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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0191
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Neue Kommunikationsformen im Bettelordenskonvent I 187

Vergleichbares lässt sich in andereren Chroniken des Ordens feststellen. Tho-
mas von Eccleston und auch Jordanus von Giano schreiben beide im Grunde das
auf, was in den Konventen erzählt wurde, seien es Geschichten von einzelnen
Brüdern, von übereifrigen Kustoden, Novizen, die während der Messe sich des
Lachens nicht erwehren können, Todesvisionen, Erfahrungen mit dem Bauge-
schäft der Brüder in Paris oder Erinnerungen an Erlebnisse der Alten aus der
gemeinsamen Zeit damals in Assisi. Alles was in diesen frühen Provinzchroni-
ken festgehalten wurde, dokumentiert eins zu eins die international vernetzte
Kommunikation im Bettelordenskonvent.17
In den europaweit in allen Städten verteilten Konventen fanden die Mitglieder
der Bettelorden einen räumlich und sozial abgesicherten Ort der Kommunika-
tion. Alles in allem ideale Voraussetzungen für die Wissenszirkulation in der
„internationalen“ Kommunikationsgemeinschaft Bettelorden. Andrew George
Little, Zeitgenosse und Freund von Paul Sabatier formulierte das treffend:
„From the moment the mendicants entered the stage of European history in the
thirteenth Century, they contributed to its making in most remarkable ways.
Bound up with their multiple social functions as itinerant preachers, confessors,
missionaries, legates and in particular as members of a universal order was their
function as storytellers and as professional communicators of the middle ages.“18
3.2. Konzepte: conventus statt claustrum.
Eine begriffsgeschichtliche Analyse (nach Michaud-Quantin)
Im Gegensatz zum claustrum leitet sich der conventus nicht aus der in sich ge-
schlossenen baulichen Struktur des Kreuzgangs ab, sondern von convenire, zu-
sammenkommen, bezeichnet also in erster Linie die Zusammenkunft von Men-
schen bzw. den Ort, an dem die Zusammenkunft stattfindet.19 Seit der Spätantike
wird der Begriff verwendet, bezieht sich auf aktuelle Anlässe, ohne die Existenz
eines permanenten Ortes oder eines dauerhaften Zusammenschlusses der Ver-
sammelten zu implizieren. Michaud-Quantin, der diese begriffsgeschicht-
liche Analyse durchführte, kommt zu dem Ergebnis, dass dem conventus im
juristischen Sinne keinerlei aktive Bedeutung zukommt. Ein conventus zeichnet

17 Annette Kehnel, Francis and the historiographical tradition in the Order, in: Michael Rob-
son (Hg.), The Cambridge Companion to Francis of Assisi, Cambridge 2011, S. 101-114.
18 Andrew G. Little, Unpublished Papers, MS. Engi. hist. c. 973, Materials for the history of
the Franciscans in the 15th cent, fol. 51, Oxford, Bodleian Library.
19 Pierre Michaud-Quantin, Universitas. Expressions du mouvement communautaire dans
le moyen-age latin, Paris 1970.
 
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