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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

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I. Das Geschäftsjahr 2012
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0164
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Goethe- Wörterbuch

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allele besteht zwischen dem ‘Quasihofrat’ als designiertem Hofrat und dem ‘Quasi-
mann’ als resigniertem Ehemann, der bereits in Trennung von seiner prospektiven
Exehefrau lebt. Dass die ‘Quellen der Freude und des Lebens’ die Geschlechtsorga-
ne des Menschen sind, ist vorderhand plausibler als die Bedeutung von ‘Quellgeist’:
dahinter verbirgt sich weder eine ‘Quellnymphe’ noch ein ‘Quellgott’, sondern die
aus spontaner Imagination und Kreativität resultierende Produktivität des Genies.
Wiederum eine ältere Bedeutung hat sich in Goethes Gebrauch des Wörtchens
‘rasch’ erhalten, wo es bei ihm, bis in seine letzten Jahre, so viel wie energisch, dyna-
misch, vital, agil, impulsiv bedeuten kann. Auch ‘Rat’ transportiert noch eine heute
verschwundene Bedeutung, nämlich den Vorrat, die verfügbare Ressource. Jeweils
mehr als siebzig Zusammensetzungen mit ‘Reich’ (dem „Ersten“) und ‘Ritter’ zei-
gen an, inwieweit Goethe mit einem Bein weiterhin in der vormodernen Welt steht.
— ‘Rein’, allein von der hohen Belegzahl (3000) her als ein Lieblingswort Goethes
auszumachen, wartet auf mit einem breiten Spektrum ethischer und (quasi)religiö-
ser Nuancen, von der persönlichen Rechtschaffenheit, Geradlinigkeit, Unbefangen-
heit über (nicht nur kindliche) Unschuld, Unverdorbenheit, Aufrichtigkeit und
damit einhergehende Unbeschwertheit, Ausgeglichenheit, Sorglosigkeit bis hin zur
Freiheit von Schuld und Sünde, zu Keuschheit, Tugendhaftigkeit und der Ent-
rückung von allem (allzu) Irdischen. Der ‘Reine’ spielt keine ‘Rolle’, d.h., er kommt
authentisch daher und nicht mit einer öffentlichen Maske, ohne uneigentliche
Anpassung an gesellschaftliche Erwartungen und Zwänge - da ist besonders der
junge Goethe bisweilen noch recht rousseauistisch! — Pünktlich in der zweiten
Novemberhälfte konnten wir u.a. beginnen, der ‘Sache’ auf den Grund zu gehen.
Mit Jahresbeginn trat Sofia Frys die Stellennachfolge unserer im Herbst zuvor
verstorbenen Kollegin Lydia Quaas an. Das Akademiemitglied Wolfgang Raible
übernahm von Fritz Peter Knapp den Heidelberger Zweitsitz in der Interakademi-
schen Kommission für das Goethe-Wörterbuch. Ende April besuchte die Arbeits-
stelle eine Tagung im Marbacher Literaturarchiv zum Thema „Dichterisches Woh-
nen“, über von Goethe und anderen Autoren bewohnte oder erdichtete Domizile.
Vom 25. bis 28. Juli nahmen Beatrix Frank und Sofia Frys an der „6th International
Conference on Historical Lexicography and Lexicology“ in Jena teil, vom 7. bis 11.
August Sofia Frys und Rüdiger Welter am 15. Internationalen Euralex-Kongress in
Oslo (Norwegen). Mitte Juli hat die Arbeitsstelle eine Visitierung durch den Landes-
rechnungshof ohne nennenswerte Beanstandung, dafür mit ausgesprochener Aner-
kennung unserer Arbeit absolviert. Am 21 .August verstarb unerwartet die langjähri-
ge Arbeitsstellenleiterin Rose Unterberger; frühere und jetzige Mitarbeiter (innen)
der Tübinger Arbeitsstelle nahmen an der Trauerfeier teil, ebenso Dr. Alexander
Schweickert vom Kohlhammer-Verlag.
Martina Eicheldinger und Norbert Machheit nahmen ihre speziellen Zusatz-
aufgaben mit bewährter Gewissenhaftigkeit wahr, engagiert unterstützt von Frau
Wegenast und den wissenschaftlichen Hilfskräften. Im Hinblick auf die Evaluation
unternahm Herr Machheit außerdem eine nochmalige gründliche Revision unserer
Gesamtwortliste sowie der Supplementliste; auf dieser Grundlage ganz neu erstellt
wurde von ihm auch die rückläufige Gesamtwortliste, die unverzichtbar ist für die
 
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