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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

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I. Das Geschäftsjahr 2012
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Lachmann, Renate: Aleksandr Puškin Eugen Onegin und dessen Nachgeschichte im Werk Vladimir Nabokovs: Festrede
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0037
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56

JAHRESFEIER

(I)
XLVI
Kto zil i mysiii, tot ne mozet A
V duäe ne prezirat’ Ijudej; b
Kto cuvstvoval, togo trevozit A
Prizrak nevozvratimych dnej: b
Tornu uz net ocarovanij, C
Togo zmij a vospominanij, C

Togo raskajan’e gryzet. d
Vse eto casto pridaet d
Bol’suju prelest’ razgovoru. E
Sperva Onegina j azyk f
Menja smuscal; nojaprivyk f
K ego jazvitel’nomu sporu, E
I k sutke, s zelc’ju popolam, g

I zlosti mracnych epigram.

XLVI.
Kto »ha h mmcawa, tot ne moäöt
B Ayiue ho npesHpaTb Aiofleö;
Kto HyacTBOBaA, toto TpeBoasnT
ripHBpaK HeBOSBpaiHMHX flHefi:
Towy y» hot oqapoBaHHÜ,
Toro 3MHH BOCHOMHHatmft,
Toro pacKaaHbe rpaiaeT.
Bee 3to uacTO npiiAaeT
BoAbwyio npeaecTb pasroßopy.
CnepBa Onernua sbmk
Mena CMyujaA; ho h npusbiK
K ero «SBHTeAbHOMy enopy,
M k uiyTKe, c aseAHbio nonoAaw,
PI 3AOCTH MpaHHblX BHHrpaM.

XLVI

He who has lived and thought ran’t Help
despising peciple in Ins sonl:
him who has feit disturbs
the ghost of irrecoverable days;
for him there are no more enchantments;
him does the snake of memories,
him does repentancc Lite.
All this often imparts
great charm to conversation.
At first, Onegin’s language
would trouble me; but I grew nsed
to his sarcastic argument
and banter bient halfwise with biie
and virulence of glooiny epigrams.

XLVI.
Wer lebt und denkt, der muß im Innern
Verachtung für die Menschen nährn;
Wer fühlt, muß bebend sich erinnern
Der Tage, die nicht wiederkehrn:
Den wird kein holder Zauber fangen,
Ihn werden der Erinnrung Schlangen
Zernagen und der Reue Zahn.
All das verleiht bisweilen dann
Nicht wenig Reiz auch seiner Rede.
Erst fand Onegins Sprache ich
Empörend, doch gewöhnt ich mich
Bald an sein Sticheln in der Fehde,
Den Scherz, halb gallig und halb süß,
Und die makabren Apercus.

Abb. 10

den schnellen Übergang von Thema zu Thema und lässt zu, vom Sujet wegzuglei-
ten. Auch der Sujetstrang, den man für den zentralen halten könnte, wird nicht ein-
sinnig entfaltet, sondern über weite Strecken dezentriert. D.h. Tatjanas erfolgloses
Werben um Onegin, ihre Heirat mit einem ungeliebten Mann; Onegins zur Unzeit
sich einstellende Leidenschaft, der sie sich versagt; und zuvor Onegins Duell mit sei-
nem Freund Lenskij, den er aus Übermut eifersüchtig macht und im Zweikampf
erschießt, alle diese Elemente bilden letztendlich das Sujet, doch dieses wird durch
Gesellschaftsschilderungen, Räsonnements und die literarische Szene betreffende
Exkurse vielfach unterbrochen und verschoben. Und dennoch, Dezentrierung, stili-
stische Zerstreuung und Abschweifung sind in den größeren Zusammenhang der
strophischen Struktur eingebunden. Der Verzicht auf die Verknüpfung der narrativen
 
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