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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0048
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44 I Eva Schlotheuber

nicht anvertraut werden kann.“29 30 Während es bezüglich der Gabe der Prophetie,
die von Gott gegeben ist, keine Unterscheidung der Geschlechter gibt, so Tho-
mas von Aquin, gibt es sehr wohl einen Unterschied bezüglich der Unterweisung
durch die gelehrte Rede (grafzh sermonis). Die Wissensvermittlung gehörte zur
irdischen Gesellschaftsordnung und war deshalb im konkreten Gebrauch Regle-
mentierungen unterworfen. Thomas* Schlussfolgerung lautet, dass die Frauen,
wenn sie die Gnade der Weisheit und des Wissens haben, diese in der Privatlehre
ausüben können, aber nicht in der öffentlichen Lehre. Diese Unterscheidung er-
laubte den geistlichen Frauen nicht nur prinzipiell die Vermittlung gelehrten
Wissens an die eigene Gemeinschaft, sondern vor allem war damit die Erlaubnis
zum Erwerb gelehrter Bildung an sich eröffnet. Die besonderen Bedingungen
ihres Wissenserwerbs waren den Frauen selbst sehr wohl bewusst: Die Klarissin
Sabina Pirckheimer fasst diese Grundbedingung in einem Brief aus dem Jahr
1526 an ihren Bruder Willibald so zusammen: Die frauen sollen nur lernen mit
still schweigen, als s. Pauls lertD Es entstand dadurch ein nach innen gewandter,
nach außen abgeschirmter und damit in gewisser Weise „verborgener“ Bildungs-
raum, der aber in den ,konventsinternen Quellen*, also in den Schriften, die für
die eigene Gemeinschaft verfasst wurden, erstaunlich präzise zu fassen ist.31
Die „Lehrbefugnis** qua Amt, also die Aufgabe der Vorsteherinnen bzw. der
Amterinhabermnen zur Unterweisung der eigenen Gemeinschaft, können wir
in den Quellen vielfach greifen. Für den eigenen Nachwuchs war sie institutio-
nell im Amt der magistra verankert, als prinzipielle Aufgabe der Vorsteherinnen
wird die „Lehrbefugnis“ aber auch in den Predigten und Kapitelansprachen der
Äbtissinnen an die Gemeinschaft greifbar. Entgegen der weitverbreiteten An-
nahme haben die Äbtissinnen sowie andere Mitglieder des Konvents regelmäßig
für den eigenen Konvent gepredigt. Wir wissen aus den dominikanischen
Schwesternviten, dass diese Predigten zum Teil schriftlich ausgearbeitet wur-
den.32 Erhalten hat sich beispielsweise eine ebenso geistreiche wie humorvolle
Predigt der Caritas Pirckheimer, die zur Adventszeit als Vorbereitung auf das
Weihnachtsfest Christus und die Engel, die Apostel und die heiligen Jung-
29 Ebd.: Secundo, ne animi bominum alliciantur ad hbidinem. Dicitur enim Ecch. IX, Kolloqui-
um illius quasi ignis exardescitd Tertio, quia, ut communiter, mulieres non sunt in sapientia
perfectae, ut eis possit convenienter publica doctrina committi.
30 Sabina Pirckheimer an Willibald Pirckheimer (3. Oktober 1526, Kloster Bergen), in: Helga
Scheible (Hg.), Willibald Pirckheimers Briefwechsel, Bd. 6, München 2004, Nr. 1059,
S. 215-218.
31 Vgl. zu den konventsinternen Quellen und der Unterweisung in der Klosterschule Schlot-
heuber, Gelehrte Bräute Christi (wie Anm. 2).
32 Engelbert Krebs, ,Die Mystik in Adelhausen. Eine vergleichende Studie über die ,Chronik“
der Anna von Munzingen und die thaumatographische Literatur des 13. und 14. Jahrhun-
 
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