Herbert Hunger
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Tabula Imperii Byzantini. Auf dem 13. Internationalen Byzantinistenkongreß in
Oxford (1966) konnte Hunger der Fachwelt die ersten Großprojekte präsentieren, mit
deren Bearbeitung er „seine“ Kommissionen beauftragt hatte: die Erstellung eines
„Prosopographischen Lexikons der Palaiologenzeit“, eines biographischen Verzeich-
nisses aller in griechischen Quellen belegten Personen aus dem Zeitraum 1259-1453,
vom Kaiser bis zum Taglöhner, vom Patriarchen von Konstantinopel bis zum Bettel-
mönch, und die Ausarbeitung der „Tabula Imperii Byzantini“, einer groß angelegten
historisch-geographischen Dokumentation des byzantinischen Reiches in seiner
jeweils aktuellen Ausdehnung. Beide Arbeitsvorhaben können heute auf eine stattliche
Reihe von Bänden zurückblicken (das „Prosopographische Lexikon der Palaiologen-
zeit“ wurde übrigens 1996 mit einem Gesamtregister abgeschlossen) und zählen zu
den international führenden Leistungen der modernen Byzantinistik. Kurz danach
wurden unter der Anleitung Hungers weitere Projekte in Angriff genommen (und mit
den vorgenannten in einem eigenen Forschungsschwerpunkt des österreichischen
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gebündelt), etwa die Erstel-
lung eines Repertoriums der Kopisten der griechischen Handschriften des Mittelalters
und der Renaissance oder die Ausgabe des Patriarchatsregisters von Konstantinopel,
einer in Wien an der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrten einzigartigen
Sammlung von Dokumenten aus der Kanzlei der ökumenischen Patriarchen des 14.
Jahrhunderts. An beiden Arbeitsvorhaben (von denen inzwischen jeweils drei Bände
erschienen sind) nahm Hunger selbst höchst aktiven Anteil, nicht nur wissenschaft-
lich, sondern auch organisatorisch, etwa durch den zielstrebigen Ausbau der Photo-
sammlung für das „Kopistenrepertorium“, an der heute mehr als 100.000 Photogra-
phien aus byzantinischen und metabyzantinischen Codices liegen. Dazu kam bald als
weiteres Projekt der Kommission für Byzantinistik die Edition und Analyse byzanti-
nischer Bleisiegel in österreichischen Sammlungen, auch dieses von so manchen Studi-
en aus der Feder Herbert Hungers begleitet (in Parenthese: Die Kommission für
Byzantinistik beheimatet heute die weltweit führende Photothek zu byzantinischen
Bleibullen). 1975 erfolgte an der Kommission die Schaffung einer „Series Vindobo-
nensis“ im Rahmen des „Corpus Fontium Historiae Byzantinae“ (das dafür zuständi-
ge internationale Komitee leitete Hunger von 1966 bis zu seinem Tode), und seit 1985
beteiligt sich die Kommission auch im Auftrage der Union Academique Internationa-
le mit dem „Corpus Scriptorum De Re Musica“ an den „Monumenta Musicae Byzan-
tinae“.
1970 zum Vizepräsidenten, 1973 zum Präsidenten der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften gewählt, hatte Herbert Hunger in der letztgenannten Funktion (er
bekleidete sie bis zum September 1982) einen ganz entscheidenden Anteil an der
Umgestaltung einer traditionellen Gelehrtengesellschaft in eine effiziente, national wie
international voll anerkannte Forschungsinstitution, die sich unter Wahrung ihres
alten Erbes auf neuen Wegen bestens bewährt hat. In die Zeit von Hungers Wirken fal-
len etwa die Gründung des Akademieverlags, der heute als der führende wissenschaft-
liche Verlag Österreichs bezeichnet werden kann, oder der Neubau des Erich-Schmid-
Instituts für Festkörperphysik in Leoben und des Instituts für Molekularbiologie in
Salzburg und schließlich, um nur noch eines zu nennen, die Renovierung der „Alten
Burse“ in der Sonnenfelsgasse in Wien, Heimstätte verschiedener Einrichtungen der
Akademie, ein Bau, der als „Herbert-Hunger-Haus“ mit gutem Recht seinen Namen
trägt. Unermüdlich auch Hungers Engagement für viele wissenschaftliche Kommis-
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Tabula Imperii Byzantini. Auf dem 13. Internationalen Byzantinistenkongreß in
Oxford (1966) konnte Hunger der Fachwelt die ersten Großprojekte präsentieren, mit
deren Bearbeitung er „seine“ Kommissionen beauftragt hatte: die Erstellung eines
„Prosopographischen Lexikons der Palaiologenzeit“, eines biographischen Verzeich-
nisses aller in griechischen Quellen belegten Personen aus dem Zeitraum 1259-1453,
vom Kaiser bis zum Taglöhner, vom Patriarchen von Konstantinopel bis zum Bettel-
mönch, und die Ausarbeitung der „Tabula Imperii Byzantini“, einer groß angelegten
historisch-geographischen Dokumentation des byzantinischen Reiches in seiner
jeweils aktuellen Ausdehnung. Beide Arbeitsvorhaben können heute auf eine stattliche
Reihe von Bänden zurückblicken (das „Prosopographische Lexikon der Palaiologen-
zeit“ wurde übrigens 1996 mit einem Gesamtregister abgeschlossen) und zählen zu
den international führenden Leistungen der modernen Byzantinistik. Kurz danach
wurden unter der Anleitung Hungers weitere Projekte in Angriff genommen (und mit
den vorgenannten in einem eigenen Forschungsschwerpunkt des österreichischen
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gebündelt), etwa die Erstel-
lung eines Repertoriums der Kopisten der griechischen Handschriften des Mittelalters
und der Renaissance oder die Ausgabe des Patriarchatsregisters von Konstantinopel,
einer in Wien an der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrten einzigartigen
Sammlung von Dokumenten aus der Kanzlei der ökumenischen Patriarchen des 14.
Jahrhunderts. An beiden Arbeitsvorhaben (von denen inzwischen jeweils drei Bände
erschienen sind) nahm Hunger selbst höchst aktiven Anteil, nicht nur wissenschaft-
lich, sondern auch organisatorisch, etwa durch den zielstrebigen Ausbau der Photo-
sammlung für das „Kopistenrepertorium“, an der heute mehr als 100.000 Photogra-
phien aus byzantinischen und metabyzantinischen Codices liegen. Dazu kam bald als
weiteres Projekt der Kommission für Byzantinistik die Edition und Analyse byzanti-
nischer Bleisiegel in österreichischen Sammlungen, auch dieses von so manchen Studi-
en aus der Feder Herbert Hungers begleitet (in Parenthese: Die Kommission für
Byzantinistik beheimatet heute die weltweit führende Photothek zu byzantinischen
Bleibullen). 1975 erfolgte an der Kommission die Schaffung einer „Series Vindobo-
nensis“ im Rahmen des „Corpus Fontium Historiae Byzantinae“ (das dafür zuständi-
ge internationale Komitee leitete Hunger von 1966 bis zu seinem Tode), und seit 1985
beteiligt sich die Kommission auch im Auftrage der Union Academique Internationa-
le mit dem „Corpus Scriptorum De Re Musica“ an den „Monumenta Musicae Byzan-
tinae“.
1970 zum Vizepräsidenten, 1973 zum Präsidenten der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften gewählt, hatte Herbert Hunger in der letztgenannten Funktion (er
bekleidete sie bis zum September 1982) einen ganz entscheidenden Anteil an der
Umgestaltung einer traditionellen Gelehrtengesellschaft in eine effiziente, national wie
international voll anerkannte Forschungsinstitution, die sich unter Wahrung ihres
alten Erbes auf neuen Wegen bestens bewährt hat. In die Zeit von Hungers Wirken fal-
len etwa die Gründung des Akademieverlags, der heute als der führende wissenschaft-
liche Verlag Österreichs bezeichnet werden kann, oder der Neubau des Erich-Schmid-
Instituts für Festkörperphysik in Leoben und des Instituts für Molekularbiologie in
Salzburg und schließlich, um nur noch eines zu nennen, die Renovierung der „Alten
Burse“ in der Sonnenfelsgasse in Wien, Heimstätte verschiedener Einrichtungen der
Akademie, ein Bau, der als „Herbert-Hunger-Haus“ mit gutem Recht seinen Namen
trägt. Unermüdlich auch Hungers Engagement für viele wissenschaftliche Kommis-