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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0322
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Kirchenordnung 1566

setzung des Herrn Christi genossen und gebraucht
werden, erinnern sie uns der gnedigen verheißung
Gottes, bezeugen und bestetigen uns dieselbigen, er-
wecken und sterken den glauben an sie. Und ist in
solcher action der heilige Geist kreftig, tut sein ampt,
versichert uns der göttlichen gnaden, gibt trost und
sterk in blödigkeit des gewissens und schützet uns
wider alle klag und förderung der sünden, des teu-
fels, der hellen, des ewigen tods und verdamnus.
(a. R.: Baptismus adoptionis et regenerationis
obsignatio.) Und ist die tauf ein sacrament, zeichen,
zeugnus und gewisse versicherung11, daß uns Gott zu
kindern angenommen, die sünde vergeben und durch
seinen heiligen Geist neu geboren hat zum seligen
ewigen leben, und wird nur einmal genommen im
ganzen leben, darumb daß es gnug ist, daß unser
Gott und gnediger treuer Vatter im himmel uns ein-
mal zu kindern ufnimpt und durch seinen Geist
wider von neuem gebiret. Und hat sich ein christ
dieses gnadenreichen bundzeichens, so er einmal ent-
pfangen, zu trösten und gegen dem feind der chri-
stenheit zu behelfen die ganze zeit seines lebens.
(a. R.: Coena domini signum alimoniae et recon-
ciliationis.) Das abendmal des Herrn aber ist ein
zeugnus und gewisse versicherung, daß Gott, unser
gütiger Vatter, uns, seine kinder, umb unsers un-
gehorsams willen, wann wir uns zu ihm bekeren, nicht
verstoßen und den neu gebornen menschen immer
nehren und erhalten will, und so oftmals von einem
jeden frommen christen genossen und gebraucht wer-
den, darumb daß wir oftmals straucheln und fallen
und mit unsern sünden den gnedigen Vatter im him-
mel erzörnen und daß er uns zu enterben und aller
versprochenen gnad und güter zu entsetzen, gut fug
und recht hette, gnugsam ursach geben. Dem men-
schen in diesem zeitlichem leben ist gnug, daß er
einmal uf die welt in dies leben geboren werde, er
muß aber immer essen und drinken, daß er im leben
bleibe, dergleichen, daß ein kind seinem vatter ge-
boren oder von ihm adoptirt und erwelet werde zum
erben seiner güter, ist mit einem mal gnug, wann es
aber ungehorsam und mutwillig ist und derwegen
von seinem vatter verstoßen und enterbet wird, be-
darf es nit einer neuen geburt und adoption, son-

11 Vgl. in den Fragstücken S. 302.

dern allein der versönung mit dem vatter, und das-
selbig so oft als es den gehorsam ubertritt und mit
seinem mutwillen den vatter erzörnet. Ein gleiche
gestalt hat es mit dem geistlichen leben, da ist gnug,
daß uns Gott einmal wiedergebiert und zu kindern
und erben seines ewigen reichs annimpt. Es will aber
der neue mensch für und für seine nahrung und ufent-
haltung haben, und müssen die kinder, so oft sie sich
mit ihren sünden und ungehorsam an ihrem gnedigen
Vatter vergreifen, mit ihm widerumb vereiniget und
versönet werden. Dieweil dann nun die tauf ein ver-
sicherung ist der widergeburt und kindschaft, das
abendmal des Herrn Christi aber ist ein zeugnus und
bestetigung der nahrung und ufenthaltung des neuen
lebens, so durch den heiligen Geist geschicht, und
der versönung, wird die tauf nur einmal, das abend-
mal des Herrn Christi aber vielmals von rechtschaf-
fenen christen, so lang sie Gott in diesem leben haben
will, gebraucht. Und nachdem wir ein jeder bei sich
selbs befinden, wie der alte mensch den neuen zu
undertrucken und genzlich zu verderben stetigs sich
befleißet, darzu denn der teufel nit wenig hilf und
fürderung tut, ja, alle seine list und behendigkeit,
alle macht und gewalt dahin wendet, und wir leider
bekennen müssen, daß wir ohn underlaß unsern gne-
digen Vatter im himmel mit unsern vielfaltigen sün-
den zu billichem zorn reizen und aller versprochenen
güter und erbschaft uns selbs entsetzen und daher
stetiger versönung mit ihm zum allerhöchsten not-
türftig seind, will uns ja gebüren, daß wir dieses hoch-
wirdig sacrament als den teuersten und edelsten
schatz hoch halten und mit großer reverenz und ehr-
erbietung in stetigem fleißigem brauch, wann die ge-
meine Gottes zusammenkompt, haben und behalten.
Es sagt der apostel Paulus [1. K 11, 28f.], welche
wöllen von dem brot und kelche des Herrn würdig und
fruchtbarlich essen und trinken, die sollen sich zuvor
selbs wol prüfen, daß sie nit essen und trinken das
gericht, damit daß sie nicht underscheiden den leib
des Herrn. Derhalben daß dieses sacrament christ-
lich verrichtet werde, nachdem von etlichen circum-
stantien, als zeit und ort, so hierzu bestimpt, und
personen, zur administration gehörig, etwas gesagt
worden ist, wollen wir erstlich, was zur rechtschaf-

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