Visitationsordnung 1537
Wilcher sich aber nit bekeren oder berichten
lassen wolte und halsstarrig were, ist dann die-
selbige person frembd und im lande nit seßhaftig
und hat getauft oder versamblung gemacht one
wissen der oberkeit oder versamblung ersucht, so
soll dieselbig person mit rutten ausgehauen und
ihr ein zeichen an einen backen gemacht und der
ufgelegt werden, das land zu verschweren ader zu
raumen und ewiglich darin nicht zu kommen bei
peen des lebens zu verlieren. Und solichen ab-
schiet soll man ihrem amptman, da sie sich gehal-
ten hat, in schriften zu erkennen geben, ader als-
bald am ort examinis exequiren und usrichten
nach gelegenheit der sachen. Were aber soliche
person underm adel in ihren gerichten, da sie hohe
oberkeit hetten, begriffen, so soll man ihnen die
person widerschicken und den receß ihrer straf und
verweisung darneben, damit sich der gerichts-
herre darnach wisse zu halten. Und dasselbig soll
auch der gerichtsherre also zu exequiren schuldig
sein auch dorüber nit härter strafen, und wo er
das nicht teet, von uns darumb angesehen wer-
den32.
So dann soliche frembde person one wissen
widerkömpt und solich proscription und gebot ver-
bricht, dieweil wir dann in vielfaltigem trefflichem
rate befunden, daß die weltliche oberkeit zu soli-
chen frevelichen ufrurischen leuten in dem fall
mit dem schwert richten möge, so soll man sie vor
das weltlich peinlich recht stellen und ihr uf diese
unser ordnunge und die keiserliche gesetze33 er-
gehen und gescheen lassen, was recht ist.
[16] Desgleichen sollen die vom adel auch tun
und soll ihne solichs an ihrer gerechtikeit unsched-
lich sein, auch sonst in andern sachen keinen ein-
gang machen.
[17] Doch soll man keinen widertaufer, wann
schon das urtel ergangen ist, töten, man sols uns
zuvor anzeigen.
32 In der Frage der Wiedertäufer stoßen landesherr-
liche und adlige Gerichtsbarkeit aufeinander. Hier
greift die Ordnung entschieden durch: der Wieder-
täufer bleibt der Gerichtsbarkeit des Adels ent-
zogen; vgl. Sohm, Territorium 153.
33 Es handelt sich vor allem um die von Kaiser Karl V.
1532 erlassene peinliche Halsgerichtsordnung (Con-
stitutio criminalis Carolina), die 1535 in fast un-
[18] Hett aber die auslendische person nicht ge-
tauft, gepredigt, ader versamblung gemacht und
were villeicht selbst us einfalt verfurt, wölt sich
aber nicht berichten lassen, so soll man sie mit
rutten zum ersten mal nicht ausstreichen, sonder
sonst, wie obgemelt, des lands ewiglich verweisen,
mit uflegung, so sie widerkeme, daß sie alsdann
am leibe gestraft werden solle. Und so sie zum an-
dern mal widerkumpt, soll sie mit rutten usge-
strichen und ein zeichen an einen backen gegeben
werden, mit uflegung, so sie zum dritten mal
widerkeme, daß sie alsdann am leibe solle gestraft
werden. Und sölichs soll auch in dem fal also ge-
scheen, alles nach form und ordenung im nechsten
artikel vermeldet.
[19] Wurd aber ein solich mensch in beiden fellen
in zeit dieser not, so es sehe, daß es sterben mußte,
widerrufen und wolt sich bekeren, den soll man
wider einfuren und darnach im selbigen mit rat
handeln und ihn nit töten.
[20] Were aber die person in unsern fürsten-
tumben, grafschaften, landen und gepieten ge-
sessen und wer ein prediger ader taufer, hett auch
volk vorsamelet und möcht nit bekert werden,
demselbigen soll man uflegen, alle und jede seine
guter zu verkaufen, und so er das nicht tet in be-
stimpter zeit, so sollen unser amptleut, diener und
bevelhaber die heuser zuschließen, feuer usgießen,
die güter verkaufen, das gelt hinderlegen, bisso-
lang der widertaufer solichs fordert, alles laud
vorausgangener ordenung34 (wilche aber kein gü-
ter, haus ader hof haben, darf man dieses wegs des
güter verkaufung halben nit) und ihme uflegen
bei peen der leibstraff, das land ewiglich zu mei-
den, und so er zum andern mal widerkumpt, mit
rutten ausgestrichen und ihme ein zeichen im ant-
litz gebrant werden, kombt er darnach zum drit-
ten mal wider, so soll er ans gericht gestelt werden,
alles nach der form, wie im artikel oben gemelt,
veränderter Form in der durch Philipp erlassenen
Halsgerichtsordnung ihre Gültigkeit in Hessen er-
langte.
34 Vgl. den landgräflichen Erlaß gegen die Wieder-
täufer von 1528 ( Quellen IV, 7) und das Ausschrei-
hen gegen die Wiedertäufer vom 28. Mai 1536
(Quellen IV, 47 D).
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Wilcher sich aber nit bekeren oder berichten
lassen wolte und halsstarrig were, ist dann die-
selbige person frembd und im lande nit seßhaftig
und hat getauft oder versamblung gemacht one
wissen der oberkeit oder versamblung ersucht, so
soll dieselbig person mit rutten ausgehauen und
ihr ein zeichen an einen backen gemacht und der
ufgelegt werden, das land zu verschweren ader zu
raumen und ewiglich darin nicht zu kommen bei
peen des lebens zu verlieren. Und solichen ab-
schiet soll man ihrem amptman, da sie sich gehal-
ten hat, in schriften zu erkennen geben, ader als-
bald am ort examinis exequiren und usrichten
nach gelegenheit der sachen. Were aber soliche
person underm adel in ihren gerichten, da sie hohe
oberkeit hetten, begriffen, so soll man ihnen die
person widerschicken und den receß ihrer straf und
verweisung darneben, damit sich der gerichts-
herre darnach wisse zu halten. Und dasselbig soll
auch der gerichtsherre also zu exequiren schuldig
sein auch dorüber nit härter strafen, und wo er
das nicht teet, von uns darumb angesehen wer-
den32.
So dann soliche frembde person one wissen
widerkömpt und solich proscription und gebot ver-
bricht, dieweil wir dann in vielfaltigem trefflichem
rate befunden, daß die weltliche oberkeit zu soli-
chen frevelichen ufrurischen leuten in dem fall
mit dem schwert richten möge, so soll man sie vor
das weltlich peinlich recht stellen und ihr uf diese
unser ordnunge und die keiserliche gesetze33 er-
gehen und gescheen lassen, was recht ist.
[16] Desgleichen sollen die vom adel auch tun
und soll ihne solichs an ihrer gerechtikeit unsched-
lich sein, auch sonst in andern sachen keinen ein-
gang machen.
[17] Doch soll man keinen widertaufer, wann
schon das urtel ergangen ist, töten, man sols uns
zuvor anzeigen.
32 In der Frage der Wiedertäufer stoßen landesherr-
liche und adlige Gerichtsbarkeit aufeinander. Hier
greift die Ordnung entschieden durch: der Wieder-
täufer bleibt der Gerichtsbarkeit des Adels ent-
zogen; vgl. Sohm, Territorium 153.
33 Es handelt sich vor allem um die von Kaiser Karl V.
1532 erlassene peinliche Halsgerichtsordnung (Con-
stitutio criminalis Carolina), die 1535 in fast un-
[18] Hett aber die auslendische person nicht ge-
tauft, gepredigt, ader versamblung gemacht und
were villeicht selbst us einfalt verfurt, wölt sich
aber nicht berichten lassen, so soll man sie mit
rutten zum ersten mal nicht ausstreichen, sonder
sonst, wie obgemelt, des lands ewiglich verweisen,
mit uflegung, so sie widerkeme, daß sie alsdann
am leibe gestraft werden solle. Und so sie zum an-
dern mal widerkumpt, soll sie mit rutten usge-
strichen und ein zeichen an einen backen gegeben
werden, mit uflegung, so sie zum dritten mal
widerkeme, daß sie alsdann am leibe solle gestraft
werden. Und sölichs soll auch in dem fal also ge-
scheen, alles nach form und ordenung im nechsten
artikel vermeldet.
[19] Wurd aber ein solich mensch in beiden fellen
in zeit dieser not, so es sehe, daß es sterben mußte,
widerrufen und wolt sich bekeren, den soll man
wider einfuren und darnach im selbigen mit rat
handeln und ihn nit töten.
[20] Were aber die person in unsern fürsten-
tumben, grafschaften, landen und gepieten ge-
sessen und wer ein prediger ader taufer, hett auch
volk vorsamelet und möcht nit bekert werden,
demselbigen soll man uflegen, alle und jede seine
guter zu verkaufen, und so er das nicht tet in be-
stimpter zeit, so sollen unser amptleut, diener und
bevelhaber die heuser zuschließen, feuer usgießen,
die güter verkaufen, das gelt hinderlegen, bisso-
lang der widertaufer solichs fordert, alles laud
vorausgangener ordenung34 (wilche aber kein gü-
ter, haus ader hof haben, darf man dieses wegs des
güter verkaufung halben nit) und ihme uflegen
bei peen der leibstraff, das land ewiglich zu mei-
den, und so er zum andern mal widerkumpt, mit
rutten ausgestrichen und ihme ein zeichen im ant-
litz gebrant werden, kombt er darnach zum drit-
ten mal wider, so soll er ans gericht gestelt werden,
alles nach der form, wie im artikel oben gemelt,
veränderter Form in der durch Philipp erlassenen
Halsgerichtsordnung ihre Gültigkeit in Hessen er-
langte.
34 Vgl. den landgräflichen Erlaß gegen die Wieder-
täufer von 1528 ( Quellen IV, 7) und das Ausschrei-
hen gegen die Wiedertäufer vom 28. Mai 1536
(Quellen IV, 47 D).
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