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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0106
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Visitationsordnung 1537

und denen vom adel an ihrer herprachten hohen
gerichtparkeit one schaden.
[21] Und so einer ader mehr also wurden ver-
wiesen und ihnen ufgelegt bei peen der leibstraf,
das land ewiglichen zu meiden, die uber solich ver-
weisung im land pleiben und nit reumen wolten,
dieselben sollen auch mit rutten usgestrichen und
ihnen ein zeichen ins antlitz gebrant werden,
kumpt er dann uber solichs alles wider, so soll er
ans gericht gestelt werden, alles nach wie im nechst
obgezeichneten artikel gemelt wirdet.
[22] Were aber die person in unserm lande ge-
sessen und hett nicht gepredigt, getauft oder ver-
samblung gemacht, sondern were us einfaltigkeit
verfuret, mit derselbigen soll man mehr mitleidens
haben. Derselbigen person mag man ein monat
zeit bedenkens geben, ihren pfarrer und die geler-
ten zu consultiren, sich berichten zu lassen, und wo
das nicht geschee, oder daß sie sich dadurch nicht
bekeren wolt, ihr alsdann ufgelegt werden, wie ob-
gemelt, ihre güter zu verkaufen, und wo sie das
selbst nicht tet, durch unser amptleut und befel-
haber, wie obgemelt, exequirt werden, inmaßen
solichs die alle unser ordenunge usweiset, mit ver-
warnung der leipstraf.
[23] So aber diese person auch zum andern mal
widerkeme, soll man sie mit rutten ausstreichen
aber durch die backen nicht brennen von ihrer
einfalt wegen. Kombt die dann zum dritten mal
wider, so soll sie zum kerkner verdampt und also
behalten werden, ob vielleicht Gott gnad geben
wolt, daß sie sich nochmals bekeren wurde.
[24] Wo aber die buß numermer kommen und
vielleicht die person sich nicht bekeren wolte, so
mag man alsdann mit rat darin handeln, wie ihme
ferrer zu tun sei, damit der hauf nicht zu groß
werde.
[25] Und darumb so wollen wir darzu etliche ge-
fengnus oder beheltnus bauen und zurichten lassen,
darin soliche leute mit geringer speise erhalten
mogen werden, wie wir das vor das bequemest und
best ansehen, auch daneben prediger verordnen,
die ihnen das wort verkundigen, so ferre sie das
gedulden mogen, ob Gott, wie obgemelt, gnade
verleihen wolte.
[26] Wolt aber ein edelman den verdachten us

seinem gerichte nicht an die stett der verhorung
schicken, so soll er doch gegen derselbigen per-
sonen mit straf nichts furnemen, sonder dem nech-
sten superintendenten, auch dem stathalter oder
oberamptman seines zirks schreiben, ihme ver-
stendige leute uf seinen kosten zuzegeben, soliche
person zu verhoren und zu urteilen. Und so das
geschicht, was alsdann durch dieselbigen gehan-
delt und bescheiden wurdet, das soll der edelman
also exequiren und verfolgen, doch alles dieser ob-
gemelten ordenung von der verhorung, verwei-
sung und straf sagend gemeß.
[27] Und soll kein edelman jemands des glau-
bens halb on wissen und bewilligung der stathalter
und superintendenten strafen.
[28] Und soll allwege die maß gehalten werden,
daß die verdachten personen an die angezeigt ort
zu verhör gesant werden, und so sie sich nicht wol-
ten berichten lassen, widerumb an die ort, do sie
here kommen sein, sonderlich so sie dem adel und
andern zugestanden haben, zu der execution ge-
schickt werden unschedlich dem adel und andern
an ihrer gerechtigkeit. Ob aber unser stathalter,
rete und amptleute an orten des examinis wurden
für gut ansehen, daß die execution mit den per-
sonen, die one mittel under uns gesessen gewesen,
daselbst solt gescheen, das mögen sie auch tun und
also schaffen zu gescheen.
[29] Und demnach so soll in diesen sachen kein
amptman oder einicher vom adel für sich selbst
richten, sonder die person also, wie gemelt, zu ver-
hören und ihren bescheit zu erlangen, sich beflei-
ßigen und des also halten.
[30] Und nachdem alle person und felle nicht
gleich sein, wie obgemelt, ob sich dann zutruge,
daß person erfunden wurden, die den obgemelten
nicht aller dinge gleich weren, mit denen soll auch
nach gestalt der sachen an orten der verhörung
gehandelt und geschafft werden.
[31] Und soll diese ordenung gegen eheleuten,
wo sie beide der meinung sein, zugleich gehalten
werden, und so sie kinder haben, die zu ihren mun-
digen jaren kommen oder verstendig sein und wol-
len den eltern nicht anhangen, sondern in unser
gemein pleiben, dieselbigen soll man behalten und
dran sein und verschaffen, daß die guter nach an-

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