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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0334
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1. Die Abtei von Saint-Martin in ihrem
sozio-politischen Umfeld
Über die Anfänge der Abtei von Saint-Martin in Tournai liegen nur wenige Zeug-
nisse vor. Einer Legende zufolge wurde das Kloster im 7. Jahrhundert vom heiligen
Eligius von Noyon gegründet.1307 Mit den Normanneneinfällen des späten 9. Jahr-
hunderts habe sich die Gemeinschaft aufgelöst und die Brüder hätten Zuflucht in
anderen Klöstern gefunden. Da die Mönche aber nicht mehr nach Tournai zurück-
kehrten, verfiel das Kloster zusehends und sein Besitz zerstreute sich.1308 Erst 1092
sollte das Kloster durch den Bekehrten Odo und seine Gefährten wieder hergestellt
werden.
Die Martinsabtei lag vor den Toren der Stadt Tournai, deren Anfänge in die
gallo-römische Zeit zurückreichen. Als wichtiges Handels- und Herrschaftszen-
trum wurde Tournai Ende des 5. Jahrhunderts Bischofssitz.1309 Aber bereits 626
sollte das Bistum mit jenem von Noyon unter der Leitung eines Bischofs vereint
werden.1310 Auch wenn die Bischöfe fortan in Noyon residierten und in Tournai
lediglich durch das dortige Domkapitel vertreten waren, bekundeten sie durchaus
Interesse an dem sich weit in den Norden erstreckenden Bistum, was sich neben
zahlreichen Kirchweihen unter anderem auch in der Ende des 11. Jahrhunderts von
Bischof Radbod II. initiierten »Großen Prozession« von Tournai zeigt.1311
Nach dem Tod Bischof Radbods II. lassen sich in Tournai allerdings die ersten
Bestrebungen zu einer Trennung des Doppelbistums und der Errichtung einer ei-
genständigen Diözese Tournai fassen. Dessen ungeachtet erhob der französische
König 1123 seinen Cousin, Simon von Vermandois, auf den Bischofsstuhl von
Noyon-Tournai. Als es den Kanonikern von Tournai schließlich mit der Unter-
stützung zahlreicher Autoritäten, darunter Bernhard von Clairvaux, gelungen war,
Papst Eugen III. für die Eigenständigkeit ihres Bistums zu gewinnen, wurde 1146

1307 Vgl. dazu Hermann, Liber, c. 43, S. 84-87.
1308 Siehe dazu oben Anm. 1383.
1309 Traditionell gilt Eleutherius als erster Bischof von Tournai vgl. z. B. G. Böing, Artikel »Eleutherius
von Tournai«, Sp. 801; J. Warichez, Saint Eleuthere; neuere Forschungen haben aber ergeben, dass das
Bistum für einen gewissen Theodor errichtet wurde. Vgl. dazu J. Nazet, Artikel »Tournai«, Sp. 918.
1310 Nach J. Pycke, Le chapitre cathedral, S. 26 sind die Gründe für die Zusammenlegung nicht klar, da
Tournai noch nicht einmal das direkt benachbarte Bistum zu Noyon war; vgl. auch R. Deschepper,
Vereeniging van het bisdom Doornik, S. 472-479.
1311 Vgl. dazu J. Pycke, Le chapitre cathedral, S. 26; zur »Großen Prozession von Tournai« vgl. J. Dumou-
lin, La grande procession de Tournai.
 
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