Metadaten

Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0315
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
314

6. Rezeptionen und Wirkungen

„Diese beiden zergliedert Bernhard im 2. Kapitel des zitierten Werkes in gut und
ruhig sowie gut und unruhig; schlecht und ruhig sowie schlecht und unruhig. Gut,
sagt er, ist nämlich [das Gewissen], das einer Sünde nicht zustimmt, auch wenn es
Sündhaftes denken sollte. Und wenig später: Ruhig aber nenne ich ein solches Ge-
wissen, bei dem der Geist selbst dem Geist dessen, der ja der Sohn Gottes ist, ein
Zeugnis ablegt. Gut und unruhig nennt er im folgenden Abschnitt [das Gewissen],
dem der bessere Weg und das strengere Leben hart scheint; aber durch den Zügel
der Gottesfurcht hält es sich zurück. Vom schlechten und ruhigen: Dieses ist [das
Gewissen], sagt er im 3. Kapitel, welches weder Gott fürchtet, noch den Menschen
achtet, welches es gleichgültig hinnimmt, wenn es zum Abgrund der Bosheit ge-
langt. Schlecht, aber unruhig nennt er im 4. Kapitel das Gewissen, welches beim
Begehen der Sünde ertappt und ergriffen wird, nämlich durch Zeugen und Gewis-
sensbisse, oder wie er dort sagt: durch die Schläge des eigenen Gewissens.“378
In kurzen Zitaten, die oftmals den Gedankengang des Traktats nur anreißen und
kaum je dessen Inhalt für den Nichtkundigen klar zutage treten lassen, führt der
Jesuit hier die vier Arten des Gewissens zusammen. Die Kürze schien ihm wohl
vor allem deshalb angemessen, weil das Einteilungsschema nur eines neben ande-
ren war, die er in seiner systematischen Darstellung zusammengetragen hatte.
Auf das schlechte und unruhige Gewissen kam Bresser noch ein weiteres Mal
zu sprechen: So verwies er zur Bekräftigung seiner Aussage, wonach auf eine
begangene Sünde nicht notwendig Gewissensbisse folgen würden, darauf, dass
diese Ansicht auch bei ,Bernhard‘ unter Rekurs auf Prv. 23 zu finden sei.379
Bressers Werk enthält noch weitere Bezüge auf De quattuor modis conscien-
tiarum, jedoch handelt es sich hier bereits um jene ergänzten Kapitel, die seit der
von Horstius besorgten Ausgabe des Jahres 1641 nicht mehr mitgedruckt wur-
den: Dank seiner profunden Kenntnis der Quellen konnte Bresser hier sogar

378 In Fortsetzung der vorangegangenen Anmerkung: „Utramque subdividit Bernardus citatus
cap. 2. in bonam tranquillam, et bonam turbatam; malam tranquillam, et malam turbatam.
Bona, inquit, namque est qua: et prseterita peccata punit, et punienda committere refugit: qua:
etsi peccatum sentiat, peccato non consentit. Paulo post: Tranquillam autem dixerim, cum jam
ipse Spiritus testimonium perhibet spiritui ejus, quod filius Dei sit. Bonam turbatam sequenti
capite vocat, cui dura videtur via rectior, et austerior vita; sed retinet se freno timoris Domini.
De mala et tranquilla: Ha:c est, ait cap. 3. qua: nec Deum timet, nec homines revertur: qua: cum
venerit in profundum malorum contemnit. Mala autem, ait cap. 4. conscientia est sed turbata,
qua: in actu peccatorum deprehenditur et comprehenditur, scilicet testimonio et remorsu, seu
ut ibi ait: reverberatione ipsius conscientia:.“ Ebd.
379 „Dico primo: Non necessario ac semper post peccatum sequitur remorsus conscientia:. [...]
Idem aperte tradit Bernardus posteriori libro de Conscientia cap. 2 quando agnoscit conscien-
tiam malam, et nihilominus tranquillam: quam ipse vocat cauteriatam. Quali conscientia labo-
rantes vere de se dicunt Proverb. 23. Verberaverunt me, sed non dolui; traxerunt me, et ego non
sensi.“ Ebd., Üb. II, cap. 19, S. 231 a-b.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften