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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Öffentliche Gesamtsitzung am 27. Oktober 2001 in Hohenheim
DOI Artikel:
Mangini, Augusto: Neue Erkenntnisse über natürliche Klimaschwankungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0106
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27. Oktober 2001

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suchungen beprobt. Der Vergleich der Tiefenprofile von Sauerstoff-Isotopen im Sta-
lagmit mit dem A14C in Baumringen untermauert (Abb. 5) den Zusammenhang zwi-
schen 14C und Klima. Abschnitte mit erhöhtem 14C fallen mit einer schweren Isotopie,
also geringerem Niederschlag und vermutlich auch kühlerem Klima, zusammen. Da
diese hochfrequenten Variationen von 14C auf Schwankungen des Sonnenmagnetfeldes
zurückgeführt werden, konnten wir hier erstmals einen klare Kopplung zwischen
Sonne und Klima zeigen. Dies war überraschend, weil bis dato dieser Zusammenhang
in Frage gestellt wurde.
Die Wachstumsphasen der Stalagmiten im Oman, die wir bereits oben aufgelistet
haben, lieferten ein weiteres spannendes Ergebnis. Alle vier Phasen koinzidieren mit
Phasen stärkeren Erdmagnetfeldes. Um dies zu veranschaulichen, haben wir den Zeit-
verlauf des Erdmagnetfeldes, abgeleitet aus dem 10Be in Sedimenten, zusammen mit
den Wachstumsphasen aufgetragen (Abb. 6). Wir erkennen eine gute Übereinstim-
mung in den vier Bereichen. Um auszuschließen, dass es sich hier um ein lokales
Phänomen handelt, untersuchten wir ein zweites Gebiet in Europa, das ähnlich emp-
findlich auf Temperaturschwankungen wie die Lokalität im Oman reagiert. Wir
prüften mit Kollegen aus der Universität Innsbruck Stalagmiten aus hochalpinen
Höhlen. Die Spannagel-Höhle befindet sich in den Zilleralpen in 2.500 m Höhe ü.M.
am Rande des Hintertuxgletschers. In der Höhle beträgt die durchschnittliche Tempe-
ratur heute 1,5°C, ihre Schwankungen betragen weniger als 1°C. Das Wachstum von
Stalagmiten in Spannagel erfordert eine Temperatur nahe der heutigen. Während der
Eiszeiten, als die Temperatur in der Nord-Hemisphäre um 5-10°C niedriger war als
heute, konnten hier keine Stalagmiten wachsen. Wir können also über die Datierung
der Wachstumsphasen die eisfreien Phasen in den Alpen und insbesondere das Ende
der Eiszeiten präzise bestimmen. Wir fanden in dieser Höhle Wachstumsphasen, die
zeitgleich mit den Warmphasen in dem Oman stattfanden. In Spannagel konnten wir
zudem eine Wachstumsphase auch im Intervall vor 47-57 Tausend Jahren vor Heute
nachweisen.
Den Stalagmit SPA 52, der den Zeitabschnitt des letzten Interglazial abdeckt, haben
wir genauer untersucht. Auf Abb. 7 sind unsere Datierungen und die Wachstumspha-
sen aufgetragen. Wachstum fand zwischen 204 und 180 Tausend Jahren vor heute statt.
Der Wachstumsstillstand zwischen 180 Jahren und 135 Tausend Jahren entspricht der
vorletzten Eiszeit (dem marinen Isotopenstadium 6). 135 Tausend Jahren vor heute
muss es in 2.500 m Höhe bereits fast so warm wie heute gewesen sein, denn das Wachs-
tum setzt hier wieder ein. Diese Wachstumsphase des Stalagmits kann mit dem glei-
chen Abschnitt der Sauerstoffisotopenkurve, die kürzlich von einem Kollegen aus
Oxford [über die Th/U-Datierung von Korallen im Sediment] exakt datiert wurde,
verglichen werden: die Wachstumsphase von Spa 52 stimmt mit der Datierung aus
Oxford sehr gut überein. Der Pfeil zeigt den Beginn der Erwärmung am Ende der Eis-
zeit, der schraffierte Bereich den Beginn des Wachstums in den Alpen. Nach der
Erwärmung beginnt das Eis zu schmelzen, und vor bereits 135 Tausend Jahren ist
Spannagel eisfrei. Hier erkennen wir, dass die Erwärmung deutlich vor dem Maximum
der Sonneneinstrahlung in Sommer bei 65°N stattfindet, was bisher als die gängige
Erklärung für den Beginn der Erwärmung angegeben wird. Durch den Vergleich der
Meeresspiegelkurve mit der Intensität des Erdmagnetfeldes, aus dem 10Be in Sedimen-
ten abgeleitet, erkennen wir, dass der Meeresspiegel während einer Phase maximalen
Erdmagnetfelds zu steigen beginnt. Bereits vor dem Eem, das in den Bereich zwischen
 
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