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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0366
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362

Aristophanes

Unklar bleibt auch, ob und wie die Anwesenheit des Dionysos in dem
Stück motiviert wurde (denkbar wäre z. B., dass er zu seinem eigenen Fest, den
Großen Dionysien, nach Athen kam36), und welche Position er hinsichtlich des
wahrscheinlich in dem Stück thematisierten Verhältnisses Athens zu seinen
Bundesgenossen einnahm (er könnte sowohl die athenische Seeherrschaft
symbolisiert haben37 als auch als eine Art Anwalt der Inseln aufgetreten
sein38), und ob er auch direkt mit den babylonischen Mühlensklaven assoziiert
war,39 was z. B. dann denkbar wäre, wenn die Babylonier in dem Stück eine
ähnliche Rolle spielten wie die Satyrn im Satyrspiel (vgl. oben Nr. 5).
14. Worum es in diesem Prozess genau ging, bleibt unklar.40 Wenn
Dionysos dabei mit athenischen Demagogen konfrontiert war und anderer-
seits die Situation der athenischen Bundesgenossen in dem Stück thematisiert

36 So Fritzsche 1830, 27, Gunning 1882, 22, und vgl. auch Welsh 1983, 141; die Frage
wird auch diskutiert von Rostagni 1925, 486, Forrest 1975, 27, Carriere 2000, 205-6.
37 Bei Hermipp. fr. 63 ist er direkt verantwortlich für den Seehandel Athens mit ganz
unterschiedlichen Orten, vgl. Vers 1-3 εσπετε νϋν μοι, Μοϋσαι Ολύμπια δώματ’
εχουσαι, / έξ ού ναύκληρε! Διόνυσος έπ’ οϊνοπα πόντον, / δσσ’ άγάθ’ άνθρώποις
δεϋρ’ ήναγε νηί μελαίνη (und dazu Zielinski 1931, 95, der Vers 2 als „ex quo penes
populum Atheniensem est maritimum Imperium“ interpretiert).
38 Etwa aufgrund seiner besonderen Beziehung zu Naxos.
39 Dazu passt auch die kultische und mythologische Verbindung des Dionysos mit
dem Orient (allerdings nicht speziell mit den Babyloniern).
40 Ganz unsicher sind Versuche, den Gegenstand des Prozesses genauer zu bestimmen,
wie die von Blaydes 1885, 40 (der vermutet, dass die Demagogen gegen Dionysos
als Schutzgott der ihnen verhassten Komödiendichter vorgehen) und Carriere 2000,
205. 206 (der annimmt, dass sich Dionysos zu freimütig ausdrückte, vielleicht gera-
de gegenüber den Schmeicheleien der Gesandten). Dasselbe gilt für die Vermutung
von Bergk ap. Meineke II.2 979 und Muhl 1881, 36 (der auf die „Vermittlerrolle“ des
Dionysos bei der Bezahlung von Phormions Schulden verweist), dass der Prozess
des Dionysos auf das ευθύνη-Verfahren des Phormion Bezug nimmt, bei dem dieser
zu einer Zahlung von 100 Minen verurteilt wurde, was, da er diese nicht bezahlen
konnte, zu seiner ατιμία führte; als später die Akarnanen Phormion als Strategen
wünschten, wurde die ατιμία dadurch aufgelöst, dass ihm in Zusammenhang mit
einem Opfer an Dionysos (?) eine entsprechend hohe Geldsumme als Lohn gezahlt
wurde (Androtion FGrHist 324 F 8 ap. Schol. Ar. Pac. 348e,8-ll, und vgl. Paus.
1,23,10; vgl. dazu ausführlich Jacoby 1954,1 125-37. II118-28). Gegen die Annahme
von Ranke 1830, cccxxxiii-v, dass in den Babylönioi Eukrates in einem Prozess
unter dem Vorsitz des Dionysos angeklagt wurde (mit Bezug auf einen Prozess,
auf den nach Rankes Vermutung auch bei Ar. Eq. 253-4 καί yap οίδε τάς όδούς, /
ασπερ Εύκρατης έφευγεν εύθύ των κύρη βίων angespielt wird), sprechen schon
die Erpressungsversuche der Demagogen, die mit einer Richterrolle des Dionysos
kaum vereinbar sind.
 
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