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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0142
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138 I Jens Röhrkasten

Elemente der Wirtschaft. So entstanden fachliche Kompetenzen bei der Produk-
tion, der Weiterverarbeitung, dem Vertrieb und der Abrechnung, die eine Mi-
schung aus Stabilität und in Krisensituationen auch die Möglichkeit zur flexib-
len Reaktion boten. Die Funktionsfähigkeit dieses Aufbaus wurde regelmäßig
überprüft. Visitationen der Tochterklöster erstreckten sich auch auf die wirt-
schaftliche Lage des visitierten Klosters und neben der Kontrolle bestand auch
die Möglichkeit der Hilfeleistung in Krisenphasen, wie bereits in der Charta
Caritatis festgelegt worden war.60 Während die Generalkapitel versuchten, Aus-
einandersetzungen zwischen Zisterzen - oft um materielle Ansprüche - zu
schlichten, gab es immer wieder Beispiele der Zusammenarbeit einzelner Häu-
ser in Notzeiten. Diese Solidarität erstreckte sich auch auf die Aufnahme von
Religiösen aus hoch verschuldeten Häusern in benachbarten Klöstern.
Die Kooperation von Ordenshäusern untereinander erstreckte sich auch auf
die Handelstätigkeit der Klöster. Wenn sie auch bestrebt waren, eigenständige
Niederlassungen in den bedeutenden Wirtschaftszentren einzurichten, so grif-
fen sie doch beim Transport ihrer Güter auf das Netzwerk der Grangien anderer
Klöster des Ordens zurück, eine Infrastruktur, die sich mit dem Aufbau des
Landbesitzes der Zisterzienser in vielen Regionen Europas immer weiter ver-
dichtete. Bereits am Ende des 12. Jahrhunderts sah sich das Generalkapitel zu
der Ermahnung veranlasst, die Gastklöster durch derartige Transporte nicht
wirtschaftlich zu belasten.61
Es ist noch auf einen weiteren wichtigen Faktor zu verweisen: Klösterliche
Gestaltungsmacht durch Kontrolle, genauer: Eine Buchführung, wie sie in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vor allem vom englischen Abt Stephan von
Lexington in einigen Klöstern des Ordens bei seinen Visitationen eingeführt
wurde. Dazu gehörte genaue Buchführung über omnia bona des Klosters, wo-
bei auf die Zuverlässigkeit der Informationen zu achten war, die von den jewei-
ligen Offizialen und Konversen eingeholt werden sollten.62 Doch diese Art des
Controlling war lediglich als Grundlage für modern anmutende Verfahren ge-
dacht. Gefordert wurde die Einrichtung eines inoffiziellen, permanenten Gre-
miums in den Klöstern, bestehend aus dem Vorsteher sowie einer kleinen
Gruppe erfahrener Religiösen. Vor dieser Gruppe der mit der Wirtschaftsfüh-
60 Statuta, ed. Canivez (wie Anm. 1), Bd. 1, S. xxix; Gert Melville, The World of Medieval
Monasticism. Its History and Forms of Life, Athens (Ohio) 2016, S. 142.
61 Statuta, ed. Canivez (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 183, Generalkapitel von 1195, Nr. 4.
62 Registrum epistolarum Stephani de Lexington abbatis de Stanlegia et de Savigniaco, ed. Bru-
no Griesser, in: Analecta sacri ordinis Cisterciensis 2, 1946, S. 1-118; 8, 1952, S. 182-378,
S. 24.
 
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