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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Mitarbeitervortragsreihe "Wir forschen. Für Sie"
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Thomsen-Fürst, Rüdiger: „ . . . unsere wonneduftende Flöte. . .“: Überlegungen zur Kammermusik mit Flöte am Hofe Carl Theodors in Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0164
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180 | VERANSTALTUNGEN

Garten liegenden zwar kleinen, aber ungemein geschmackvollen Gebäude, die Prinzen
Gallian undYsenburg, die Frau von Sturmfeder und noch ein Paar Kavaliers waren bei
ihm. Er hatte beinah allen Glanz, jede Miene der zweiflenden Hoheit - nach Klop-
stocks Ausdruk — abgelegt und schien nur guter Mensch und liebenswürdiger Gesell-
schafter zu seyn. Sein Aeußeres kündigte Gesundheit und männliche Stärke an. Sein
freundlicher Blik, den er auf Fremde und Einheimische ausstrahlt, mildert das Zurük-
schrökende seiner Macht und seines Ansehens. Man vergißt im Anblik seiner lichten
Miene den Stern bald, der an seiner Brust flammt und seine Fürstengröße ankündigt.
Er empfieng mich so gnädig, daß sich meine Blödigkeit, bald in Freimuth verwandelte.
Nachdem er sich sehr liebreich nach meinen Umständen erkundigt hatte; so spielte er
selbst, beinah etwas furchtsam, ein Flötenkonzert von zween Toeschi und dem Violon-
zellisten Danzy begleitet. Nach diesem spielte ich verschiedene Stükke auf dem Fortepi-
ano, sang ein russisches Kriegslied, das ich soeben gemacht hatte, stand auf sprach über
Litteratur und Kunst und gewann des Kurfürsten vollkommenen Beifall. „Ich will Ihn
öfters hören und sprechen, “ sagt1 er mit der heitersten Miene, als ich Abschied nahm.31
Schubarts Text ist eine der wenigen Quellen zur Aufführung von Kammermusik am
kurpfälzischen Hof überhaupt. Besonders wertvoll ist sie durch die ausführliche
Beschreibung des gesellschaftlichen Rahmens. Zusammenkünfte der von Schubart
beschriebenen Art fanden demzufolge regelmäßig statt („seiner Gewohnheit nach“)
und hatten in Schwetzingen ihren Platz im neu errichteten Badhaus. Die anwesen-
den Personen waren außer dem Kurfürsten, einige Mitglieder der Hofgesellschaft
und die Musiker. Schubart schildert Carl Theodor als Menschen, nicht als Herrscher,
„er schien nur guter Mensch und Gesellschafter“. Nach einer Begrüßung musizier-
te der Kurfürst mit den Hofmusikern em „Flötenkonzert“. Anschließend spielte
Schubart selbst und man trieb Konversation über Gegenstände der Künste.
Sucht man nach Vorbildern für dieses Scene, so drängt sich der Vergleich mit
der französischen Salonkultur des Ancien Regime geradezu auf.
Kennzeichnend für den Pariser Salon waren die Zusammenkünfte zu einer
bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, veranstaltet von einer Zentral-Person,
meistens einer Frau, der Saloniere, seltener aber auch von Männern. Zu den Salon-
gesellschaften gehörten die Stammgäste, die Habitues, sowie Künstler und Gelehrte.
Im Zentrum der Salonaktivitäten stand das Gespräch, die Konversation, über Künste
und Wissenschaften, je nach Neigung der Saloniere aber auch das Musizieren, die
Lektüre oder das Betrachten von Kunstwerken. Wichtig war das gleichberechtigte
Gespräch, die scheinbare, temporäre Aufhebung der Standesunterschiede, die einen
Dialog der politischen und der Geisteselite überhaupt erst ermöglichte. Verena von
der Heyden-Rensch konstatiert eine Rezeption dieser Pariser-Salonkultur auch an
den deutschen Höfen des 18. Jahrhunderts:

31 Christian Friedrich Daniel Schubart, Leben und Gesinnungen. Von ihm selbst im Kerker aufgesetzt,
Nachdruck der Ausgabe Stuttgart 1791 und 1793 mit einem Nachwort von Claus Träger, Leip-
zig 1980, S. 208-209.
 
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