Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0198
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1566

werde, welchen unterscheid der personen der apo-
stel selbs vermeldet, Ephes. 4 [11]: Und er hat et-
liche zu aposteln gesetzt, etliche aber zu prophe-
ten, etliche zu evangelisten, etliche zu hirten und
lehren. Darnach bezeugt er auch [Eph 5, 19-21],
es solten gewisse tage und stunde benent sein, zu
welchen dem kirchendienst allein ausgewartet und
alle andere weltliche gescheft und hendel hindan
gesetzt werden, und das singen, predigen, beten,
danksagen, teufen, das heilig abendmal halten ein
jedes zu seiner zeit und an seinem ort geschehe. Man
solt auch etliche ceremonien zur geistlichen erinne-
rung und eußerlicher zucht und ehrerbietung dien-
lich haben, so bei einer jeden action gleichförmig
zur besserung der gemeine gehalten werden. Denn
ob wir gleich nicht gebunden seind an die zeit und
tage, an die vielfeltige ceremonien und kirchen-
geprenge, so im gesetz Mosi bestimpt und verord-
net waren, viel weniger aber des bapsts abgötti-
schen, abergleubischen, gottslesterischen satzungen
underworfen sein sollen, wie uns ganz treulich hie-
von der apostel Coloss. 2 [16] underweiset: So lasset
nun (spricht er) niemand euch ein gewissen machen
uber speise oder drank, oder uber bestimpten feier-
tagen oder neumonden oder sabbater etc. Dieweil
aber doch die rechte ware lehr von Gott und selig-
keit der menschen nicht kann gepflanzet, ausge-
breitet, getrieben und erhalten werden ohn ge-
meine versamlunge, zu welchen gewisse personen,
örter, tage und stunde, lectiones, gesenge und et-
liche ritus und ceremonien vonnöten seind, muß,
in diesen dingen unordnung und verwirrung und
hieraus erfolgende ergernus zu verhüten, ziel und
maß von wem, wie, wo, wenn und wasserlei gestalt
sie zu halten seien, gesetzt und gegeben und mit son-
derlichem fleis und ernst ins werk und brauch ge-
richtet und erhalten werden. Und kann solchs ohn
einige der christlichen freiheit verletzigung wol ge-
schehen, wenn mans allein nicht helt für einen
nötigen gottesdienst, vermeinet nicht, hiemit ge-
recht zu sein und Gottes gnad zu verdienen und
achtets nicht für ein ding zur seligkeit notwendig.
Im gebot Gottes von heiligung des sabbats [Ex
20, 8-11; 31, 12-17; 35, 1-3; Dt 5, 12-15] ist allein
species, das ist die determination des siebenden
tags, und die ceremonien, so Gott durch Mosen sei-

nem volk zu halten geboten hat, welchs man pflegt
das ceremoniale zu nennen, aufgehaben, das genus
aber, das ist, daß zu gewisser zeit gemeine christ-
liche versamlung geschehen, alle weltliche hendel
und gescheft unterlassen und allein der gottesdienst
getrieben und was zur ubung des glaubens und der
lieb dienlich und förderlich sein kann, tractirt und
gehandlet werde, bleibt noch obligirt und bindet
alle menschen. Und da will Gott von seiner kirchen
haben, sie soll das wort und die lehr, wie er die
durch seinen Sohn, die propheten und aposteln
offenbaret hat, rein und unverfelschet haben und
behalten und die sacramenta, wie sie der Herr Chri-
stus selbs verordnet und eingesetzt hat [Mt 28, 19;
Mk 16, 15f; Mt 26,26-28; Mk 14, 22-24; Luk
22, 19-20; 1. K 11, 23-26], gebrauchen und hier-
in nichts endern, nichts darzu- oder darvontun, wie
der Herr sagt, Joan. 10 [27]: Meine schafe hören
meine stimme. Und sein treuer diener, der apostel
Paulus, Ephes. 2 [20]: Ihr seid erbauet auf das fun-
dament der aposteln und propheten, da Jhesus
Christus der eckstein ist; item zun Gal. 1 [8]: So
auch wir oder ein engel vom himmel euch würde
evangelion predigen anderst, denn das wdr euch ge-
prediget haben, der sei verflucht. Was aber die cere-
monien, personen, tage, stunde, ort und andere der-
gleichen circumstantien und umbstende belanget,
hat uns der Herr Christus vom gesetz Mosi, wie
Paulus beweiset [vgl. Rm 7, 1-6], erlediget und den
berufenen ordentlichen vorstehern der kirchen
nach gelegenheit der zeit und eines jeden landes
und orts dieselbigen, wie sie am besten zur er-
bauung und besserung dienen mögen, zu ordnen
vergönnet und zugelassen, wie deren etliche der
apostel Paulus in der Corinther, 1. Cor. 11 [4f. 34]
und 14 [13. 26ff. 34], und andern kirchen, die an-
dern aposteln und ihre nachfolger und viel frommer
treuer bischof und lehrer ein jeder an seinem ort
und zu seiner zeit angerichtet und in brauch bracht
und behalten haben. Hiervon gibt der apostel
[1. K 14, 40] einen gemeinen unterricht und sagt,
es solt alles züchtiglich oder (wie es etlich verdeut-
schen) ehrlich und ordentlich zugehen, und will
also, daß in allem kirchenregiment darauf gesehen
werde, daß man erstlich das decorum, das ist zucht
und redlichkeit, halte, auf daß hiemit die gemüter

182
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften