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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt: Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0264
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Ergebnisse und vor allem auch analytische Kategorien lassen sich keiner Theorie der
Geschichte abringen, selbst dann nicht, wenn man von einer historisch differenzier-
ten Konzeption von Geschichte ausgeht; es geht nicht um die Bestimmung eines
spezifischen Ineinanders dreier Zeitstufen; nicht um die Rekonstruktion (begriff-
licher) Konzeptuahsierungen von Geschichte, nicht um vergangene Modi des
‘Begreifens’ und ‘Verstehens’ von Vergangenheit. Ebensowenig geht es um Logiken,
die über eine überzeitlich gültige Theorie von Gedächtnis und Erinnerung sichtbar
würden.
Diese ‘Absenz(en)’ sind nicht zufällig. Sie implizieren einen grundlegenden
Wechsel der Kategorien, über die vormoderne Vergangenheit(en) erfaßt werden und
erscheinen vielmehr als Konsequenz dreier für die Konzeption von Band (und
Tagung) grundlegender Prämissen:
- Vergangenheit (statt „Geschichte“ - „Gedächtnis“ - „Erinne-
rung“). Bewußt wird darauf verzichtet, vormoder ne Vergangenheitskonstruktionen
apriorisch vorzustrukturieren: teils, weil der Begriff als neutraler, unmarkierter,
immer adäquat ist (s.o.); teils, weil geschlossene Ansätze aus systematischen Gründen
die Komplexität des Phänomens nicht immer adäquat zu erfassen vermögen: so
droht etwa das Postulat — oder die Metapher? — eines sozialen „Gedächtnisses“ Kon-
struktionsprouesse, aktuale kommunikative Situationen und vor allem: die politische
Dimension der Konstruktion von Vergangenheit im Rahmen spezifischer politischer
Kulturen und Machtverhältnisse zu neutralisieren. Uber den Begriff der ‘Vergangen-
heit’ wird zudem ein Feld eröffnet, in dem zumeist separat betrachtete Phänomene
- Mythos, Geschichte/Geschichtswissenschaft, materielles Gedächtnis - gemeinsam
diskutiert werden, die zu trennen gerade für die Vormoderne oft problematisch ist.
— Konstruktion. Vergangenheit existiert nicht ,schlicht’, sie wird gemacht,
verfertigt, produziert: eben diese Konstruiertheit, die mit ihr verbundenen ‘Logiken’
in den Blick zu nehmen, ist Absicht (und ‘Fluchtpunkt’) des Bandes. Anders als in
Ansätzen, die mit dem Begriff der „Vergangenheitskonstruktion“ arbeiten (etwa C.
Lorenz, Konstruktion der Vergangenheit. Eine Einführung in die Geschichtstheorie,
Köln/Weimar 1997) geht es dabei nicht um eine ,geschichtstheoretische’ Perspekti-
ve, nicht darum, eine (oder mehrere) neue — oder gar universalisierbare -Theorie(n)
zu generieren. Vielmehr soll es darum gehen, in theoretisch sensiblen Einzelfallana-
lysen einzelne vormoderne Vergangenheitskonstruktionen in ihrer historischen Spe-
zifizität zu analysieren und dabei zugleich die reflexiven Horizonte und theoreti-
schen Kategorien zur Disposition zu stellen bzw. zu benennen, über die die Kon-
struktion von Vergangenheit als zentrales Moment vormoderner Kulturen faßbar
und verstehbar wird.
— (Re-)Kontextualisierung. Kultur ist das geflechtartige Ineinander medi-
aler, textueller und sozialer Praktiken, die über die Tatsache verschränkt sind, daß
sowohl die Produktion von Texten oder Ideen Teil sozialer Logiken ist wie umge-
kehrt soziale Praxis mit einer symbolischen, sinnbezogenen Dimension korreliert ist.
Die methodische Konsequenz ist dabei eindeutig: textuelle Strategien müssen rekon-
textualisiert, historische Befunde dem Raum des Gedanklichen, Ideenhaften, der
Textualität und Medialität geöffnet werden.
 
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