Einleitung
chthons Schüler und hatte während seiner Zeit in Wittenberg auch in dessen Haus gewohnt. Das Amt des
Superintendenten in Goslar, auf die ihn Rat, Gilden und Gemeine am 23. März 1553 beriefen, war Hes-
husens erste Stelle. Am 19. April wurde er in Wittenberg ordiniert. In der Berufungsurkunde wird Heshusen
als der hailigen schrift [...] doctor bezeichnet. Die eigentliche Promotion fand jedoch erst zwei Monate später,
am 16. Mai 1553, an der Universität Wittenberg statt. Die Kosten der Promotionsfeier übernahm die Stadt
Goslar als ein Zeichen der Wertschätzung des neuen Superintendenten270.
In die Goslarer Zeit fällt die Eheschließung Heshusens mit Anna von Bert und die Geburt des ersten
Sohnes Gottfried. Als Prediger und Seelsorger scheint Heshusen sich zunächst unter den Bürgern großer
Beliebtheit erfreut zu haben271. Während seiner Amtszeit entstanden zwei wichtige Ordnungen: die Visita-
tionsordnung von 1554 (Nr. 21) und die Konsistorialordnung von 1555 (Nr. 22). Auf Heshusens Initiative
ging auch die Berufung Johannes Glandorps zum Rektor der 1528 von seinem Amtsvorgänger Johannes
Amandus gegründeten Rats- oder Marktschule zurück272.
Während der gesamten Zeit in Goslar hielt Heshusen weiterhin brieflichen Kontakt zu seinem Lehrer
Melanchthon. Dieser teilte ihm im Oktober 1553 das Erscheinen seiner Schrift gegen Franciscus Stancarus
mit und schickte ihm im März des folgenden Jahres den Druck der „Confessio Saxonica“ und das „Examen
ordinandorum“ zu273. Der Melanchthon-Briefwechsel zeigt auch, daß Heshusen sich schon im Juni 1555 mit
Abwanderungsgedanken trug. Anscheinend war ihm das Amt des Superintendenten in Magdeburg ange-
boten worden. Melanchthon warnte ihn aber vor einem voreiligen Wechsel nach Magdeburg und empfahl
ihm, sich dort erst einmal der Unterstützung des Rates und der Geistlichkeit zu versichern274.
Möglicherweise waren Querelen zwischen Heshusen und dem Goslarer Rat über eine Neuordnung der
Klöster und Stifte Auslöser für die Pläne Heshusens. Jedenfalls scheint ihn der Rat an einer Reform der
Stifte und Klöster gehindert zu haben, wie sich aus einer Bemerkung des Superintendenten in der Visita-
tionsordnung (Nr. 21) entnehmen läßt275. Zum endgültigen Bruch kam es, als Heshusen von der Kanzel der
Marktkirche, die ja zugleich die Ratskirche war, die Söhne der beiden Bürgermeister Johannes von Ach-
termann und Heinrich Landmann wegen ihrer Lebensführung öffentlich tadelte276. Der Rat sperrte Hes-
husen daraufhin zunächst die Bezüge und entließ ihn dann am 6. Mai 1556, knapp drei Jahre nach seiner
Berufung, aus dem Amt. Melanchthon vermittelte ihn daraufhin nach Rostock, wo Heshusen als Professor
an der Universität und als Prediger an der Kirche St. Jakob tätig war277.
Tilemann Heshusen blieb nicht allein mit seinem Schicksal: Von seinen vier Nachfolgern im Amt des
Superintendenten wurden zwei vom Rat entlassen. Im 17. Jh. wurde das Amt dann in Goslar ganz aufge-
hoben278.
21. Visitationsordnung, 1. Juni 1554 (Text S. 304)
Richtlinien für die Durchführung von Visitationen gehören nicht selten zu den Bestandteilen von Kirchen-
ordnungen, wie etwa der Mecklenburger Kirchenordnung von 1552279. Im Herzogtum Mecklenburg wurde
die neue Kirchenordnung dann auch mit Hilfe einer Visitation durchgesetzt (vgl. vorne im Band die Ein-
270 Zu Heshusens Promotion vgl. Barton, Luthers Erbe,
S.42-48.
271 Vgl. ebd., S. 49f. und Hesse, Heshusius, S. 62.
272 Zu Johannes Glandorp (1501-1564) vgl. ADB 9, S. 208-
210; MBW, R 12 (Personen), S. 148f.
273 MBW, R 7 , Nr. 6897 und Nr. 7122.
274 MBW, R 7, Nr. 7511.
275 Nr. 21, S. 304: Von abgotterey, wie yn den closteren. Aber da
will man nit zuhelffen; der liebe gott muß sich leyden. Vgl.
auch Barton, Luthers Erbe, S. 54.
276 Der Sohn Achtermanns hatte seine schwangere Frau ver-
stoßen und einen Verwandten, der ihn wegen seiner Ver-
haltensweise rügte, tödlich verletzt, war dafür aber nicht
bestraft worden. Vgl. Barton, Luthers Erbe, S. 54f.;
Hesse, Heshusius, S. 63.
277 MBW, R 7, Nr. 7863 (Schreiben Melanchthons an David
Chytraeus).
278 Vgl. Hesse, Superintendenten, S. 108.
279 Vgl. TRE 18, S. 692.
211
chthons Schüler und hatte während seiner Zeit in Wittenberg auch in dessen Haus gewohnt. Das Amt des
Superintendenten in Goslar, auf die ihn Rat, Gilden und Gemeine am 23. März 1553 beriefen, war Hes-
husens erste Stelle. Am 19. April wurde er in Wittenberg ordiniert. In der Berufungsurkunde wird Heshusen
als der hailigen schrift [...] doctor bezeichnet. Die eigentliche Promotion fand jedoch erst zwei Monate später,
am 16. Mai 1553, an der Universität Wittenberg statt. Die Kosten der Promotionsfeier übernahm die Stadt
Goslar als ein Zeichen der Wertschätzung des neuen Superintendenten270.
In die Goslarer Zeit fällt die Eheschließung Heshusens mit Anna von Bert und die Geburt des ersten
Sohnes Gottfried. Als Prediger und Seelsorger scheint Heshusen sich zunächst unter den Bürgern großer
Beliebtheit erfreut zu haben271. Während seiner Amtszeit entstanden zwei wichtige Ordnungen: die Visita-
tionsordnung von 1554 (Nr. 21) und die Konsistorialordnung von 1555 (Nr. 22). Auf Heshusens Initiative
ging auch die Berufung Johannes Glandorps zum Rektor der 1528 von seinem Amtsvorgänger Johannes
Amandus gegründeten Rats- oder Marktschule zurück272.
Während der gesamten Zeit in Goslar hielt Heshusen weiterhin brieflichen Kontakt zu seinem Lehrer
Melanchthon. Dieser teilte ihm im Oktober 1553 das Erscheinen seiner Schrift gegen Franciscus Stancarus
mit und schickte ihm im März des folgenden Jahres den Druck der „Confessio Saxonica“ und das „Examen
ordinandorum“ zu273. Der Melanchthon-Briefwechsel zeigt auch, daß Heshusen sich schon im Juni 1555 mit
Abwanderungsgedanken trug. Anscheinend war ihm das Amt des Superintendenten in Magdeburg ange-
boten worden. Melanchthon warnte ihn aber vor einem voreiligen Wechsel nach Magdeburg und empfahl
ihm, sich dort erst einmal der Unterstützung des Rates und der Geistlichkeit zu versichern274.
Möglicherweise waren Querelen zwischen Heshusen und dem Goslarer Rat über eine Neuordnung der
Klöster und Stifte Auslöser für die Pläne Heshusens. Jedenfalls scheint ihn der Rat an einer Reform der
Stifte und Klöster gehindert zu haben, wie sich aus einer Bemerkung des Superintendenten in der Visita-
tionsordnung (Nr. 21) entnehmen läßt275. Zum endgültigen Bruch kam es, als Heshusen von der Kanzel der
Marktkirche, die ja zugleich die Ratskirche war, die Söhne der beiden Bürgermeister Johannes von Ach-
termann und Heinrich Landmann wegen ihrer Lebensführung öffentlich tadelte276. Der Rat sperrte Hes-
husen daraufhin zunächst die Bezüge und entließ ihn dann am 6. Mai 1556, knapp drei Jahre nach seiner
Berufung, aus dem Amt. Melanchthon vermittelte ihn daraufhin nach Rostock, wo Heshusen als Professor
an der Universität und als Prediger an der Kirche St. Jakob tätig war277.
Tilemann Heshusen blieb nicht allein mit seinem Schicksal: Von seinen vier Nachfolgern im Amt des
Superintendenten wurden zwei vom Rat entlassen. Im 17. Jh. wurde das Amt dann in Goslar ganz aufge-
hoben278.
21. Visitationsordnung, 1. Juni 1554 (Text S. 304)
Richtlinien für die Durchführung von Visitationen gehören nicht selten zu den Bestandteilen von Kirchen-
ordnungen, wie etwa der Mecklenburger Kirchenordnung von 1552279. Im Herzogtum Mecklenburg wurde
die neue Kirchenordnung dann auch mit Hilfe einer Visitation durchgesetzt (vgl. vorne im Band die Ein-
270 Zu Heshusens Promotion vgl. Barton, Luthers Erbe,
S.42-48.
271 Vgl. ebd., S. 49f. und Hesse, Heshusius, S. 62.
272 Zu Johannes Glandorp (1501-1564) vgl. ADB 9, S. 208-
210; MBW, R 12 (Personen), S. 148f.
273 MBW, R 7 , Nr. 6897 und Nr. 7122.
274 MBW, R 7, Nr. 7511.
275 Nr. 21, S. 304: Von abgotterey, wie yn den closteren. Aber da
will man nit zuhelffen; der liebe gott muß sich leyden. Vgl.
auch Barton, Luthers Erbe, S. 54.
276 Der Sohn Achtermanns hatte seine schwangere Frau ver-
stoßen und einen Verwandten, der ihn wegen seiner Ver-
haltensweise rügte, tödlich verletzt, war dafür aber nicht
bestraft worden. Vgl. Barton, Luthers Erbe, S. 54f.;
Hesse, Heshusius, S. 63.
277 MBW, R 7, Nr. 7863 (Schreiben Melanchthons an David
Chytraeus).
278 Vgl. Hesse, Superintendenten, S. 108.
279 Vgl. TRE 18, S. 692.
211