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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0064
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60 I Volker Leppin

Auffassung neuerlich in einer Bulle, Quia quorundam vom 10. November 1324,
zu bestätigen36. Nicht zuletzt weil die Sachsenhäuser Appellation auch auf die
Erklärung von Perugia zurückgriff37, verschärfte Johannes XXII. den Umgang
mit dem Orden und lud den Generalminister Michael von Cesena nach Avignon
vor, wo dieser am 1. Dezember 1327 erschien38. Trotz der bedrängenden Situa-
tion war dieser aber nicht bereit, nachzugeben, sondern versicherte auch in einem
öffentlichen Konsistorium am 9. April 1328, quod praefata diffinitio de pauper-
tate Christi et apostolorum eins contenta in dicta littera generalis capituli Perusini
non erat haeretica, sed sana, catholica et fidelis et cum determinatione ecclesiae
catholicae per omnia concordare39. Dem Versuch des Papstes, ihn zu disziplinie-
ren, entzog Michael von Cesena sich wenig später, am 26. Mai, gemeinsam mit
Bonagratia von Bergamo, Franciscus de Marchia und Wilhelm von Ockham
durch Flucht zum Kaiser.
Damit war das folgenreiche Bündnis zwischen den Franziskanern und Lud-
wig dem Bayern geschlossen, welches die Flüchtigen am 18. September durch
eine Appellation unterstrichen40, die Michael in knapperer Form in einer Pre-
digt am 12. Dezember desselben Jahres in Pisa wiederholte41. Hierauf wiederum
reagierte der Papst am 16. November desselben Jahres durch die lange Bulle
Quia vir reprobus'32, mit welcher er versuchte, die Argumente des von ihm schon
im Jahr zuvor entmachteten43 Franziskanergenerals zu widerlegen.
und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit
10), Weimar 1968; zur Debatte insgesamt Martin Kaufhold, Gladius Spiritualis. Das päpst-
liche Interdikt über Deutschland in der Regierungszeit Ludwigs des Bayern (1324-1347),
Heidelberg 1994, S. 28-96; zum Minoritenexkurs ebd. S. 67.
36 Corpus iuris canonici. Extravag. loannis XXII. tit. 12 c. 5 (CIC [wie Anm. 7], Sp. 1230-1236).
37 Miethke, Sozialphilosophie (wie Anm. 2), S. 409.
38 Ebd. S. 413.
39 Anon., Quoniam omnis bumana sententia (MS. Paris BN lat. 5154f. 275r; zit. nach Miethke,
Sozialphilosophie [wie Anm. 2], S. 415 Anm. 266).
40 Stephanus Baluzius, Tutelensis Miscellanea novo ordine digesta et non paucis ineditis [...]
aucta opera ac Studio Joannis Domimci Mansi Lucensis, Bd. 3, Lucca 1762, Sp. 246b-303b.
41 S. Michael von Cesena, Appellatio. Forma minor (Bullarium Franciscanum [wie Anm. 4],
Bd. 5, Sp. 408-425 Anm.); Baluzius, Miscellanea III (wie Anm. 40), Sp. 303b- 310b; als ei-
gentlichen Autor dieser Appellationen wird man wohl mit Wittneben, Bonagratia von Ber-
gamo (wie Anm. 24), S. 354, Bonagratia von Bergamo annehmen müssen. Für die Wahrneh-
mung im zeitgenössischen Diskurs aber war der letztlich Verantwortliche hierfür Michael
von Cesena.
42 Johannes XXII., Quia vir reprobus (Bullarium Franciscanum [wie Anm. 4], Bd. 5, Sp. 408-
449 [Nr. 820]); zur historischen Einordnung als Reaktion auf Michael von Cesena und zu-
gleich Repetition der eigenen, früher formulierten Bullen des Papstes s. Melanie Brunner,
Pope John XXII and the Michaelists. The Scriptural Title of Evangelical Poverty in Quia vir
reprobus, in: Church History and Religious Culture 94, 2014, S. 197-226, S. 199f.
43 Miethke, Sozialphilosophie (wie Anm. 2), S. 424.
 
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