194 I Annette Kehnel
genutzt.28 Noch viel mehr irritiert die Existenz von vollständig zum Kreuzgang
hin geöffneten Räumen, die in der Forschung immer Deutungsprobleme evo-
zierten. Man hat sie als Kapellen, Sakristeien oder Ähnliches bezeichnet, doch
Untermann spricht sich für eine Deutung als Bürgerräume aus, da die Bürger
vielerorts die Bettelordenskonvente für Sitzungen, Versammlungen und Gerichts-
verfahren nutzten. Die Nutzung des Klosters durch Außenstehende - das hat Le-
onie Silberer systematisch aufgearbeitet - ist in diversen Quellen belegt.29 Als
Beispiel sei hier der Franziskanerkonvent in Lüneburg genannt, in dessen Räu-
men - Kreuzgang, Kapitelhaus, Refektorium und Friedhof - Rechtssachen der
Stadt verhandelt und Urkunden ausgestellt wurden. Versammlungen des Stadtrats
in Bettelordenskonventen sind überliefert. Die aufständischen Bürger der Stadt
Würzburg nutzten das Refektorium der Franziskaner als Hauptquartier. Auch
Hinweise auf herrschaftliche Empfänge, Quartiernahmen und Feste stellt Silbe-
rer zusammen. Die Krönung Johann von Luxemburgs fand 1311 im Refektorium
der Prager Franziskaner statt. Friedrich der Schöne empfing 1319 im Konvent der
Grazer Franziskaner eine italienische Delegation und in Freiburg (Schweiz) hat
man anlässlich der Unterbringung wichtiger Gäste von König Friedrich III. im
Jahr 1442 sogar kurzerhand eine Öffnung in die Konventsmauern geschlagen um
den Gästen den Weg zu erleichtern. Auch als Orte der Zusammenkunft geist-
licher Gerichtsverfahren, Synoden und Anlässe wurden die Konventsräume ge-
nutzt. Weiter bewirkt die Existenz von Beichthäusern als Orte der Laienseelsorge
direkt im Konvent, etwa im Dominikanerkloster in Lübeck deutlich, dass Ex-
terne regelmäßig Zutritt zum Konvent hatten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die neuesten Erkenntnisse zur
Architektur der Bettelorden die These von der Durchlässigkeit mendikantischer
Kommunikation auch in der baulichen Struktur der Konvente bestätigen. Im
Konvent als Kommunikationsraum im wörtlichen Sinne, also in den aus Steinen,
Ziegeln und Holz gebauten Räumen des Konvents, wird die Durchlässigkeit
zwischen intus und/om fassbar.
4. Kommunikation im mendikantischen Konvent
und der Aufstieg der Universitäten
Zum Schluss zurück zur Ausgangsfrage: Was haben die neuen Kommunikati-
onsformen im Bettelordenskonvent mit dem Aufstieg der Universitäten zu
28 Silberer, Vom Haus am Fluss (wie Anm. 26), S. 308.
29 Leonie Silberer, Klosterbaukunst der konventualen Franziskaner vom 13. Jahrhundert bis
zur Reformation, Petersberg 2016, S. 37-39.
genutzt.28 Noch viel mehr irritiert die Existenz von vollständig zum Kreuzgang
hin geöffneten Räumen, die in der Forschung immer Deutungsprobleme evo-
zierten. Man hat sie als Kapellen, Sakristeien oder Ähnliches bezeichnet, doch
Untermann spricht sich für eine Deutung als Bürgerräume aus, da die Bürger
vielerorts die Bettelordenskonvente für Sitzungen, Versammlungen und Gerichts-
verfahren nutzten. Die Nutzung des Klosters durch Außenstehende - das hat Le-
onie Silberer systematisch aufgearbeitet - ist in diversen Quellen belegt.29 Als
Beispiel sei hier der Franziskanerkonvent in Lüneburg genannt, in dessen Räu-
men - Kreuzgang, Kapitelhaus, Refektorium und Friedhof - Rechtssachen der
Stadt verhandelt und Urkunden ausgestellt wurden. Versammlungen des Stadtrats
in Bettelordenskonventen sind überliefert. Die aufständischen Bürger der Stadt
Würzburg nutzten das Refektorium der Franziskaner als Hauptquartier. Auch
Hinweise auf herrschaftliche Empfänge, Quartiernahmen und Feste stellt Silbe-
rer zusammen. Die Krönung Johann von Luxemburgs fand 1311 im Refektorium
der Prager Franziskaner statt. Friedrich der Schöne empfing 1319 im Konvent der
Grazer Franziskaner eine italienische Delegation und in Freiburg (Schweiz) hat
man anlässlich der Unterbringung wichtiger Gäste von König Friedrich III. im
Jahr 1442 sogar kurzerhand eine Öffnung in die Konventsmauern geschlagen um
den Gästen den Weg zu erleichtern. Auch als Orte der Zusammenkunft geist-
licher Gerichtsverfahren, Synoden und Anlässe wurden die Konventsräume ge-
nutzt. Weiter bewirkt die Existenz von Beichthäusern als Orte der Laienseelsorge
direkt im Konvent, etwa im Dominikanerkloster in Lübeck deutlich, dass Ex-
terne regelmäßig Zutritt zum Konvent hatten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die neuesten Erkenntnisse zur
Architektur der Bettelorden die These von der Durchlässigkeit mendikantischer
Kommunikation auch in der baulichen Struktur der Konvente bestätigen. Im
Konvent als Kommunikationsraum im wörtlichen Sinne, also in den aus Steinen,
Ziegeln und Holz gebauten Räumen des Konvents, wird die Durchlässigkeit
zwischen intus und/om fassbar.
4. Kommunikation im mendikantischen Konvent
und der Aufstieg der Universitäten
Zum Schluss zurück zur Ausgangsfrage: Was haben die neuen Kommunikati-
onsformen im Bettelordenskonvent mit dem Aufstieg der Universitäten zu
28 Silberer, Vom Haus am Fluss (wie Anm. 26), S. 308.
29 Leonie Silberer, Klosterbaukunst der konventualen Franziskaner vom 13. Jahrhundert bis
zur Reformation, Petersberg 2016, S. 37-39.