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5. Edition und Übersetzung
181
I. Es beginnt das Buch vom Gewissen
Das Gewissen des Menschen ist ein Abgrund von unermesslicher Tiefe (Ps 35.7)a.
So wie man diese Tiefe nicht bis zum Grund ausschöpfen kann, so kann man das
Herz des Menschen auch nicht von seinen Gedanken leeren. Es ist ein Meer, riesig
und ohne Grenzen, mit Reptilien ohne Zahl (Ps 103.25). Wie treffend sagt er:
„Reptilien“! So wie nämlich das Reptil im Verborgenen kriecht und sich auf ge-
krümmten Wegen bald hierhin, bald dorthin bewegt, so treten auch in süßer Weise
vergiftete Gedanken in das Gewissen des Menschen ein und wieder aus, so dass
der Mensch nicht weiß, woher sie kommen oder wohin sie gehen. Dies hatte der
erkannt, der sprach: Das Herz des Menschen ist verworfen und unerforschlich.
Und wer, so fährt er fort, wird es erkennen (1er 17.9)? Er sagt nicht „wer“, um die
Schwierigkeit, sondern um die Unmöglichkeit herauszustellen, weil das, was die
Prüfung nicht erfasst, auch der Verstand nicht zu begreifen vermag?
Siehe, jenen großen Apostel - ich spreche von Paulus -, den einzigartigen Er-
forscher seines Gewissens. Mir, so sagt er, ist es unwichtig, ob ich von euch gerich-
tet werde oder überhaupt während dieses Lebens (I Cor 4.3). Siehe, auf welche
Weise er dem menschlichen Gericht entkommen war, dabei keinen Argwohn ge-
gen die hegend, die um ihn sind. Aber ich, so hat er gesagt, richte mich nicht selbst
(I Cor 4.4). Und wo ist, heiliger Apostel, dein von dir selbst gesprochenes Wort:
Wenn wir uns selbst richteten, würden wir durchaus nicht gerichtet (I Cor 11.31),
obwohl du dich selbst nicht richten willst oder es vernachlässigst? Höre warum:
Ich bin mir selbst, sagt er, nicht bewusst (I Cor 4.4). Ein glückliches Gewissen,
a Vgl. Augustinus, Confessiones, lib. X, cap II (2), S. 155.
b Der ganze Abschnitt „Conscientia hominis abyssus [...] recipit nec cognitionem.“ parallel auch
in De interiori domo, cap. XXV (51), Sp. 534 B-C.
48 quis ... illud] qui credit illud Rom.
49 dictum] dicit Ch.
50 quis] quid Mel.
51 illum ... loquor] apostolum Paulum Brü.
52 ait] autem Am, Mel, Rom.
53 inquit] fehlt in Rom.
54 est] fehlt in Brü.
55 sancte] fehlt in Am, Met.
56 verbum] verbum sanctum Av, Met.
57 Si ... iudicaremur] Si nosmetipsos iudicaremus non utique iudicaremur a domino Brü; Si nos
iudicaremus Rom.
58 cum] cur Ch, Mel.
59 vel ... vel] aut ... aut Brü.
60 Audi ... sum.] Nichil michi conscius sum. Audi quare: Rom.
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I. Es beginnt das Buch vom Gewissen
Das Gewissen des Menschen ist ein Abgrund von unermesslicher Tiefe (Ps 35.7)a.
So wie man diese Tiefe nicht bis zum Grund ausschöpfen kann, so kann man das
Herz des Menschen auch nicht von seinen Gedanken leeren. Es ist ein Meer, riesig
und ohne Grenzen, mit Reptilien ohne Zahl (Ps 103.25). Wie treffend sagt er:
„Reptilien“! So wie nämlich das Reptil im Verborgenen kriecht und sich auf ge-
krümmten Wegen bald hierhin, bald dorthin bewegt, so treten auch in süßer Weise
vergiftete Gedanken in das Gewissen des Menschen ein und wieder aus, so dass
der Mensch nicht weiß, woher sie kommen oder wohin sie gehen. Dies hatte der
erkannt, der sprach: Das Herz des Menschen ist verworfen und unerforschlich.
Und wer, so fährt er fort, wird es erkennen (1er 17.9)? Er sagt nicht „wer“, um die
Schwierigkeit, sondern um die Unmöglichkeit herauszustellen, weil das, was die
Prüfung nicht erfasst, auch der Verstand nicht zu begreifen vermag?
Siehe, jenen großen Apostel - ich spreche von Paulus -, den einzigartigen Er-
forscher seines Gewissens. Mir, so sagt er, ist es unwichtig, ob ich von euch gerich-
tet werde oder überhaupt während dieses Lebens (I Cor 4.3). Siehe, auf welche
Weise er dem menschlichen Gericht entkommen war, dabei keinen Argwohn ge-
gen die hegend, die um ihn sind. Aber ich, so hat er gesagt, richte mich nicht selbst
(I Cor 4.4). Und wo ist, heiliger Apostel, dein von dir selbst gesprochenes Wort:
Wenn wir uns selbst richteten, würden wir durchaus nicht gerichtet (I Cor 11.31),
obwohl du dich selbst nicht richten willst oder es vernachlässigst? Höre warum:
Ich bin mir selbst, sagt er, nicht bewusst (I Cor 4.4). Ein glückliches Gewissen,
a Vgl. Augustinus, Confessiones, lib. X, cap II (2), S. 155.
b Der ganze Abschnitt „Conscientia hominis abyssus [...] recipit nec cognitionem.“ parallel auch
in De interiori domo, cap. XXV (51), Sp. 534 B-C.
48 quis ... illud] qui credit illud Rom.
49 dictum] dicit Ch.
50 quis] quid Mel.
51 illum ... loquor] apostolum Paulum Brü.
52 ait] autem Am, Mel, Rom.
53 inquit] fehlt in Rom.
54 est] fehlt in Brü.
55 sancte] fehlt in Am, Met.
56 verbum] verbum sanctum Av, Met.
57 Si ... iudicaremur] Si nosmetipsos iudicaremus non utique iudicaremur a domino Brü; Si nos
iudicaremus Rom.
58 cum] cur Ch, Mel.
59 vel ... vel] aut ... aut Brü.
60 Audi ... sum.] Nichil michi conscius sum. Audi quare: Rom.