15. Mai 2004
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24.3.1871: „Das rauhe Kriegshandwerk, lange geübt, verwildert die Sitten der Menschen,
macht sie unfähig große erhabne Ideen zu fassen, stumpft sie ab für geistige Genüsse“.
Einige Monate nach der Kaiserkrönung gewährte Bismarck Ludwig II. ein
,,Darlehen ohne Hoffnung auf Deckung“ in jährlichen Raten von 300.000 Mark aus
dem Weifenfond. Bis 1886 flössen etwa 5 Mio [R. Hacker, in „Zeitschrift für bayer.
Landesgeschichte“, 2002, S. 911 ff.].
Die zunehmende Verschuldung des Königs
Trotz jährlicher Zuweisungen aus dem Staatshaushalt von 2.350.850 Gulden, später
etwa 4,2 Mio Mark (Gesamtbudget des bayerischen Staates 1884/85 = 234.143.613
[Wöbking, 1986, S. 19/20)], Jahresraten von 300.000 Mark und einer weiteren
Zuwendung Bismarcks von 1 Mio Mark im Februar 1884 war die Schuldenlast der
Zivilliste durch Bauprogramm, Kunst- und Einrichtungskäufe im Frühjahr 1884 auf
etwa 7,5 Mio angewachsen. In der Hoffnung, der König könne vom Eingehen neuer
Verbindlichkeiten abgehalten werden, vermittelte ihm der Finanzminister von Rie-
del am 30.5.1884 einen Kredit über 7,5 Mio eines bayerischen Bankenkonsortiums
zur Schuldentilgung. Der König erteilte unverzüglich neue Aufträge. Nach einem
Jahr waren 6,5 Mio neue Schulden angefallen.
Am 29.8.1885 sandte Ludwig II ein Handschreiben an Finanzminister von
Riedel: „Mein königlicher Wille ist es, daß die von mir unternommenen Bauten angemesse-
ne Fortsetzung und Vollendung erfahren... Ich beauftrage Sie, Herr Minister, die nötigen
Schritte zur Regelung der Finanzen zu tun und so Meine Unternehmungen zu fördern “
[R. Hacker, 1972, S. 315]. In seiner Antwort direkt an den König wies von Riedel
auf die rechtliche Unabhängigkeit der Zivilliste hin. Er forderte, jegliche ungedeck-
ten Ausgaben zu vermeiden. Der König rügte daraufhin den Finanzminister, weil er
es gewagt hatte, sich direkt an S.M. zu wenden, und ordnete seine Entlassung an. Die
Minister reagierten mit einer gemeinsamen Rücktrittsdrohung, was der König als
Majestätsbeleidigung ansah.
Kurz vor Weihnachten 1885 brachte em Diener Ludwigs II. dem vorsitzenden
Staatsminister von Lutz den „allerhöchsten Befehl, sich darüber zu äußern, was nach seiner
Ansicht bei der Lage der Kabinettskasse zu geschehen habe... “.
In seiner Antwort vom 6. 1. 1886 schätzte von Lutz den Schuldenstand auf 13
Mio. und weitere 10 oder 15 Mio Mark für die Vollendung der Bauten. Von Lutz ver-
wies auf gerichtliche Klagen und den drohenden Konkurs: „Wenn... die unabweisbare
Hand des Gerichtes eingreift... wer hätte den Muth vorherzusagen, ...ob nicht die Folgen sol-
cher Wirren sich am Throne selbst fühlbar machen?“
Am 26. Januar 1886 sandte Ludwig II. einen verzweifelten Hilferuf an den
Minister des Inneren, v. Feilitzsch: „seit ... die Stockung bei meinen Bauten, an welchen
mir so unendlich viel gelegen ist, eingetreten ist, ist mir die Hauptlebensfreude genommen
...würde dies nicht verhütet, so würde mich dies dermaßen empören, daß ich entweder mich
töten oder in jedem Fall das schändliche Land, in welchem dies schauderhafte geschah, sofort
und für immer verlassen... “.
Von Feilitzsch replizierte in seiner Antwort am 31.1.1886 die ablehnende
Position der vorausgehenden Ministerschreiben. In seiner Verzweiflung wandte sich
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24.3.1871: „Das rauhe Kriegshandwerk, lange geübt, verwildert die Sitten der Menschen,
macht sie unfähig große erhabne Ideen zu fassen, stumpft sie ab für geistige Genüsse“.
Einige Monate nach der Kaiserkrönung gewährte Bismarck Ludwig II. ein
,,Darlehen ohne Hoffnung auf Deckung“ in jährlichen Raten von 300.000 Mark aus
dem Weifenfond. Bis 1886 flössen etwa 5 Mio [R. Hacker, in „Zeitschrift für bayer.
Landesgeschichte“, 2002, S. 911 ff.].
Die zunehmende Verschuldung des Königs
Trotz jährlicher Zuweisungen aus dem Staatshaushalt von 2.350.850 Gulden, später
etwa 4,2 Mio Mark (Gesamtbudget des bayerischen Staates 1884/85 = 234.143.613
[Wöbking, 1986, S. 19/20)], Jahresraten von 300.000 Mark und einer weiteren
Zuwendung Bismarcks von 1 Mio Mark im Februar 1884 war die Schuldenlast der
Zivilliste durch Bauprogramm, Kunst- und Einrichtungskäufe im Frühjahr 1884 auf
etwa 7,5 Mio angewachsen. In der Hoffnung, der König könne vom Eingehen neuer
Verbindlichkeiten abgehalten werden, vermittelte ihm der Finanzminister von Rie-
del am 30.5.1884 einen Kredit über 7,5 Mio eines bayerischen Bankenkonsortiums
zur Schuldentilgung. Der König erteilte unverzüglich neue Aufträge. Nach einem
Jahr waren 6,5 Mio neue Schulden angefallen.
Am 29.8.1885 sandte Ludwig II ein Handschreiben an Finanzminister von
Riedel: „Mein königlicher Wille ist es, daß die von mir unternommenen Bauten angemesse-
ne Fortsetzung und Vollendung erfahren... Ich beauftrage Sie, Herr Minister, die nötigen
Schritte zur Regelung der Finanzen zu tun und so Meine Unternehmungen zu fördern “
[R. Hacker, 1972, S. 315]. In seiner Antwort direkt an den König wies von Riedel
auf die rechtliche Unabhängigkeit der Zivilliste hin. Er forderte, jegliche ungedeck-
ten Ausgaben zu vermeiden. Der König rügte daraufhin den Finanzminister, weil er
es gewagt hatte, sich direkt an S.M. zu wenden, und ordnete seine Entlassung an. Die
Minister reagierten mit einer gemeinsamen Rücktrittsdrohung, was der König als
Majestätsbeleidigung ansah.
Kurz vor Weihnachten 1885 brachte em Diener Ludwigs II. dem vorsitzenden
Staatsminister von Lutz den „allerhöchsten Befehl, sich darüber zu äußern, was nach seiner
Ansicht bei der Lage der Kabinettskasse zu geschehen habe... “.
In seiner Antwort vom 6. 1. 1886 schätzte von Lutz den Schuldenstand auf 13
Mio. und weitere 10 oder 15 Mio Mark für die Vollendung der Bauten. Von Lutz ver-
wies auf gerichtliche Klagen und den drohenden Konkurs: „Wenn... die unabweisbare
Hand des Gerichtes eingreift... wer hätte den Muth vorherzusagen, ...ob nicht die Folgen sol-
cher Wirren sich am Throne selbst fühlbar machen?“
Am 26. Januar 1886 sandte Ludwig II. einen verzweifelten Hilferuf an den
Minister des Inneren, v. Feilitzsch: „seit ... die Stockung bei meinen Bauten, an welchen
mir so unendlich viel gelegen ist, eingetreten ist, ist mir die Hauptlebensfreude genommen
...würde dies nicht verhütet, so würde mich dies dermaßen empören, daß ich entweder mich
töten oder in jedem Fall das schändliche Land, in welchem dies schauderhafte geschah, sofort
und für immer verlassen... “.
Von Feilitzsch replizierte in seiner Antwort am 31.1.1886 die ablehnende
Position der vorausgehenden Ministerschreiben. In seiner Verzweiflung wandte sich