44 | JAHRESFEIER
Ludwig II. am 6. 4. 1886 erneut an Bismarck. Der riet Ludwig, er solle seinem Staats-
ministerium den Befehl erteilen, die Bewilligung der erforderlichen Summe beim
Landtag zu beantragen. Unverzüglich erließ Ludwig II. den Befehl: „Es ist mein Wille,
daß zur Ordnung der Verhältnisse meiner Kabinettskasse von meiner Regierung noch dem
gegenwärtig versammelten Landtag eine Vorlage gemacht und mir mit tunlichster Beschleuni-
gung die hierauf bezüglichen Vorschläge unterbreitet werden. “
Der König erhielt als Antwort einen drastisch formulierten Bericht des Ge-
samtministeriums, mit dem eine Landtagsvorlage als aussichtslos abgelehnt und
Zweifel geäußert wurden, ob Majestät im Konkursfall noch die Zügel der Regie-
rung in der Hand behalten könne. Die Anspielung „daß der Aufenthalt einer Mehrzahl
von Reitersoldaten am Königlichen Hoflager allenthalben besprochen und im Sinne eines
unsittlichen Verhältnisses gedeutet wird“, mußte den König empfindlich treffen.
Der Konflikt mit der Regierung hatte sich wie ein Crescendo gesteigert. Alle
Möglichkeiten, auf geordnetem Wege Geld zu erhalten, waren erschöpft. Den hoch
empfindsamen König mußte die Blockierung seiner Bausucht, die schwerwiegende
Verletzung seines Ansehens und der angedrohte Sturz aus der königlichen Herr-
scherrolle tief beunruhigen. In dieser verzweifelten Lage geriet er in einen Zustand
von Unruhe, Angst und „hektischen Versuchen der Geldbeschaffung“ [W.Wöbking,
1986, S. 34]. In großer Hast erteilte er Aufträge, mit ordentlichen - vielleicht auch
mit widerrechtlichen — Mitteln Geld oder Kredite zu erlangen. Zur Ausführung von
Gesetzesbrüchen kam es nicht! Das Zitat aus einem Handschreiben des Königs an
Hesselschwerdt vom 11.5. 1886 — das nachWöbking „die wirre irreale Gedanken-
welt des Königs widerspiegelt“ [W. Wöbking, 1986, S. 34/35] macht Abhängigkeit
und Verzweiflung am Scheitern der Bautätigkeit deutlich: „Sage ihm, dass die Bauten
mir die Hauptlebensfreude sind, dass ich, seit alles schändlich stockt, ganz unglücklich bin, an
Abdanken, Selbsttötung stets denke, dass der Zustand aufhören muß, dass die Bauten nicht
mehr stocken dürfen... “
Unheilbar geisteskrank und dauerhaft regierungsunfähig?
Mindestens ab Januar 1886 war das Ministerium von Lutz entschlossen, Ludwig die
Regierungsgewalt zu entziehen. Eine zivilrechtliche Lösung, etwa Entmündigung
wegen Verschwendungssucht war ausgeschlossen. Eine freiwillige Abdankung schien
aussichtslos. So blieb als einzige Möglichkeit Titel II, §11 der Bayerischen Verfassung
von 1818: „Sollte der Monarch durch irgendeine Ursache, die in ihrer Wirkung länger als
ljahr dauert, an der Ausübung der Regierung gehindert werden und für diesen Fall nicht selbst
Vorkehrung getroffen haben oder treffen können, so findet mit Zustimmung der Stände, wel-
chen die Verhinderungsursachen anzuzeigen sind, gleichfalls die für den Fall der Minder-
jährigkeit bestimmte gesetzliche Regentschaft statt. “6
6 Auszug aus dem Verfassungskommentar von Spieß [Spieß: Die Bedeutung der Verfassungsurkunde
des Königreichs Bayern, Erlangen 1842, aus dem Kommentar zu § 11, S. 9—12): „Nach §31 erschei-
nen als Geistesfehler, welche ein Hindernis in Ausübung der Regierung bilden können, nur Blödsinn und
Wahnsinn. Aus der Natur der Sache und vermöge der Vorschriften des gemeinen Rechts folgt aber, daß eine
legale und gründliche Untersuchung vorangehen muß. “
Ludwig II. am 6. 4. 1886 erneut an Bismarck. Der riet Ludwig, er solle seinem Staats-
ministerium den Befehl erteilen, die Bewilligung der erforderlichen Summe beim
Landtag zu beantragen. Unverzüglich erließ Ludwig II. den Befehl: „Es ist mein Wille,
daß zur Ordnung der Verhältnisse meiner Kabinettskasse von meiner Regierung noch dem
gegenwärtig versammelten Landtag eine Vorlage gemacht und mir mit tunlichster Beschleuni-
gung die hierauf bezüglichen Vorschläge unterbreitet werden. “
Der König erhielt als Antwort einen drastisch formulierten Bericht des Ge-
samtministeriums, mit dem eine Landtagsvorlage als aussichtslos abgelehnt und
Zweifel geäußert wurden, ob Majestät im Konkursfall noch die Zügel der Regie-
rung in der Hand behalten könne. Die Anspielung „daß der Aufenthalt einer Mehrzahl
von Reitersoldaten am Königlichen Hoflager allenthalben besprochen und im Sinne eines
unsittlichen Verhältnisses gedeutet wird“, mußte den König empfindlich treffen.
Der Konflikt mit der Regierung hatte sich wie ein Crescendo gesteigert. Alle
Möglichkeiten, auf geordnetem Wege Geld zu erhalten, waren erschöpft. Den hoch
empfindsamen König mußte die Blockierung seiner Bausucht, die schwerwiegende
Verletzung seines Ansehens und der angedrohte Sturz aus der königlichen Herr-
scherrolle tief beunruhigen. In dieser verzweifelten Lage geriet er in einen Zustand
von Unruhe, Angst und „hektischen Versuchen der Geldbeschaffung“ [W.Wöbking,
1986, S. 34]. In großer Hast erteilte er Aufträge, mit ordentlichen - vielleicht auch
mit widerrechtlichen — Mitteln Geld oder Kredite zu erlangen. Zur Ausführung von
Gesetzesbrüchen kam es nicht! Das Zitat aus einem Handschreiben des Königs an
Hesselschwerdt vom 11.5. 1886 — das nachWöbking „die wirre irreale Gedanken-
welt des Königs widerspiegelt“ [W. Wöbking, 1986, S. 34/35] macht Abhängigkeit
und Verzweiflung am Scheitern der Bautätigkeit deutlich: „Sage ihm, dass die Bauten
mir die Hauptlebensfreude sind, dass ich, seit alles schändlich stockt, ganz unglücklich bin, an
Abdanken, Selbsttötung stets denke, dass der Zustand aufhören muß, dass die Bauten nicht
mehr stocken dürfen... “
Unheilbar geisteskrank und dauerhaft regierungsunfähig?
Mindestens ab Januar 1886 war das Ministerium von Lutz entschlossen, Ludwig die
Regierungsgewalt zu entziehen. Eine zivilrechtliche Lösung, etwa Entmündigung
wegen Verschwendungssucht war ausgeschlossen. Eine freiwillige Abdankung schien
aussichtslos. So blieb als einzige Möglichkeit Titel II, §11 der Bayerischen Verfassung
von 1818: „Sollte der Monarch durch irgendeine Ursache, die in ihrer Wirkung länger als
ljahr dauert, an der Ausübung der Regierung gehindert werden und für diesen Fall nicht selbst
Vorkehrung getroffen haben oder treffen können, so findet mit Zustimmung der Stände, wel-
chen die Verhinderungsursachen anzuzeigen sind, gleichfalls die für den Fall der Minder-
jährigkeit bestimmte gesetzliche Regentschaft statt. “6
6 Auszug aus dem Verfassungskommentar von Spieß [Spieß: Die Bedeutung der Verfassungsurkunde
des Königreichs Bayern, Erlangen 1842, aus dem Kommentar zu § 11, S. 9—12): „Nach §31 erschei-
nen als Geistesfehler, welche ein Hindernis in Ausübung der Regierung bilden können, nur Blödsinn und
Wahnsinn. Aus der Natur der Sache und vermöge der Vorschriften des gemeinen Rechts folgt aber, daß eine
legale und gründliche Untersuchung vorangehen muß. “