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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt: Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0266
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278 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

• im Rahmen der Untersuchung moderner Vergangenheitslogiken entwickelt wurden. So
speist sich etwa die Analyse von „Geschichte“ als „Geschichtlichem Grundbe-
griff4 grundsätzlich aus einer dezidiert geschichtsphilosophischen Perspektive, die
als Perspektive selbst die Konsequenz einer neuzeitlichen Geschichtskonzeption ist:
vermag indes em (daraus hervorgehender) Fokus auf eine spezifische „Differenz-
bestimmung zwischen Vergangenheit/Erfahrung und Zukunft/Erwartung“ vor-
moderne Vergangenheitskonzeptionen zu erschließen? Und reicht es, grundsätzli-
cher noch, aus, allein Verbegrifflichungen, ‘Konzeptionen’ in den Blick zu neh-
men? Natürlich ließe sich die Begriffsgeschichte zur „Diskursanalyse“ oder „sozi-
alkritischen Diskurssemantik“ weiterentwickeln, wie gerade jüngst wieder gefor-
dert, indes wurde sie noch nicht auf die Problematik Vergangenheit/Geschichte
angewandt. Der Ansatz dieses Bandes ist radikaler: er verzichtet darauf, vor-
moderne Vergangenheiten als Konzeptualisierungen einer (an sich) immergleichen
Zeitstruktur zu erfassen oder auf der Ebene von allein begrifflich-theoretischen
Diskursen zu situieren.
• Folgen eines gegebenen Ansatzes und seiner systemischen Geschlossenheit sind: Das Para-
digma „Gedächtnis“ impliziert nicht nur eine Art Hypostasierung individuellen
Erinnerns ‘zum’ kollektiven Gedächtnis; es ‘verpflichtet’ die Analyse auch auf eine
Reihe von Prämissen und Horizonten, etwa: auf die Unterscheidung zwischen
einem kommunikativen und einem kollektiven Gedächtnis; auf die Exklusion
wissenschaftlicher (oder ‘methodisch rationalisierter’) Formen der Vergangenheits-
konstruktion; auf die Deprivilegierung spezifischer medialer Logiken; auf Figuren
wie „Identität“ oder die „Selbstpflege von Gruppen“.
Als so definierter Ausgangspunkt muß ‘Alterität’ dabei in den Einzelbeiträgen nicht
eigens thematisiert werden. Wichtig ist allem, die Konsequenzen anhand von Einze-
lanalysen nachzuvollziehen; ebensowenig geht es um ‘Widerlegungen’ durchaus legi-
timer Zugangsweisen — etwa der Begriffsgeschichte oder des Gedächtnisses — an sich,
sondern um die Formulierung von Alternativen. Ein derart pragmatisches, am kon-
kreten Ergebnis interessiertes Verständnis von (methodischer) , Alterität’vermag dabei
die - bisweilen konsequenzlos anmutende - Rehabilitation dieses Begriffs zu sub-
stantiieren, der gerade jüngst bei Versuchen wiederbelebt wurde, das Gedächtnispa-
radigma zu revidieren (so etwa programmatisch bei BORSO, Medialität und Gedächt-
nis, Stuttgart 2001, 10—12 u.ö.).
IV Zwischen Wissen und Politik. Archäologie und Genealogie
frühmoderner Vergangenheitskonstruktionen
Unter diesen (teils konträren) Kategorien hat die historische und kulturwissen-
schaftliche Forschung bislang eine kulturelle Praxis in den Blick zu nehmen ver-
sucht, die für die Wissensgeschichte der Frühen Neuzeit eine grundlegende Dimen-
sion besitzt: die frühneuzeitliche historia. Absicht der Einzelprojekte von Kirsten
Mahlke (Konstanz) und Frank Bezner (Tübingen) sowie einer interdisziplinären und
internationalen Tagung, die im März 2006 an der Heidelberger Akademie der Wissen-
schaften stattfinden wird, ist es, Alternativen zu den Kategorien, Perspektiven und
 
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