192 | VERANSTALTUNGEN
griffen.14 Am Ausgang des Mittelalters und beim Übergang zur Neuzeit kann man
auf den Philosophen, Theologen und Universalgelehrte Nikolaus von Kues (fl464)
und seinen Traktat „De pacefidei“ verweisen.
Das II. Vatikanische Konzil hat diese Aussagen aufgegriffen und auf die Aussa-
ge der Bibel, dass Gott das Heil aller Menschen will (1 Tim 2,4), verwiesen. Es hat
deshalb die Lehre von der allein selig machenden Kirche (extra ecclesiam nulla salus)
dahingehend interpretiert, dass jedem, der Gott aufrichtig sucht und ihm so folgt,
wie er ihn in seinem Gewissen erkennen kann, mit der Gnade Gottes das Heil mög-
lich ist (LG 16; GS 22; AA 7; vgl. DV 3; GS 57). Zwar kommt das Heil nach christ-
licher Überzeugung allein von Jesus Christus und nicht von anderen Heilbringern,
aber Gottes Geist ist nicht an die sichtbaren Grenzen der Kirche gebunden. Er hat
Wege, um die nur er weiß (AG 7). M.a.W: Das Wie müssen und können wir als
Theologen getrost Gott überlassen. Johannes Paul II. hat in seiner Missionsenzyklika
„Redemptoris missio“ (1990) von der universalen Wirksamkeit des Geistes Gottes
gesprochen und in diese Wirksamkeit auch die anderen Religionen und Kulturen
einbezogen.15
Die biblische Exklusivität schließt also eine dialogfreundliche Inklusivität ein.
Wir werden gleich noch darauf zu sprechen kommen, wie beides zusammengeht.
Zunächst jedoch muss ich noch eine dritte These anschließen, die religions-plurali-
stische Theorie, die gegenwärtig viel Aufmerksamkeit findet (W C. Smith, J. Hick,
P Knitter, P. Schmitt-Leukel u.a ). Sie geht im Sinn der Erkenntniskritik Kants von
der absoluten Transzendenz Gottes aus und sagt, dass diese Transzendenz von keiner
Religion adäquat erfasst werden kann; alle Religionen erfassen jeweils nur einen
mehr oder weniger bedeutenden Aspekt des Göttlichen. Deshalb — so die These —
müssen die Religionen alle Absolutheitsansprüche aufgeben. Das heißt im Sinn der
religions-pluralistischen These freilich nicht, dass alle Religionen gleich sind. Das
Kriterium ihrer Anerkennung ist jedoch nicht die Frage, ob sie der Wahrheit Gottes
mehr oder weniger oder auch gar nicht entsprechen; das Kriterium ist kein theore-
tisches sondern ein ethisch-praktisches, nämlich die Frage, ob und inwiefern sie dem
Menschen und seiner Befreiung dienen und ihn im Kampf gegen Armut, Gewalt,
Diskriminierung u.a. unterstützen.
Dieser pragmatische Lösungsversuch scheint heute vielen plausibel und er
beherrscht die öffentlichen Diskussionen. Ich lasse zur Seite, dass er von philosophi-
schen Voraussetzungen abhängig ist, die man kritisch befragen kann. Bedenkenswert
scheint mir jedoch der Gesichtspunkt, dass es nicht einfach ausgemacht ist, was denn
menschendienlich ist. Die Antwort auf die Frage, was menschendienlich ist, wird von
den Religionen unterschiedlich beantwortet und hängt vom jeweiligen Men-
schenbild ab, das wiederum vom jeweiligen Gottesbild abhängt. Auch nach unserer
Überzeugung muss, was im konkreten Fall menschendienlich ist, nach rationalen
14 M. Seckler, Das Heil in der Geschichte. Geschichtstheologisches Denken bei Thomas von Aquin,
München 1964, 220f.
1 ’ Johannes Paul II, Redemptoris missio, 28 f; vgl. 55—57.
griffen.14 Am Ausgang des Mittelalters und beim Übergang zur Neuzeit kann man
auf den Philosophen, Theologen und Universalgelehrte Nikolaus von Kues (fl464)
und seinen Traktat „De pacefidei“ verweisen.
Das II. Vatikanische Konzil hat diese Aussagen aufgegriffen und auf die Aussa-
ge der Bibel, dass Gott das Heil aller Menschen will (1 Tim 2,4), verwiesen. Es hat
deshalb die Lehre von der allein selig machenden Kirche (extra ecclesiam nulla salus)
dahingehend interpretiert, dass jedem, der Gott aufrichtig sucht und ihm so folgt,
wie er ihn in seinem Gewissen erkennen kann, mit der Gnade Gottes das Heil mög-
lich ist (LG 16; GS 22; AA 7; vgl. DV 3; GS 57). Zwar kommt das Heil nach christ-
licher Überzeugung allein von Jesus Christus und nicht von anderen Heilbringern,
aber Gottes Geist ist nicht an die sichtbaren Grenzen der Kirche gebunden. Er hat
Wege, um die nur er weiß (AG 7). M.a.W: Das Wie müssen und können wir als
Theologen getrost Gott überlassen. Johannes Paul II. hat in seiner Missionsenzyklika
„Redemptoris missio“ (1990) von der universalen Wirksamkeit des Geistes Gottes
gesprochen und in diese Wirksamkeit auch die anderen Religionen und Kulturen
einbezogen.15
Die biblische Exklusivität schließt also eine dialogfreundliche Inklusivität ein.
Wir werden gleich noch darauf zu sprechen kommen, wie beides zusammengeht.
Zunächst jedoch muss ich noch eine dritte These anschließen, die religions-plurali-
stische Theorie, die gegenwärtig viel Aufmerksamkeit findet (W C. Smith, J. Hick,
P Knitter, P. Schmitt-Leukel u.a ). Sie geht im Sinn der Erkenntniskritik Kants von
der absoluten Transzendenz Gottes aus und sagt, dass diese Transzendenz von keiner
Religion adäquat erfasst werden kann; alle Religionen erfassen jeweils nur einen
mehr oder weniger bedeutenden Aspekt des Göttlichen. Deshalb — so die These —
müssen die Religionen alle Absolutheitsansprüche aufgeben. Das heißt im Sinn der
religions-pluralistischen These freilich nicht, dass alle Religionen gleich sind. Das
Kriterium ihrer Anerkennung ist jedoch nicht die Frage, ob sie der Wahrheit Gottes
mehr oder weniger oder auch gar nicht entsprechen; das Kriterium ist kein theore-
tisches sondern ein ethisch-praktisches, nämlich die Frage, ob und inwiefern sie dem
Menschen und seiner Befreiung dienen und ihn im Kampf gegen Armut, Gewalt,
Diskriminierung u.a. unterstützen.
Dieser pragmatische Lösungsversuch scheint heute vielen plausibel und er
beherrscht die öffentlichen Diskussionen. Ich lasse zur Seite, dass er von philosophi-
schen Voraussetzungen abhängig ist, die man kritisch befragen kann. Bedenkenswert
scheint mir jedoch der Gesichtspunkt, dass es nicht einfach ausgemacht ist, was denn
menschendienlich ist. Die Antwort auf die Frage, was menschendienlich ist, wird von
den Religionen unterschiedlich beantwortet und hängt vom jeweiligen Men-
schenbild ab, das wiederum vom jeweiligen Gottesbild abhängt. Auch nach unserer
Überzeugung muss, was im konkreten Fall menschendienlich ist, nach rationalen
14 M. Seckler, Das Heil in der Geschichte. Geschichtstheologisches Denken bei Thomas von Aquin,
München 1964, 220f.
1 ’ Johannes Paul II, Redemptoris missio, 28 f; vgl. 55—57.