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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0141
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Die Wirtschaftsformen des Zisterzienserordens I 137

lösen, um dann selbst in den Genuss des regelmäßigen Einkommens zu gelan-
gen.55 Schon 1157 erließen die versammelten Äbte das Verbot, das in den Klöstern
hergestellte Leder zu verkaufen. Ebenso war der Weiterverkauf erworbener
Wolle verboten, während die vom Orden selbst hergestellte nicht zu mehr als
einem vorher festgesetzten Preis zu veräußern war?6 Die Statuten von 1181 er-
lauben dagegen eine neue Handelsform, den Verkauf von Wolle Futures, d. h. die
Wette auf den Wollpreis des folgenden Jahres, wobei die Zahlung sofort, die
Lieferung jedoch erst zu einem späteren Termin erfolgt. Besonders für englische
Zisterzen bestand hier eine Möglichkeit, Kredite auf zukünftige Wollerträge zu
erhalten.57 Die Beschränkung des Vorverkaufs auf ein Jahr deutet an, dass schon
zu dieser Zeit noch weiter in die Zukunft gehende Geschäfte gemacht wurden.
Praktiken wie diese, die beim Zusammenbruch des Systems im letzten Viertel
des 13. Jahrhunderts in England und Irland viele Zisterzen in schwere wirt-
schaftliche Krisen stürzten, waren Teil einer wirtschaftlichen Öffnung, die es
einzelnen Klöstern erlaubte, sich auf neue Entwicklungen einzustellen.58 Dazu
gehörten auch die Bestimmungen, die es Anfang des 13. Jahrhunderts den Klös-
tern gestatteten, Zehnten, Kirchen, Dörfer und auch Leibeigene zu besitzen.59
Abschließend lässt sich sagen: Der Erfolg der auf den Generalkapiteln versam-
melten Äbte bestand in ihrer Fähigkeit, auf die Realitäten in den Wirtschafts-
strukturen des Ordens flexibel zu reagieren. Auch dies war eine wichtige Form
von Gestaltungsmacht, die dem Orden auch bei der Auflösung zentraler Struk-
turen im Spätmittelalter eine bewegliche Wirtschaftsführung erlaubten.
Die Struktur des Ordens half bei der Stabilisierung dieses Gefüges. Das Kon-
verseninstitut wie auch die Übernahme der auf die Wirtschaftsverwaltung aus-
gerichteten Klosterämter aus den alten Benediktinerklöstern erlaubte die Be-
nennung von Verantwortlichen und ihre Spezialisierung auf klar definierte
55 Dazu für das Moselgebiet: Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben (wie Anm. 12), Bd. 1/2,
S. 1446-1448; Hans van Werveke, Le mort-gage et son röle economique en Flandre et Lo-
tharingie, in: Revue beige de philologie et d’histoire 8, 1929, S. 53-91, hier S. 64; Berman,
Land Acquisition (wie Anm. 44), S. 251; Barriere, L’abbaye cistercienne d’Obazine (wie
Anm. 32), S. 370 Nr. 599.
56 Statuta, ed. Canivez (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 60-61, Generalkapitel von 1157, Nr. 4; Richard
Donkin, Cistercian Sheep-Farming and Wool Sales in the 13th Century, in: Agricultural
History Review 6, 1958, S. 2-8, hier: S. 3-4.
57 Statuta, ed. Canivez (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 89, Generalkapitel von 1181, Nr. 10; Alfred Dö-
ren, Italienische Wirtschaftsgeschichte, Jena 1934, S. 353; auf den größeren Kontext des ge-
samten englischen Wollhandels weisen hin: Adrian BELL/Chris BROOKS/Paul Dryburgh,
The English Wool Market, Cambridge 2007, S. 145-146.
58 Carville, The Economic Activities of the Cistercian Order in Medieval Ireland (wie
Anm. 42), S. 282.
59 Noell, Cistercian Monks in the Market (wie Anm. 46), S.181.
 
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