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3. Textzeugen: Das Motiv der vier Gewissensarten
überzeugenden, weil differenzierten Urteilen kommen. Trotz des beachtlichen
Umfangs von (bei Migne) immerhin 908 separaten Titeln ist zudem noch weite-
res Material bekannt, das in der handschriftlichen Überlieferung ebenfalls zum
weiten Feld hugonischer Miscellanea gezählt wird.51 Hierzu gehören auch zwei
Sentenzen, die an dieser Stelle kurz vorgestellt werden sollen.
a) Troyes, BM, MS 1174
Im Zusammenhang seiner Forschungen zu den Quellen der Summa Sententia-
nim’2 beschäftigte sich Odon Lottin auch mit einer aus der Kollegiatskirche
St-Etienne in Troyes stammenden und heute in der dortigen Munizipalbiblio-
thek aufbewahrten Handschrift. Diese enthält neben einer ganzen Reihe zweifel-
los authentischer Schriften des Viktoriners auch eine Sammlung von Sentenzen,
deren Urheberschaft - wie eben bereits angedeutet - nicht pauschal zu klären ist.
In dieser Sammlung ist auch die nachfolgende, hier auf Grundlage von Lottins
Ausgabe wiedergegebene Sentenz enthalten:53
„Das eine Gewissen ist gut, aber doch nicht ruhig. Es ist in jenen zu finden, die allein
für sich gut sind, aber, wenn sie von irgendeinem herausgefordert werden, leicht er-
zürnen. Ein anderes Gewissen ist ruhig, aber nicht gut, so wie bei jenen, die Sanftmut
und eine gewisse Ruhe für sich selbst oder ihres Rufes wegen zeigen, aber nicht um
Gottes Willen. Ein anderes ist gut und ruhig; ein anderes weder gut noch ruhig.“54
Auch hier ist klar das Schema der vier Gewissensarten entwickelt, doch fallen
auch Unterschiede klar ins Auge, die darüber hinausgehen, dass einzig zwei
Gewissenszustände exemplifiziert werden. So stellt der oben stehende Text den
51 Vgl. bspw. J. B. Schneyer, Ergänzungen; O. Lottin, Questions inedites de Hugues de Saint-
Victor, P. Sicard, Repertorium Sententiarunr, D. van den Eynde, Le Liber Magistri Hugonis,
oder auch die Übersicht der in Paris, Bibliotheque Mazarine, MS 717 überlieferten Miscellanea
bei R. Baron, Etüde sur l’authenticite, S. 183-9.
52 Vgl. zu diesem Werk Martin Anton Schmidt, Das Sentenzenwerk des Petrus Lombardus und
sein Aufstieg zum Muster- und Textbuch der theologischen Ausbildung, in: C. Andresen /
E. Mühlenberg / A. M. Ritter / M. A. Schmidt / K. Wessel, Die christlichen Lehrentwick-
lungen, S. 592-8.
53 Lottin hatte die Sammlung aus Troyes, BM, MS 1174, mit jener aus Chälons-sur-Marne, BM,
MS 72, kollationiert, in der jene Sentenz mit dem Motiv der vier Gewissensarten aber nicht
enthalten ist.
54 „Conscientia alia bona, sed non tranquilla; hec illorum est qui in se boni sunt sed, si ab aliquo
provocantur, facile irascuntur; alia tranquilla, sed non bona, sicut in illis qui mansuetudinem et
quandam habent tranquillitatem propter se vel famam, sed non propter Deum; alia est bona et
tranquilla; alia nec bona, nec tranquilla.“ Ediert in: O. Lottin, Questions inedites de Hugues de
Saint-Victor[II], S. 52.
3. Textzeugen: Das Motiv der vier Gewissensarten
überzeugenden, weil differenzierten Urteilen kommen. Trotz des beachtlichen
Umfangs von (bei Migne) immerhin 908 separaten Titeln ist zudem noch weite-
res Material bekannt, das in der handschriftlichen Überlieferung ebenfalls zum
weiten Feld hugonischer Miscellanea gezählt wird.51 Hierzu gehören auch zwei
Sentenzen, die an dieser Stelle kurz vorgestellt werden sollen.
a) Troyes, BM, MS 1174
Im Zusammenhang seiner Forschungen zu den Quellen der Summa Sententia-
nim’2 beschäftigte sich Odon Lottin auch mit einer aus der Kollegiatskirche
St-Etienne in Troyes stammenden und heute in der dortigen Munizipalbiblio-
thek aufbewahrten Handschrift. Diese enthält neben einer ganzen Reihe zweifel-
los authentischer Schriften des Viktoriners auch eine Sammlung von Sentenzen,
deren Urheberschaft - wie eben bereits angedeutet - nicht pauschal zu klären ist.
In dieser Sammlung ist auch die nachfolgende, hier auf Grundlage von Lottins
Ausgabe wiedergegebene Sentenz enthalten:53
„Das eine Gewissen ist gut, aber doch nicht ruhig. Es ist in jenen zu finden, die allein
für sich gut sind, aber, wenn sie von irgendeinem herausgefordert werden, leicht er-
zürnen. Ein anderes Gewissen ist ruhig, aber nicht gut, so wie bei jenen, die Sanftmut
und eine gewisse Ruhe für sich selbst oder ihres Rufes wegen zeigen, aber nicht um
Gottes Willen. Ein anderes ist gut und ruhig; ein anderes weder gut noch ruhig.“54
Auch hier ist klar das Schema der vier Gewissensarten entwickelt, doch fallen
auch Unterschiede klar ins Auge, die darüber hinausgehen, dass einzig zwei
Gewissenszustände exemplifiziert werden. So stellt der oben stehende Text den
51 Vgl. bspw. J. B. Schneyer, Ergänzungen; O. Lottin, Questions inedites de Hugues de Saint-
Victor, P. Sicard, Repertorium Sententiarunr, D. van den Eynde, Le Liber Magistri Hugonis,
oder auch die Übersicht der in Paris, Bibliotheque Mazarine, MS 717 überlieferten Miscellanea
bei R. Baron, Etüde sur l’authenticite, S. 183-9.
52 Vgl. zu diesem Werk Martin Anton Schmidt, Das Sentenzenwerk des Petrus Lombardus und
sein Aufstieg zum Muster- und Textbuch der theologischen Ausbildung, in: C. Andresen /
E. Mühlenberg / A. M. Ritter / M. A. Schmidt / K. Wessel, Die christlichen Lehrentwick-
lungen, S. 592-8.
53 Lottin hatte die Sammlung aus Troyes, BM, MS 1174, mit jener aus Chälons-sur-Marne, BM,
MS 72, kollationiert, in der jene Sentenz mit dem Motiv der vier Gewissensarten aber nicht
enthalten ist.
54 „Conscientia alia bona, sed non tranquilla; hec illorum est qui in se boni sunt sed, si ab aliquo
provocantur, facile irascuntur; alia tranquilla, sed non bona, sicut in illis qui mansuetudinem et
quandam habent tranquillitatem propter se vel famam, sed non propter Deum; alia est bona et
tranquilla; alia nec bona, nec tranquilla.“ Ediert in: O. Lottin, Questions inedites de Hugues de
Saint-Victor[II], S. 52.