B. Die Mitglieder
nie Bedenken getragen, zu Legitimationszwecken auf Topoi aus dem Arsenal der
Kulturgeschichte zuzugreifen.
Aus unserem Überblick über Dihles Werk mag deutlich geworden sein, dass
dieses Werk der umfassenden Erschließung und Vermittlung der antiken wie der
antik-christlichen Tradition als einer unerschöpflichen Quelle menschlicher Gesittung und
Lebensweisheit verpflichtet ist. Das in diesem Sinne persönlichste Wort Dihles ist
wohl in dem Fazit seiner langjährigen Arbeit an der kaiserzeitlichen Literaturge-
schichte zu sehen, das am Schluss von „Die Griechen und die Fremden“ steht:133
„Die neue, christliche Romidee erwies sich als ungemein wirksame geschichtliche
Kraft. ... durch sie erhielt die Pflege der alten, griechisch-römischen Bildungstradi-
tion in einer christlichen Gesellschaft eine neue Rechtfertigung und die Unterschei-
dung zwischen Zivilisation und Barbarei neue Kriterien. Ob es noch die unseren
sein können, ist dabei eine andere, aber keineswegs überholte Frage“.
In Dihles Amtszeit als Präsident unserer Akademie (1990—1994) fiel die Über-
windung der deutschen Teilung. Für das deutsche Wissenschaftssystem ergab sich
daraus - neben unzähligen anderen Aufgaben - die Notwendigkeit, die altertums-
wissenschaftlichen Traditionsvorhaben der alten Preußischen Akademie der Wis-
senschaften, die in der Akademie der Wissenschaften der DDR zunehmend einer
zentralistischen Kontrolle unterworfen und dadurch marginalisiert worden waren,
zu evaluieren und bei positiver Evaluation durch eine schwierige Übergangszeit
hindurch in die neu formierte Berlin-Brandenburgische Akademie zu überführen.
Es war eine schöne Fügung, dass Albrecht Dihle als Vertreter der Heidelberger
Akademie diese Aufgabe für dasjenige unter den Traditionsvorhaben übernehmen
konnte, das ihm nach dem Gesagten besonders am Herzen liegen musste: die Aus-
gabe der griechischen Kirchenväter, d.h. die Griechischen Christlichen Schriftsteller
(GCS). Dass dieses Unternehmen während der letztenjahre der DDR nicht völlig
zum Erliegen kam, ist nur dem privaten Einsatz seines 1991 verstorbenen Leiters
Kurt Treu und seiner Frau zu verdanken. Unter Dihles Leitung (mit Jürgen Dum-
mer als Arbeitsstellenleiter) wurde das Unternehmen sehr erfolgreich wiederbe-
lebt, und 1999 konnte Dihle die Leitung an unser korrespondierendes Mitglied
Christoph Markschies übergeben.134
Von den vielen Ehrungen, die Albrecht Dihle zuteil geworden sind, wollen
wir nur noch die höchste erwähnen: 1994 wurde er in den Orden Pour le merite
für Wissenschaften und Künste gewählt. Das Ordenszeichen wurde Dihle in der
öffentlichen Sitzung des Ordens in der Aula der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-
Universität Bonn am 30. Mai 1995 übergeben. Nach der von dem Archäologen
Bernard Andreae gesprochenen Laudatio hielt Dihle eine kleine Dankesrede, die
mit folgenden Worten schloss:
133 Dihle 1994b, 131.
134 Seidensticker 2013, 79 und 83 — 84.
116
nie Bedenken getragen, zu Legitimationszwecken auf Topoi aus dem Arsenal der
Kulturgeschichte zuzugreifen.
Aus unserem Überblick über Dihles Werk mag deutlich geworden sein, dass
dieses Werk der umfassenden Erschließung und Vermittlung der antiken wie der
antik-christlichen Tradition als einer unerschöpflichen Quelle menschlicher Gesittung und
Lebensweisheit verpflichtet ist. Das in diesem Sinne persönlichste Wort Dihles ist
wohl in dem Fazit seiner langjährigen Arbeit an der kaiserzeitlichen Literaturge-
schichte zu sehen, das am Schluss von „Die Griechen und die Fremden“ steht:133
„Die neue, christliche Romidee erwies sich als ungemein wirksame geschichtliche
Kraft. ... durch sie erhielt die Pflege der alten, griechisch-römischen Bildungstradi-
tion in einer christlichen Gesellschaft eine neue Rechtfertigung und die Unterschei-
dung zwischen Zivilisation und Barbarei neue Kriterien. Ob es noch die unseren
sein können, ist dabei eine andere, aber keineswegs überholte Frage“.
In Dihles Amtszeit als Präsident unserer Akademie (1990—1994) fiel die Über-
windung der deutschen Teilung. Für das deutsche Wissenschaftssystem ergab sich
daraus - neben unzähligen anderen Aufgaben - die Notwendigkeit, die altertums-
wissenschaftlichen Traditionsvorhaben der alten Preußischen Akademie der Wis-
senschaften, die in der Akademie der Wissenschaften der DDR zunehmend einer
zentralistischen Kontrolle unterworfen und dadurch marginalisiert worden waren,
zu evaluieren und bei positiver Evaluation durch eine schwierige Übergangszeit
hindurch in die neu formierte Berlin-Brandenburgische Akademie zu überführen.
Es war eine schöne Fügung, dass Albrecht Dihle als Vertreter der Heidelberger
Akademie diese Aufgabe für dasjenige unter den Traditionsvorhaben übernehmen
konnte, das ihm nach dem Gesagten besonders am Herzen liegen musste: die Aus-
gabe der griechischen Kirchenväter, d.h. die Griechischen Christlichen Schriftsteller
(GCS). Dass dieses Unternehmen während der letztenjahre der DDR nicht völlig
zum Erliegen kam, ist nur dem privaten Einsatz seines 1991 verstorbenen Leiters
Kurt Treu und seiner Frau zu verdanken. Unter Dihles Leitung (mit Jürgen Dum-
mer als Arbeitsstellenleiter) wurde das Unternehmen sehr erfolgreich wiederbe-
lebt, und 1999 konnte Dihle die Leitung an unser korrespondierendes Mitglied
Christoph Markschies übergeben.134
Von den vielen Ehrungen, die Albrecht Dihle zuteil geworden sind, wollen
wir nur noch die höchste erwähnen: 1994 wurde er in den Orden Pour le merite
für Wissenschaften und Künste gewählt. Das Ordenszeichen wurde Dihle in der
öffentlichen Sitzung des Ordens in der Aula der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-
Universität Bonn am 30. Mai 1995 übergeben. Nach der von dem Archäologen
Bernard Andreae gesprochenen Laudatio hielt Dihle eine kleine Dankesrede, die
mit folgenden Worten schloss:
133 Dihle 1994b, 131.
134 Seidensticker 2013, 79 und 83 — 84.
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