzt sowie auch sonstige Regelungen des Eherechts trifft35.

4. Die KO von 1562.

Eine ausführliche KO erhielt das Ländchen, nachdem Magister Petrus Rodtbart aus Hadeln zum
Pfarrer von Jever und Inspektor der übrigen Kirchen berufen worden war1. Wie er in der Vorrede seiner
KO zum Ausdruck bringt, wurde ihm, als er nach Jever kam, die KO von 1548, die nur aus wenigen
Stücken, „einer ordination gemetich‘‘, bestand, überantwortet. Fräulein Maria beauftragte ihn, diese
Artikel durchzuzusehen und zu ergänzen. Rodtbart erfüllte diesen Auftrag mit Hilfe solcher, die mit
den Gelegenheiten des Landes vertrauter waren als er. Er sah aber wenig Erfolg seiner Arbeit. Das ver-
anlaßte ihn zur Revision der Ordnung. Unter dem Namen Marias ließ er dies sein neues Werk 1562
in Wittenberg bei Laurentz Schwenk drucken2. Rodtbart hat sich bei der Abfassung seiner KO sehr
stark an der Mecklenburger KO von 1552 orientiert, wie dies später auch Selneccer und Hamelmann
bei der Abfassung der Oldenburger KO von 1573 getan haben. Die Herrschaft Jever war von daher in
ihrer kirchenrechtlichen Ausrichtung eng mit der Grafschaft Oldenburg verwandt. Die Jeversche KO
zeigt eindeutig die Festlegung auf das lutherische Bekenntnis, zeigt, daß man sich in Jever eventuellen
Einflüssen von Seiten der Reformierten verschlossen hatte : die KO verpflichtet die Pastoren auf die Augs-
burgische Konfession von 15303. Sie bietet Luthers Ordinationsformular dar4. Für die Taufordnung
wird auf die Form im Luthers Katechismus verwiesen5. Die Abendmahlsordnung ist eine im lutheri-
Schen Sinn gereinigte Messe. Sie enthält die Nürnberger Abendmahlsvermahnung6.

Die Kirchenverfassung betreffend, so befestigt sie das Superintendentenamt, sicht jährliche Pre-
digersynoden vor, an denen auch obrigkeitliche Räte teilnehmen sollen. Die Synode hat gleichzeitig
konsistoriale Funktionen wahrzunehmen. Außerdem wird angeordnet, daß jährlich wenigstens eine
Visitation abgehalten werden soll ; dazu werden Visitationsartikel mitgeteilt. Straffällige Geistliche sollen
durch die Obrigkeit mit Zutun und Rat des Superintendenten amtsentsetzt werden. Solche, die im der
Lehre irren, Sekten und Schwärmerei anhängen und Sich nicht belehren lassen wollen, sind durch die
Obrigkeit mit Zutun des Superintendenten aus dem Land zu weisen. Hervorzuheben ist noch, daß die
KO ein kurzes Kapitel über die Exkommunikation enthält, die dem Predigtamt zugehört. Hier sind
Stufen der Kirchenzucht zu erkennen, die im öffentlichen Bann gipfeln. Mit der kirchlichen Strafe
wird dann die weltliche vermengt ; denn letztlich soll die Obrigkeit durch ihre Gewalt strafen.

Die KO bekundet ein intensives Interesse am allgemeinen Schulwesen.

35 Text Nr. 11; nach einer Abschrift aus dem Staats-A. Oldenburg, Best. 292 Nr. 1 Vol. I, S. 1-8. Es handelt sich
bei dem Volumen um einen Sammelband unter dem Namen des Landrichters Arpoldus Schultheß (Ostern 1611
Rat und Diener in Oldenburg, Ostern 1612 Jeverscher Landrichter, 1622 als Landrichter entlassen [nach freund:-
licher Mitteilung des Staatsarchivs Oldenburg ] ). Entsprechende Sammelbände befinden Sich auch im Marien-
gymnasium Jever unter den Signaturen XI Cb 15 und XI Cb 16 (bezeichnet als Ehrentrautsche Sammlung).

1 Vgl. H. Hamelmann, Opera, 808; G. Rüthning I, 350. Magister Petrus Rodtbart war ein Sohn des Pastors
Laurentius Barbarossa zu Altenbrok im Land Hadeln. Er war erst Archidiakon in Jever und wurde 1559 zum
ersten Inspektor verordnet. 1570 ging er nach Hadeln zurück und folgte seinem Vater im Amt; vgl. M. B. Martens,
7f:J.Ramsauer, 110.

2 Text Nr. 12 nach dem Originaldruck aus der Kirchenbibliothek zu Fürstenau im Odenwald, jetzt im der Luth.
Theol. Hochschule in Oberursel/ Taunus. Da dies Expl. unvollständig ist, ergänzt nach dem Faksimiledruck von 1928
auf Grund des Originaldrucks von 1562, Mariengymnasium Jever XI Cf 18a (die Expll. in Berlin und Zwickau konn-
ten nicht mehr ermittelt werden ). Auszüge aus der KO sind mitgeteilt bei A e. L. Richter 11, 225ff., und J. M. Reu

I, 3, 1, 2, 775* ff. Bibliographische Beschreibung des Originaldrucks bei Borchling und Claußen 1, Nr. 1840.
3 Unten S. 1250, 4 Unten S. 1231. 5 Unten S. 1238. 6 Unten S. 1240 f.

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